Richard Thaler

 5 Sterne bei 5 Bewertungen
Autor*in von Misbehaving.

Lebenslauf

Richard Thaler, geboren 1945, ist Professor für Behavioral Science and Economics an der University of Chicago. Er zählt zu den weltweit führenden Experten für Verhaltensökonomik und war u. a. Berater des US-Präsidenten Barack Obama. 2017 erhielt er für seine Forschungen zur Wirtschaftspsychologie den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Richard Thaler

Cover des Buches Misbehaving (ISBN: 9783570554012)

Misbehaving

 (5)
Erschienen am 27.05.2019

Neue Rezensionen zu Richard Thaler

Cover des Buches Misbehaving (ISBN: 9783570554012)
Gwhynwhyfars avatar

Rezension zu "Misbehaving" von Richard Thaler

Verhaltensökonomik nicht immer logisch
Gwhynwhyfarvor 4 Jahren

«Tatsächlich sehen viele Menschen sie (die Wahrheit) nicht ein, wenn man sie ihnen erklärt hat, wie es auch bei Ihnen der Fall ist. Aber die Logik ist zwingend. Für einen Wirtschaftswissenschaftler waren diese Ergebnisse irgendwo zwischen verwirrend und widersinnig angelegt.»


Der Nobelpreisträger Richard Thaler kritisiert hier anschaulich, dass Ökonomen bis heute mit dem unrealistischen Modell des Homo oeconomicus Modellrechnungen betreiben, im Gegensatz sich in der Realität Menschen stets gegen Rationalität und Logik verhalten. Allerdings folgt diese Irrationalität stets bestimmten Mustern. Warum fällt es uns so schwer, Geld fürs Alter zurückzulegen, obwohl dies vernünftig wäre? Warum essen wir bewusst Dinge, die uns schaden? Warum sind unsere Neujahrsvorsätze fast immer zum Scheitern verurteilt? In diesem Buch fasst er die Forschungen der Verhaltensökonomik zusammen, begräbt die Markteffizienzhypothese und zeigt anhand vieler Beispiele aus Beruf und Alltag amüsant und verständlich, warum das Konzept des rational handelnden Homo Oeconomicus ein fataler Irrglaube ist. Sein Ansatz wurde anfänglich belächelt, ist nun aber anerkannt und trug unter anderem dazu bei, Mechanismen auf den Finanzmärkten besser zu verstehen.


Thalers BWL-Studenten beschwerten sich bei ihm, seine Klausuren seien zu schwer. Es waren maximal 100 Punkte zu erreichen und die Durchschnittswerte pendelten sich bei 72 Punkten ein. Zu wenig Punkte waren zu erreichen, so die Kritik – nur Mittelmaß. Er setzte die maximale Punktzahl auf 137 und der Durchschnitt lag jetzt bei 96 Punkten. Die Studenten waren nun voll zufrieden mit ihren Ergebnissen. Ein emotionaler Wert – BWL-Studenten sollten rechnen können, der Durchschnitt blieb mittelmäßig, aber der Mensch ist ein Gefühlstier. 


«Viele verhaltensökonomische Arbeiten haben gezeigt, dass manche vermeintlich irrelevante Faktoren tatsächlich für die Vorhersage von Verhalten höchst relevant sind.»


Jemand vergibt einen Job, zum Beispiel Rasenmähen, zahlt ein Hungergehalt, hält das für angemessen. Gegenfrage: Würden Sie den Job für das Gehalt machen? Ein klares Nein. Jemand kauft Wein, die Flasche für 10 Dollar. Nach ein paar Jahren könnte er den Wein für 100 Dollar die Flasche weiterverkaufen. Er trinkt den Wein aber lieber selbst zu besonderen Anlässen, denn es ist nun ein wertvolles Tröpfchen. Gleichzeitig würde es ihm nie einfallen, für eine Flasche Wein 100 Dollar auszugeben. Menschen bezeichnen Besitztümer als wertvoller, als die Dinge, die sie kaufen könnten. Eigentum verbleibt, auch wenn es unökonomisch ist. Thaler bezeichnet dies als «Endowment Effect» (Besitztumseffekt), der aus der Physik abgeleitet wird, das Phänomen der Trägheit, das «Status-quo-Verzerrung» genannt wird.


«Wir gehen von der Annahme aus, dass jeder Mensch zwei Identitäten hat. Das sind der vorausschauende Planer, der gute Absichten hat und sich um seine Zukunft sorgt, und ein unbekümmerter Macher, der für die Gegenwart lebt. … Die Planerin hat zwei Typen von Werkzeugen, mit denen sie das Verhalten der Macher beeinflussen kann … durch Belohnungen oder Bestrafungen zu beeinflussen … oder sie kann Regeln auferlegen, die Optionen der Macher zu beschränken.»


Thaler berichtet über das bekannte psychologische Phänomen, dass ein Verlust wesentlich mehr zum inneren Ärger beiträgt, als ein Gewinn zum Glück. Ein minimaler Verlust löst intensivere Gefühle aus, als ein größerer Gewinn. Und natürlich bedeutet ein Gewinn von 1000 Dollar dem einen viel, dem anderen fast gar nichts – je nachdem wie viel er davon profitiert – einfacher Arbeiter versus Multimillionär. Hier sind wir dann auch bei den Größenverhältnissen angelangt. An einem gutbesuchten Strand wären Männer bereit für eine Flasche Bier zum Mitnehmen in einem guten Hotel fast das Doppelte zu zahlen, als in einem kleinen Laden, wo sie diesen Preis als Wucher empfinden würden. Kunden würden für einen Radiowecker, der 45 Dollar kostet, der in einem anderen Laden für 35 Dollar zu haben ist, zum nächsten Geschäft fahren, um Geld zu sparen. Allerdings würden sie bei einem Fernseher, der 495 Dollar kostet, nicht die 10 Minuten mit dem Auto fahren, um ihn für 485 Dollar zu erwerben. Die Ersparnis wäre jeweils 10 Dollar. Der Mensch ist ein Schnäppchenjäger, freut sich riesig, wenn er ein anscheinend gutes Geschäft gemacht hat. Da nützt es auch nichts, immer wieder zu erklären, dass oft mit reduzierten Mondpreisen geworben wird, der Verbraucher übers Ohr gehauen wird. Wir sind Gefühlsmenschen. Und so wirkt ein einzelnes Schnäppchen stärker auf die Ausschüttung von Glückshormonen als Dauertiefenpreise. Dauertiefenpreise sind nett – irgendwann gewöhnen wir uns dran. Ein Geschäftsmodell, dass immer wieder 2 für 1 anbietet, lockt letztendlich mehr, als ein Produkt, das dauerhaft zu einem günstigeren Preis angeboten zu werden. 


Kreditkarten, Rentensparmodelle, es gibt eine Menge interessante Beispiele zum irrationalen menschlichen Verhalten zu lesen. Richard Thaler präsentiert uns menschliches Verhalten auf eine verständliche Weise, mit humoristischem Unterton. Ein Sachbuch nicht nur für Ökonomen!


Richard Thaler, geboren 1945, ist Professor für Behavioral Science and Economics an der University of Chicago. Er zählt zu den weltweit führenden Experten für Verhaltensökonomik und war u. a. Berater des US-Präsidenten Barack Obama. 2017 erhielt er für seine Forschungen zur Wirtschaftspsychologie den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften.


http://literaturblog-sabine-ibing.blogspot.com/p/misbehaving-von-richard-thaler-rezension_4.html

Cover des Buches Misbehaving (ISBN: 9783827501202)
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Rezension zu "Misbehaving" von Richard Thaler

Wirklich tolles Sachbuch
melli_2897vor 6 Jahren

Ich habe mich sehr darauf gefreut, dieses Buch zu lesen. Thematisch hat es mich sehr an den damaligen Bestseller Freakonomics (von Steven D. Levitt und Stephen J. Dubner) erinnert, welcher eines der ersten Sachbücher war, die ich jemals gelesen hatte. Bereits damals im Alter von ca. 12 Jahren fand ich die ökonomische Sicht auf psychologische Aspekte des menschlichen Denkens und Handelns faszinierend - und genau diese (fast schon nostalgische) Faszination wurde durch Misbehaving erneut entflammt.

Richard Thaler nimmt den Leser mit seinem lockeren und sympathischen Schreibstil mit auf einen Ausflug in die Verhaltensökonomie und ist dabei alles andere als langweilig. Die dargestellten Inhalte sind jedoch nicht nur unterhaltsam, sondern auch wirklich aufschlussreich - man erhält quasi Einblicke in psychologische Vorgänge, deren Ergebnisse man nur zu gut kennt, sich aber bisher keinen Reim darauf machen konnte, warum der Mensch eigentlich so irrational handelt. Thaler arbeitet seine wissenschaftlichen Inhalte immer anhand alltagsnaher Beispiele auf und sorgt für einige Aha-Effekte beim Leser. Die Kombination aus Fachkompetenz und literarischem Talent findet man leider nicht so häufig wie zu erwarten wäre - bei diesem Buch ist sie jedoch definitiv vorhanden! An mehreren Stellen musste ich an Thinking, fast and slow (von Daniel Kahnemann) denken, ein Buch, das mir vor allem durch die ebengenannten Qualitäten im Kopf geblieben ist und viele Parallelen zu Misbehaving aufweist.

Insgesamt kann ich sagen, dass ich viel Freude mit dem Buch hatte und meine Erwartungen absolut erfüllt wurden. Ich würde es definitiv an alle weiterempfehlen, die sich für das Thema interessieren und dennoch eine unterhaltsame und lockere Lektüre suchen.

Cover des Buches Misbehaving (ISBN: 9783827501202)
thursdaynexts avatar

Rezension zu "Misbehaving" von Richard Thaler

Misbehaving - ungezogene Verhaltensökonomie
thursdaynextvor 6 Jahren

Richard Thaler, Professor für Behavioral Science and Economics an der University of Chicago und einst Berater von US-Präsident Obama erhielt 2017 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften. Interessanterweise war es nie im Sinne Nobels einen Preis für Ökonomen zu stiften, im Gegenteil. Wikipedia schreibt dazu: […“Seine Abneigung gegen die Wirtschaftswissenschaften zeigt sich in einem Brief, den vier Urenkel seines Bruders Ludvig 2001 veröffentlichten. Darin schreibt Alfred Nobel: „Ich habe keine Wirtschafts-Ausbildung und hasse sie von Herzen.“ Entsprechend drängten Nobels Nachfahren die Schwedische Akademie der Wissenschaften, den erst 1968 nachträglich von der schwedischen Nationalbank gestifteten „Preis für Wirtschaftswissenschaften der Schwedischen Reichsbank im Gedenken an Alfred Nobel“ separat von den Nobelpreisen zu behandeln, bis heute ohne Erfolg.“…]

Wem der Begriff Chicagoer Schule etwas sagt, hier darf Entwarnung gegeben werden. Thaler ist weit davon entfernt, tatsächlich legte er sich über Jahre hinweg mit den Gläubigen des Homo oeconomicus an, jene nennt er Econs da sie unter anderem grundsätzlich davon ausgehen, dass der Markt von Menschen betrieben wird, die immer wirtschaftlich rational handeln. Beispielsweise glauben die Jünger der Chicagoer Schule, dass ein absolut freier Markt – den es tatsächlich nicht gibt, gab oder geben kann – bei dem die Wohlhabenden immer wohlhabender werden, sich selbst reguliert und auch den Armen zugute kommt, da vom Reichtum immer wieder Brosamen nach unten durchfallen. Zugegeben sehr flapsig formuliert, im Kern jedoch exakt die vorgebliche Glaubensrichtung vieler Ökonomen und offizielle Lehrmeinung.

Richard Thaler versteht es, ein relativ trockenes Thema amüsant und locker aufzubereiten. Seine Warnung im Vorwort, „dass dieses Buch von einem nachweislich faulen Mann“ geschrieben worden sei, ist dem Leser eher Ansporn. Diesen braucht es jedoch fast nicht, denn Misbehaving (zu deutsch etwa: sich ungezogen benehmen) ist eine aufschlussreiche, informative und verwundernde Lektüre. Verwundernd deshalb, weil eigentlich jedem denkenden Menschen klar sein müsste, dass Homo Sapiens Sapiens eben nicht immer zu rationalem Denken und Handeln fähig ist. Dafür gibt es dank Professor Thaler und seinen Mitstreitern aus der Verhaltenspsychologie die über Jahre hinweg viele interessante und aufschlussreiche Studien und Beispiele, anhand derer sie nichts anderes tun als den renommierten Wirtschaftswissenschaftlern samt ihrer Prämissen elegant ans Bein zu pinkeln, erstellt haben. Solange keine KI (Künstliche Intelligenz) für die Menschheit den Handel übernimmt ist es für die meisten, wenn nicht alle von uns schier unmöglich in Geldfragen rational zu handeln.

Thaler hat sich mit diesen Ergebnissen nicht zufrieden gegeben, er ging weiter mit seiner Forschung und erfand den Begriff des „libertären Paternalismus“ später in Nudge (anstupsen um das „Richtige“ zu tun, umbenannt da dies psychologisch um einiges charmanter klingt.

So ist Misbehaving nicht nur ein vergnügliches Sachbuch zu einem ernsten Thema sondern praktische Lebenshilfe für alle, die sich mit ihrem eigenen Finanzgebaren auseinandersetzen möchten.

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