Cover des Buches Easter Parade (ISBN: 9783421042613)
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Rezension zu Easter Parade von Richard Yates

Scheiternde Leben

von Buecherschmaus vor 9 Jahren

Rezension

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Buecherschmausvor 9 Jahren

"Keine der Grimes-Schwestern sollte im Leben glücklich werden, und rückblickend schien es stets, dass die Probleme mit der Scheidung ihrer Eltern begonnen hatten."
So beginnt Richard Yates seinen 1976 erstmals erschienenen Roman "Easter Parade".
Damit wird bereits die Bilanz gezogen aus diesen beiden Leben, die wir von der Kindheit in den 1920er bis in die Siebziger Jahre begleiten. Und damit reihen sich die Grimes-Schwestern ein in die lange Reihe der Unglücklichen und Scheiternden in Richard Yates Werk.
Seine Protagonisten scheitern niemals im Großen, und das ist vielleicht die besondere Tragik, sondern es sind die kleinen Träume und Lebensentwürfe, die nicht gelingen mögen. Die Enttäuschungen in Beziehungen, oftmals einer Ehe, im Berufsleben, hier sind es oft Schreibende, entweder Journalisten, Autoren oder Menschen aus der Werbebranche, und im Leben allgemein, oftmals auch verbunden mit finanziellen Engpässen zermürben die Menschen, lassen sie abstumpfen und oftmals zu enormen Mengen Alkohol greifen. Meist entstammen sie Familien mit einer ähnlichen Vorgeschichte. Und immer schwebt im Hintergrund das Trugbild des "American Dream". Doch den Menschen mag noch nicht einmal das Leben im Kleinen gelingen. Dabei geben sie sich meist alle Mühe, anfangs zumindest, und versuchen auch noch am Ende wenigstens den äußeren Schein zu wahren.
Es steckt viel Autobiographisches in "Easter Parade". Auch Richard Yates entstammt einer gescheiterten Ehe, seine alleinerziehende Mutter war Alkoholikerin, genauso wie er und seine Schwester. Interessant ist, dass er für seine Geschichte zwei weibliche Protagonistinnen gewählt hat. Dabei gelingt es ihm ausgesprochen gut, sich in deren Psyche hineinzufühlen.
Beide nehmen je einen der klassischen Wege für Frauen - zumindest in der damaligen Zeit. Die eine heiratet früh, bekommt drei Kinder und einen gewalttätigen Mann nebst reichlich heruntergekommenem Landhaus. Die andere bleibt unverheiratet und kinderlos, berufstätig, mit wechselnden Beziehungen in New York lebend.
Zerbricht der familiäre Lebenstraum Sarahs recht früh, typischerweise endgültig nachdem die Kinder erwachsen geworden sind, scheint Emilys unabhängiger Weg zunächst gelungen. Sie findet einen erfüllenden Beruf in der Werbebranche, eine angenehme Wohnung, Liebhaber. Doch in die Jahre gekommen, verliert sie Beruf und Mann, schließlich auch den gesellschaftlichen Umgang und die Selbstachtung.
Neben dem Griff zur Flasche als Mittel, Enttäuschungen zu bewältigen, fällt die enorme Beziehungsunfähigkeit aller Personen auf.
Bereits die Mutter Pookie war völlig selbstsüchtig nur darauf aus, ein Leben mit "Flair" zuführen, ihm hinterherzurennen, die Bedürfnisse ihrer Töchter gar nicht erkennend. Nun
ist es erschütternd, wie beide Schwestern mit der alt und dement gewordenen Mutter umgehen, sie im Altenheim regelrecht vergessen. Aber Emily vernachlässigt auch ihre einzig wirklich beständige Bindung, nämlich die zu ihrer Schwester. Auch daran wird diese schließlich zerbrechen. Doch aus den zahlreichen Affären wächst ebenso wenig eine tragfähige Beziehung wie aus dem Berufsumfeld. Am Ende ist es vielleicht doch die Familie, die Emily einen Rettungsanker bietet.
Richard Yates erzählt von diesen Kämpfen um ein gelungenes und doch letztlich scheiterndes Leben lakonisch, unerbittlich, psychologisch genau und doch mit so viel Empathie, dass sie den Leser noch lange begleiten.
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