Psychopathia sexualis mit besonderer Berücksichtigung der konträren Sexualempfindung - Eine medizinisch-gerichtliche Studie für Ärzte und Juristen.
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von Dr. R. v. Krafft-Ebing, Weil. O. Ö. Prof. für Psychiatrie und Nervenkrankheiten an der K. K. Universität in Wien.
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Sechzehnte und siebzehnte vollständig umgearbeitete Auflage von Dr. Albert Moll, Geheimer Sanitätsrat in Berlin.
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So heißt es auf dem Deckblatt der mir vorliegenden Ausgabe der Psychopathia sexualis aus dem Jahre 1924. Ein Stück Medizin- und Psychiatriegeschichte. Das weitschweifige Werk behandelt Erkrankungen des Geschlechtstriebes - solche, die uns auch unter diesem Label bekannt sind, aber auch solche, die damals so angesehen wurden, heute aber nicht mehr (z.B. Homosexualität).
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In der Psychopathia sexualis werden folgende Themen ausführlich angesprochen:
- Psychologie des Sexuallebens
- Physiologisches und Psychologisches über den Geschlechtstrieb
- Biologisches (Entwicklung und Aufbau der Geschlechtsorgane)
- Psychopathologie des Sexuallebens
- Sexualtrieb außerhalb des normalen Lebensalters
- Anästhesia und Hypästhesia psychosexualis
- sexuelle Hyperästhesie
- Sadismus
- Masochismus
- Fetischismus
- Exhibitionismus
- Homosexualität
- Pädophilie
- Gerontophilie
- Zoophilie
- auffallende Liebesrichtung
- Autosexualismus
- konträr Sexuelles außerhalb des Geschlechtstriebes
- Theorie, Ätiologie, Diagnostik, Therapie, Prognose, Forensik
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Diese zahlreichen Themen erstrecken sich über 832 A4-Seiten und werden mit Bezug auf all ihre Spielarten und Formen in ihrem Entstehen und ihrer Symptomatik anhand von 447 Fallbeispielen aus der Praxis erörtert. Lateinkenntnisse sind bei der Lektüre von Vorteil, da etliche Passagen auf Latein abgefasst sind - wohl um zartbesaitete Gemüter in manchen Fällen zu schonen. Außerdem empfiehlt sich eine Grundkenntnis im Bereich erotischer Literatur, da oftmals auf de Sade und Sacher-Masoch Bezug genommen wird. Wem diese keine Begriff sind, wird sich aber dennoch im Buch zurechtfinden. Das dargestellte Wissen kann man vom heutigen Standpunkt nur als veraltet bezeichnen. Auch ist der wissenschaftliche Anspruch viel weniger ausgeprägt als bei heutiger Fachliteratur. Moll und Krafft-Ebing kratzen oftmals an der Oberfläche, wo man sich tiefergehende Erklärungen gewünscht hätte. Aber bei der Fülle an Themen sehe ich ein, dass man sich manchmal kurz fassen muss. Dennoch ist es immer wieder interessant zu lesen, wie der Stand der Wissenschaft 1924 war und wie damit umgegangen wurde. Ein absoluter nostalgischer Schatz, den man sich auch aus Neugier einmal zu Gemüte führen sollte.
Rezension zu "Psychopathia sexualis" von Richard Frhr. von Krafft-Ebing