Cover des Buches Funkenflieger (ISBN: 9783423260190)
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Rezension zu Funkenflieger von Rita Falk

Humorvolles Abbild der heutigen Gesellschaft liebevoll verpackt

von tinstamp vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Eine berührende Familiengeschichte, direkt aus dem Leben gegriffen. Authentisch, humorvoll und teilweise dramatisch - eine Leseempfehlung

Rezension

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tinstampvor 9 Jahren
Viele kennen die Autorin von ihren humorvollen Regionalkrimis wie "Winterkartoffelknödel", "Dampfnudelblues" oder den im April erscheinenden "Zwetschgendatschikomplott". Dass Rita Falk auch anders kann, hat sie schon mit ihrem Roman "Hannes" bewiesen. Ihr neuester Roman "Funkenflieger" geht wieder in eine andere Richtung und ich würde ihn eher in den Bereich Jugendbuch einordnen. Denn unser Hauptprotagonist ist Marvin, ein 15-jähriger Junge. Allerdings hört er kaum auf diesen Namen, denn er wird von allen nur "Locke" genannt....er meint selbst, dass man sich wohl denken kann, warum ;)
Locke hat es nicht wirklich einfach, denn seinen Erzeuger kennt er nicht...obwohl er ja vermutet, dass es der Heizölmann ist, der auch so ein Muttermal beim Auge hat, wie er. Der Vater seiner beiden älteren Brüder Kevin und Robin war ein Farbiger aus Jamaica und die große Liebe seiner damals erst 16-jährigen Mutter Elvira. Kurz nach dem zweiten Kind hat er sie allerdings verlassen und ist zurück in seine karibische Heimat geflogen. Nachdem die alleinerziehende Elvira auch noch ihren Job verliert, gibt sie sich auf. Jeder der Söhne nutzt diese Situation aus und lebt sein eigenes Leben. Nur Kevin, der Ältere, gibt sich noch am meisten Mühe. Während Elvira den ganzen Tag auf der Couch herumliegt, Richtershows im TV guckt, sich von Milchschnitten ernährt und ihren dreibeinigen Kater Buddy streichelt, versucht er zu ihr durchzudringen. Robin dagegen ist kaum zuhause und hat sich die falschen Freunde gesucht, die ihn bedrohen und auch noch sein letztes Geld abnehmen. Locke geht noch zur Schule. Er und sein bester Freund Friedel, der im Nachbarhaus wohnt und dessen Vater die ganze Familie tyrannisiert, haben einen eigenen Zufluchtsort gefunden. Im "Casino", einem stillgelegten Fabriksgelände, haben sie es sich heimisch eingerichtet und hängen die Nachmittage gemeinsam dort herum.
Als Kevin's türkische Freundin Aicha schwanger wird, fangen die Probleme aber erst richtig an. Beide stehen kurz vor der Matura und Aicha's Eltern sind gegen die Beziehung. Vorallem Aicha's Mutter reagiert sehr hartherzig, fordert eine Abtreibung und will Aicha in die Türkei schicken und dort verheiraten. Aicha haut ab und Locke findet für Aicha DIE Lösung. Er quartiert sie kurzerhand im Casino ein. Dort kümmert sich auch Kevin liebevoll um seine Freundin.
Doch bald schon folgt das nächste Problem, denn Robin wird krankenhausreif geprügelt und kämpft um sein Leben. Da wacht Elvira endlich auf und verbringt ihre Tage statt auf der Couch bei Robin im Krankenhaus. Dort lernt sie die resolute Krankenschwester Annemarie kennen. Die beiden Frauen werden Freundinnen und Annemarie nimmt sich Elvira und ihrer Familie an. Langsam aber sicher bringt sie Bewegung in die vorher kaum vorhandene Familiengemeinschaft. Die Jungs sind anfangs wenig begeistert, doch schon bald werden neue Freunde gefunden und auch Aicha erfährt immer mehr Hilfe von Menschen aus ihrer Umgebung. Aus einem Nebeneinander wird ein gemeinschaftliches Miteinander.

Im Laufe der Geschichte macht auch Elvira eine erfeuliche Entwicklung durch, die nicht überzogen oder unrealistisch wirkt. Überhaupt ist der Roman sehr realitätsbezogen. Er vermittelt jede Menge Themen, wie häusliche Gewalt, Depressionen, Gewalt und Mobbing, Beziehungen zwischen verschiedenen Kulturen und natürlich die viel zu frühe Schwangerschaft. Und trotzdem ist dieses Buch nicht negativ und zieht einem nicht runter. Die lockere Erzählweise in der Ich-Perspektive des 15-jährigen Locke ist sehr humorvoll. Als Leser hat man Einblick in die Welt des Erwachsen werdens und auch der ersten Liebe. Locke ist ein wirklich sympathischer Charakter mit einem großen Herz für Menschen, die ihm wichtig sind.

Cover:
Das Cover passt hervorragend, denn es zeigt eine wichtige Szene aus dem Buch. Mehr will ich hier dazu nicht verraten.

Schreibstil:
Humor zeigt die Autorin auch in ihren Regionalkrimis. Auch hier kommt er nicht zu kurz und lockert die eher negativen Themen wunderbar auf. Die Geschichte ist sehr einfühlsam und authentisch geschrieben. Sie ist direkt aus dem Leben gegriffen. Die Charaktere sind wunderbar beschrieben und machen alle im Laufe der 320 Seiten eine größere oder kleinere Wandlung durch.

Fazit:
Eine berührende Familiengeschichte, direkt aus dem Leben gegriffen. Authentisch, humorvoll und teilweise dramatisch - ein Roman, der die Problematik der heutigen Gesellschaft aufzeigt und Hoffnung gibt. Eine Lesempfehlung!
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