Zur Geschichte von Robert A. Heinleins viel gepriesenen und viel gescholtenen „Meisterwerk“ muss wohl kaum noch etwas gesagt werden. Die Verfilmung von Paul Verhoeven 1997 hat Starship Troopers berühmt gemacht. Film und Buch erzählen allerdings nur in Teilen die gleiche Geschichte. Während der Film als spaßig-ironischer SciFi-Slasher Kultstatus erworben hat, verbleibt der Roman eher in einer kultigen und teils miefigen Nische. Und das nicht ganz zu Unrecht.
Meine erste Begegnung mit Starship Troopers war wie bei den Meisten der Film. Science Fiction Filme sind spärlich gesät und auf gute muss man in der Regel einige Jahre warten. Umso überraschender kam damals die Heinlein Adaption. Verhoeven nimmt das Buch allerdings lediglich als Ideengeber, auch wenn er in einigen Szenen dicht dran bleibt, und das erweist sich im Nachhinein als goldrichtig. Verhoevens dystopische Militärsatire ist ein Abgesang auf militaristisches Heldentum und gleichzeitig ein spaßiger Action-SciFi-Trash, der sich zu keiner Zeit ernst nimmt. Letztlich ist es ein modernisiertes Märchen in der Bildsprache der Star Wars Klassiker: schöne, eindeutig strukturierte Menschen im Sternenkrieg.
Hurra es ist Krieg
Bei Heinleins Roman ist man sich hingegen nie sicher, ob er wirklich eine Dystopie geschrieben hat oder ob er nicht gar an einer Utopie feilte. Es fehlt durchgängig die kritische oder gar humoristische Distanz gegenüber dem militärfaschistischen Sujet. Nun könnte man behaupten, dass Heinlein lediglich konsequent genau dieses Militärregime in all seinen Tiefen beschreibt. Was letztlich die Apologeten auch tun. Nur warum verbleibt es dann auf der völlig einseitigen und affirmativen Beschreibung? Warum gibt es im ganzen Roman keine Kritik an den Verhältnissen. Da der Roman zu einem Großteil nicht aus Actionsequenzen besteht, sondern aus einer Ausformulierung der Moralphilosophie, die in der Weltgesellschaft vorherrschend ist, wäre es ein leichtes gewesen, hier auch konträre Stimmen unterzubringen. Heinlein lässt unterschiedliche Protagonisten zu Wort kommen, Militärausbilder, Eltern, Lehrer. Hätte Heinlein den in weiten Teilen antidemokratischen, militaristischen und in zahlreichen Variationen menschenverachtenden Abschnitten beispielsweise einen Lehrer gegenübergestellt, der das System kritisch betrachtet, hätte der Roman nicht nur an Tiefe und Realismus gewonnen, er hätte auch als kritische, spannende Science Fiction bestehen können. Ohne diese Kritik, verbleibt Heinlein aber tatsächlich bei einer peinlich infantil-adoleszenten Militär- und Kriegsromantik. Das Militär aus den Augen eines Hitlerjungen betrachtet.
Was dem Roman fehlt illustriert eine Szene aus dem Film paradigmatisch. Der junge Protagonist Johnny Rico will sich freiwillig beim Militär verpflichten und geht zum Rekrutierungsbüro. Dort erwartet ihn ein älterer Marinesergeant. Im Film folgt die Begrüßung des Rekrutierers: „Frischfleisch für den Fleischwolf.“ Und nachdem Rico sich für die Kampftruppe entscheiden muss: „Die Mobile Infanterie machte mich zu dem, was ich heute bin.“ Mit diesen Worten umgreift die Metallprothese seines abgetrennten Armes die Hand von Rico, er rollt mit dem Stuhl zurück und zeigt seine beiden amputierten Beinstümpfe. Gemeinsam mit dem zynischen Ausdruck des Rekrutierers ist die Kritik eindeutig. Das Militär ist kein Hort für Helden, sondern eine Schlachtmaschinerie.
Die Szene existiert im Roman ähnlich. Nur gänzlich ohne satirische Anklänge. Auch hier fehlen dem Marinesergeant der rechte Arm sowie beide Beine. Nur stört es ihn irrwitziger Weise nicht. Der Szene im Buch fehlt jegliche Ironie. Es ist eine langgestreckte Episode in der zwar vordergründig die Bewerber abgeschreckt werden sollen, letztlich aber alle Plattitüden über die spezialisierten, bestens ausgebildeten und moralisch begnadeten Soldaten propagiert werden. Wer vorher nicht zum Militär wollte, wird spätestens hier in der „männlichen Ehre“ gepackt.
Kriegspropaganda
Heinlein hat definitiv ein Propagandagemälde über das heroische Militär geschrieben, dem jegliche Kritik abgeht. Dazu trieft der Roman vor einem peinlichen Antikommunismus der McCarthy-Ära. Heinlein zieht selbst die Parallele zwischen den Bugs und einer totalen kommunistischen Gesellschaft. Starship Troopers ist weit davon entfernt gute Science Fiction Literatur zu sein, die häufig die Missstände der Gegenwart in die Zukunft projiziert, um Gesellschaftskritik zu üben. Wollte man Heinlein daran messen, müsste man glauben er habe die liberale Demokratie als das Problem ausgemacht und biete einen faschistischen Militarismus als Lösung an.
Warum der Roman trotzdem als Meilenstein oder gar Meisterwerk gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. Es ist Science-Fiction Militärpropaganda mit Kriegstheologie oder faschistischer Moralphilosophie. Muss man also nicht gelesen haben. Der Film macht in diesem Falle tatsächlich weitaus mehr Spaß.
Und wer sich selber ein Bild machen möchte dem empfehle ich den Roman gebraucht in der Ausgabe des Bastei Lübbe Verlages zu kaufen. Die Neuübersetzung orientiert sich verzweifelt an aktueller Jugendsprache bzw. dem allgemeinen Sprachgebrauch. Das zerstört in vielen Punkten das Feeling einen 60 Jahre alten SciFi Roman zu lesen. So wird zum Beispiel aus einem würdigen „töricht“, das niveaulose „dämlich“. Mehr noch, da wird aus dem militärischen „A-minus-30“ ein „Dreißig Minuten vor dem Absprung“. Der Trend zum Neuübersetzen bringt nicht nur Perlen zum Vorschein.