Rezension zu "Der Weg nach Oxiana" von Robert Byron
Bruce Chatwin bezeichnet Robert Byrons "Der Weg nach Oxiana" als Meisterwerk der Reiseliteratur und hat das Buch selber vier Jahrzehnte auf seinen Reisen mit sich geführt, bis es ganz zerlesen und zerfleddert war.
Und wirklich, "Der Weg nach Oxiana" ist ansprechende Reiseliteratur. Ein Buch, das den Leser in fremde Welten entführt, die von Byron so detailreich beschrieben werden, dass man meint, sie tatsächlich vor sich zu sehen. Am liebsten möchte man das Buch nehmen und auf seinen Spuren und anhand seiner Texte, diese Reise nachvollziehen, wobei das unter den heutigen Umständen wohl unmöglich sein dürfte.
Zugleich beschreibt Byron hier eine Welt und Form des Reisens, die heute so wohl nicht bzw. kaum noch anzutreffen sind. Der Charakter Robert Byron muss ein im wahrsten Sinne "eigenartiger" gewesen sein. Manche Beschreibungen zeugen von großer Beobachtungsgabe und Einfühlsamkeit in Menschen und Situationen, andere habe ich eher negativ empfunden, weil darin rassistische Muster anklingen, z.B. wenn er schreibt "Christopher (sein Reisegefährte) unternahm mit mir eine Runde durch die dritte Klasse. Wären dort Tiere untergebracht gewesen, hätte ein aufrechter Engländer den Tierschutzverein informiert. Aber die Überfahrt ist billig, und da es Juden sind, könnten sie bekanntlich alle mehr bezahlen, wenn sie wollten." Bedenkt man dann noch, dass er das am 4. September 1933 schrieb, stößt das schon unangenehm auf. Zum Glück gibt es nicht allzu viele Äußerungen dieser Art und wenn, sind sie auch nicht ausschließlich auf Juden beschränkt. Insgesamt scheint mir Byron von der inneren Einstellung her noch mit der typischen Haltung eines weißen Europäers mit entsprechenden arroganten Attitüden unterwegs gewesen zu sein, was damals wohl nicht unüblich war.
Insgesamt jedoch sind die Personen die im Buch auftauchen eher Statisten, die entweder nur kurz und sachlich erwähnt werden oder über die er sich lustig macht, indem er z.B. absurde Dialoge mit ihnen zitiert. Viel wichtiger sind für ihn die bereisten Länder selbst und dort im besonderen die Architektur, Geschichte und Kunst. Für den Anblick bedeutender Gebäude oder dem, was davon übrig ist, brennt sein Herz, dafür nimmt er Strapazen auf sich und die beschreibt er glänzend.
"Der Weg nach Oxiana" von Robert Byron ist in der Anderen Bibliothek erschienen und wurde mit einer Reihe von eingehefteten Landkarten sowie alten Fotos beschriebener Bauwerke ausgestattet. Wer etwas für das Reisen und Reiseberichte übrig hat, der kann getrost zugreifen.
Eines ist jedenfalls sicher: es ist ein Buch, das man nicht nur einmal lesen kann, im Gegenteil es ist ein Buch, das immer wieder zur Hand genommen werden will um in Teilen oder ganz erneut gelesen zu werden. Anders kann man die vielen Informationen nur schwerlich erfassen und verarbeiten.