Rezension zu "Sex in Berlin" von Robert Cias
Schmetterlingsflüge
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„Gibt es die große Liebe? Gibt es die eine Liebe? Was macht diesen Rausch aus, der uns ergreift, wenn die innere Chemie - wie Goethe beschreibt - völlig verrücktspielt?“ So beginnt das schmale Büchlein von Robert Cias mit dem bezeichnenden Namen „Sex in Berlin“. Nur irgendwie scheinen Titel und Start up nicht zusammenzupassen. Denn um die große Liebe, Romanze, Glückseligkeit oder gar Herzschmerz geht es in dem Debüt des 1971 geborenen und seit zwanzig Jahren in Berlin lebenden Juristen wahrlich nicht. Er spricht ihr zwar nicht völlig ihre Existenz ab, aber „und jetzt wird es vielleicht etwas unromantisch: Es gibt sie immer wieder. Jedes Mal von Neuem kommt die große Liebe und ist unvergleichlich und einmalig. Zumindest für den Moment.“
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Und genau über diese Momente, die Rückblicke daran, über eines der schönsten und größten Geheimnisse von Männern und Frauen: ihre gegenseitige sexuelle Anziehungskraft, schreibt der Autor aus seiner Sicht. Cias gewährt den LeserInnen Einblick in die innerste Gedankenwelt eines Mannes. Dies tut er mit schonungsloser Offenheit, die das ein oder andere Mal ziemlich nah am Pornographischen vorbeischrammt. „Wahrheit ist nicht immer schön, meist ist sie sogar abscheulich. Oft wird sie daher willentlich erträglicher gestaltet, da man sie sonst nicht zu verkraften vermag.“ Cias beschönigt nichts. Er ist der Meinung, dass die moderne Frau ein Recht auf Wahrheit hat. Durch eine gehörige Portion Ironie und kluge Selbstbetrachtungen bekommt er stets „die Kurve“ und umschifft gekonnt die Klippen des Trivialen, Niveau- oder Pietätlosen.
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Und dass es für Robert Cias erregend und inspirierend war, in aller Offenheit „frei über alle Seiten des Lebens und körperliche Öffnungen und Triebe schreiben zu können und diese nicht immer in romanesk verharmlosende Bildchen zu gießen oder vielleicht ganz auf Beschreibungen zu verzichten“, spürt man in seinen dreizehn kurzen Erzählungen deutlich. Egal, ob er seine Englisch-Kommilitonin Juliane verführt, mit Katharina - einer entfernten Kollegin aus der Ministerialverwaltung - Sex auf einer Sonnenbank zelebriert oder gar die „Künste“ einer Prostituierten in Anspruch nimmt, da sie Tifany - der auf einer Dienstreise nach Brüssel eroberten Ein-Tages-Liaison - ähnlich sieht, immer ist es gleich und doch so vielfältig und verschieden.
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Jeanette, Sabrina, Anne, Antje, Thekla und Danni, Michelle oder Lisa... „Auf meine Art waren sie alle meine Frauen und füllen allein ein Kapitel in meinem Lebensbuch.“, bemerkt Cias. Um mit den Worten zu schließen: „Sex in Berlin, dafür lebe ich, wie viele andere Männer auch. Und wir wissen nur zu genau, dass es sehr viele von euch Frauen gibt, die uns deshalb nie böse sein werden und uns auf ewig lieben!“ Recht hat er.
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Fazit:
„Das Klavier des Lebens gibt oft neue Tasten frei und man staunt später, welche Töne diese erzeugen. Ich wusste es vorher jedenfalls nicht.“, stellt Robert Cias fest. Schonungslos offen schreibt er von erotischen Abenteuern. „Sex in Berlin“ ist ein leicht zu lesendes, unterhaltsames, humorvolles, erotisches Buch über die schönste „Nebensache“ der Welt, das ständig reizvolle Spiel zwischen Mann und Frau und letztendlich die Liebe. Die Definition selbiger - ob hoffnungslose Romantik, eiskalte Berechnung, enthemmte Leidenschaft oder abgrundtiefe Hingabe - muss jeder für sich selbst finden. Das Buch jedenfalls ist Robert Cias‘ ganz eigene Bekenntnis und Wahrnehmung.