Rezension zu "Die täglichen Gesetze des Erfolgs" von Robert Greene
Und damit ist sie nicht allein. Die Welt ist reich an Manipulatoren jeglicher Art. Und wenn wir Pech haben, sind schon unsere Eltern dabei. Sie versuchen uns zu erziehen und vermitteln uns dabei selbstverständlich ihre Weltsicht. Wenn sie dabei falsche, also mit der Realität nicht zu vereinbarende Vorstellungen besitzen, bekommen wir sie eventuell ebenso eingeimpft. So entstehen Glaubensätze, die vielleicht ein Leben lang halten und nie hinterfragt werden.
In unseren Kinderjahren erzählt man uns Märchen, in denen immer das Gute siegt. In der Schule werden wir zur Rettung des Planeten, zu Solidarität und sozialer Gerechtigkeit aufgerufen. Es gibt das Gute und das Böse. Alles ist einfach und scheinbar verständlich. Aber irgendwann tritt man ins Erwachsenenleben und merkt, dass die Welt viel komplizierter und undurchsichtiger ist. Es gelten irgendwelche Regeln, die wir nie gelernt haben und an denen viele Menschen scheitern, weil sie sie nicht begreifen wollen oder können.
Obendrein wissen wir oft nicht, wer wir wirklich sind und was wir eigentlich wollen. In uns stecken Erwartungen und Forderungen anderer, die wir erfüllen wollen, weil wir schließlich gerne geliebt und anerkannt werden. Kurzum: Es entfaltet sich ein ziemliches Durcheinander, das oft undurchschaubar wirkt.
Robert Greene hat das alles selbst erlebt. Er hat sich jahrelang in der Welt und in vielen Berufen herumgetrieben ohne dabei wirklich glücklich zu werden. Allerdings gehört er zur Sorte der Menschen, die abstrakt denken können und in sich wiederholenden Erfahrungen Gesetze entdecken, nach denen die Welt wirklich funktioniert. Nur wir lernen sie in unseren Lehrjahren eben nicht. Schlimmer noch – sie stehen in klarem Widerspruch zu all den Märchen, die man uns als Kinder erzählt hatte. Unsere Vorstellung von der Welt ist falsch, und diese falsche Vorstellung verhindert auch noch, dass wir die Welt so sehen, wie sie nun mal ist. Ist unser Gehirn erst einmal auf der falschen Spur, dann sorgen Filter, ohne die wir nicht überleben könnten, dafür, dass wir oft nur noch sehen, was unser falsches Weltbild verstärkt.
Sein erstes Buch nannte Greene "Die 48 Gesetze der Macht". Für viele Menschen ist das eine Zumutung. Sie lehnen das Buch ab, weil es nicht mit ihrer Moral oder dem, was sie dafür halten, in Übereinstimmung zu bringen ist. Im stillen Kämmerlein, so nur für sich, würden sie vielleicht anerkennen, dass Machtmenschen genau so handeln, wie Greene das beschreibt. Und nicht nur Machtmenschen. Fast jeder, bis auf ein paar unerschrockene Naivlinge, folgt oft völlig unbewusst den Gesetzen, die Greene aufgeschrieben hat. Denn im Leben geht es immer um den Platz in der vorgegebenen Hierarchie. In der Familie, in der Arbeitswelt, selbst in Vereinen oder irgendwelchen Gruppen. Und besonders dort, wo man edle Ziele vorgibt.
In Greenes neustem Werk sortiert er seine Gesetze nun anders. Inzwischen sind es auch einige mehr geworden, und nicht immer geht es nur um Macht. Im Untertitel heißt es: 366 Gedanken über Macht, Verführung, Strategie, Meisterschaft und die menschliche Natur. Das bringt den Inhalt gut auf den Punkt. Ich möchte das nicht näher ausführen, sondern zitiere nachfolgend einfach die Themen jedes Monats, die dann an den einzelnen Tagen in einem "Gesetz" besprochen werden.
1. Ihre Lebensaufgabe: Den Samen für die Meisterschaft legen
2. Die ideale Lehrzeit: Sich selbst transformieren
3. Der Meister bei der Arbeit: Der Erwerb von Fertigkeiten und das Erreichen der Meisterschaft
4. Der perfekte Höfling: Das Spiel der Macht
5. Die vorgeblichen Spielverweigerer im Machtspiel: Toxische Typen und verborgene Machtstrategien erkennen
6. Die göttliche Fertigkeit: Die Kunst der Indirektheit und Manipulation beherrschen
7. Verführerische Charaktere: In Herz und Verstand eindringen
8. Meister der Überzeugung: Den Widerstand anderer aufweichen
9. Der große Stratege: Auswege aus der taktischen Hölle
10. Das emotionale Ich: Sich mit der eigenen dunklen Seite abfinden
11. Der rationale Mensch: erkennen Sie Ihr höheres Ich
12. Das kosmische Erhabene: Erweitern Sie Ihren Geist bis an die fernsten Grenzen
Wenn man all die täglichen Gesetze hintereinander an mehreren Tagen liest, wie ich das getan habe, dann erweist sich das Buch als sehr anstrengend, weil man so viel nachzudenken und zu verarbeiten hat, dass einem der Kopf schwillt. So ist das Buch jedoch nicht gedacht. Man soll sich die Zeit nehmen und nur seine jeweilige Tagesaufgabe behandeln.
Und natürlich wiederholt sich auch so einiges. Vieles ergänzt sich und passt wunderbar zusammen. Mancher Zeitgenosse wird natürlich die Nase bei den oben aufgeführten monatlichen Themen rümpfen. Das ist wie so vieles in dieser Welt scheinheilig. Wir haben schon als Kinder versucht, unsere Eltern zu manipulieren. Selbst Haustiere machen das mit uns. Und Machtfragen stehen wir jeden Tag gegenüber. Wir scheuen uns nur davor, die Dinge beim Namen zu nennen, weil sie nicht zu den falschen Vorstellungen passen, die unser Denken dominieren.
Wer also die Strukturen im menschlichen Verhalten besser verstehen und für sich nutzen möchte, der wird in diesem Buch zahlreiche, methodisch gut aufgearbeitete Hinweise finden. Vieles ist dabei recht abstrakt. Aber anders geht es nun mal nicht. Wer Gesetze formuliert, muss sie allgemein halten, denn schließlich sollen sie ja in den verschiedensten Ausprägungen der Wirklichkeit Bestand haben.
Für selbsternannte Moralisten und Realitätsverweigerer ist das ein toxisches Buch. Für die anderen sollte es dagegen lehrreich sein.