Cover des Buches Die Stunde der Entführer (ISBN: 9783442314287)
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Rezension zu Die Stunde der Entführer von Robert Wilson

Die Stunde der Entführer - Robert Wilson

von DunklesSchaf vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Durchschnittlich - Ein komplexes Szenario mit vielen Parteien, aber keinen anderen Perspektiven. Wirkt irgendwie unrund. Schade.

Rezension

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DunklesSchafvor 7 Jahren

Immer wieder stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, in der Mitte einer Serie einzusteigen oder eben beim Anfang zu beginnen. Ich habe schon verschiedene Erfahrungen gemacht. Manchmal klappt es gut, wenn man mittendrin einsteigt, manchmal weniger gut. Und ich hatte sogar schon ein oder zwei, bei denen es gar nicht geklappt hat. Nichtsdestotrotz muss man es manchmal probieren, denn seien wir mal ehrlich, man kann nicht jeder Serie von Anfang an folgen oder wenn man sie eben erst spät entdeckt, noch alle vorigen Teile aufholen. Hier habe ich mir nun also den dritten Teil um Charles Boxer geschnappt, einen Spezialisten für Entführungsfälle, der sich auch nicht scheut, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Der Einstieg bei Teil drei war kein Problem, doch zufrieden bin ich dennoch nicht.

In London werden innerhalb von wenigen Stunden die Kinder von 6 Milliardären entführt. Die Altersspanne der Entführungsopfer geht vom Kind bis zum jungen Erwachsenen und zieht sich durch mehrere Nationalitäten: mit dabei sind die USA, Russland, China und Indien. Die Eltern sind nicht nur sehr reich, sondern durch ihre Geschäfte zumeist auch in der Politik verbandelt, was die Sache äußerst kompliziert macht. Die Ermittlung führt Mercy Danquah, Charles Boxers Ex-Freundin. Doch nicht nur diese Verbindung zieht Boxer in den Entführungsfall, sondern auch eine neue Klientin. Siobhan sucht ihren Vater Conrad Jensen, der vor einigen Tagen spurlos verschwunden ist. Der Anwalt der Familie hat Siobhan zu Boxer geschickt, um zur Not auch von Boxer speziellen Fähigkeiten Gebrauch zu machen. Boxer ist nahe dran, den Fall abzulehnen, gibt sich aber doch geschlagen. Auch Amy, seine Tochter, die mittlerweile bei seiner Organisation LOST mithilft, um lange zurückliegende Verschwundene wieder aufzuspüren, wird mit in die Ermittlung gezogen. Doch auch wenn es anfänglich nach zwei verschiedenen Ermittlungen aussieht, gibt es eine Verbindung.

Die Entführung reicher und so unterschiedlicher Kinder zieht ganz verschiedene Organisationen an. Die Ermittlung liegt vielleicht bei der Londoner Polizei, doch im Hintergrund mischen die verschiedensten Geheimdienste fröhlich die Karten, ohne sich dabei hineinsehen zu lassen. Die Milliardäre sind nun auch nicht die einfachsten Menschen, so dass jeder einen eigenen Unterhändler hat und das Chaos perfekt ist. Die Entführer allerdings, sind durchaus gut strukturiert und überlegt. Das zeigen nicht nur die sechs kurz nacheinander ausgeführten Entführungen, sondern auch die Verhandlungen. Es wird kein Lösegeld verlangt, sondern eine Aufwandsentschädigung für den Aufenthalt der Geiseln und es wird auch nicht einzeln verhandelt – ein Unterhändler wird bestimmt.
Man mag es kaum glauben, aber den Entführern geht es tatsächlich nicht um Geld, es werden politische Forderungen gestellt – aber genau da ist der Haken: die genaue Motivation kommt erst ganz zum Schluss heraus und ist dann auch nicht mehr wichtig, denn es ist ja schon vorbei.

Die Hauptfiguren – Boxer, Mercy und Amy – fand ich alle ganz gut, wenn auch mit Klischees nicht gegeizt wird. Charles Boxer vertritt dabei den stereotypischen Helden: für Recht und Gerechtigkeit verkloppt er auch gerne mal die Bösen und findet letztendlich die Entführten quasi im Alleingang. Und natürlich sieht er rot, wenn es um die Familie geht. Bei den Nebenfiguren sticht vor allem Siobhan als etwas andere Femme Fatale heraus. Schade ist, dass die Entführten oder gar die Entführer nicht zu Wort kommen, hier hätte man dann zwar noch ein, zwei weitere Ebene eröffnet, aber eben andere Perspektiven eröffnet. Dies hätte für Abwechslung gesorgt und man hätte auch die Motivation der Entführer besser verstanden. Doch sowohl Entführte als auch Entführer sind quasi nur schmückendes Beiwerk. Insgesamt hätten andere Perspektiven spannende Einblicke eröffnen können, z. B. auch bei einem der Geheimagenten stelle ich mir das interessant vor.

Ein komplexes Szenario, viele Mitspieler und Parteien, viele Heimlichkeiten und doch irgendwie unrund. Es passiert so viel und doch irgendwie nicht. Der Fokus liegt auf Charles Boxer, ab und an auch bei Mercy. Beide haben zusätzlich noch mit privaten Problemen kämpfen müssen. Die Geschichte nimmt kurz Fahrt auf, aber tuckert dann irgendwie vor sich hin, so bis zur Hälfte, bis sie dann endlich in Schwung kommt. Das Ende wird relativ kurz abgehandelt, die Beweggründe der Entführer zwar dargestellt, doch warum Boxer nun mit im Spiel sein musste ist für mich unzureichend erklärt worden. Aber vielleicht passt das ganz gut, denn irgendwie, auch wenn der Fall an sich geschlossen ist, gibt es einen hintergründigen Handlungsstrang, der weitergeht. Allerdings ohne mich – das Buch konnte mich jetzt nicht so überzeugen, dass ich mir den nächsten Teil holen würde.

Fazit:
Durchschnittlich – der Fall nimmt ab der Mitte Fahrt auf, doch irgendwie ist das Ganze unrund. Ein komplexes Szenario mit vielen Parteien, aber keinen anderen Perspektiven. Schade.

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