Worum es in Das Hotel im Tal geht? Tja – so richtig deutlich wird das selbst im Klappentext nicht. Und genau darin liegt vielleicht schon der erste Reiz dieses Buches.
Jürgen Waldmer, ein ganz gewöhnlicher Mann, begibt sich auf eine Reise in ein abgelegenes Hotel in einem abgelegenen Tal. Schon die Anfahrt ist seltsam: Er ist der einzige Fahrgast im Zug, der Zug bleibt kurz vor dem Ziel liegen, und Waldmer muss sich schließlich zu Fuß auf den Weg machen.
Und es bleibt merkwürdig.
Im Hotel begegnet er Peter – Rezeptionist, Kellner und Barkeeper in Personalunion – und der ist... nun ja, eigen. So eigen, dass man sich unwillkürlich fragt: Was ist hier eigentlich los?
Spätestens nach den ersten Seiten stellt sich eine zentrale Frage: Wo ist das L? Und diese Frage bleibt. Was es damit auf sich hat? Wer das wissen will, muss selbst ins Tal reisen – sprich: lesen.
Mit jeder Seite begegnen uns mehr skurrile Figuren, mehr Unstimmigkeiten, mehr Fragen. Das Tal selbst scheint aus Raum und Zeit gefallen zu sein – und trotzdem oder gerade deshalb kann man sich ihm kaum entziehen.
Robin Bade entfaltet hier eine ganz eigene Art von Spannung. Keine klassische Thriller-Dramatik, sondern ein stetiges, leises Anziehen einer Atmosphäre, die zugleich befremdlich und faszinierend ist. Man will weiterblättern, unbedingt – nicht um einer actiongeladenen Auflösung willen, sondern weil das Buch ein Sog ist.
Der Handlungsspielraum ist überschaubar: ein kleines Hotel, ein Tal mit See und Kapelle, vier Personen – und eine fünfte, die gegen Ende in Erscheinung tritt, jedoch von Anfang an über dem Geschehen zu schweben scheint.
Und das Ende? Merkwürdig, ja. Aber auch stimmig. Irgendwie. Es ist kein Ende mit Paukenschlag, eher ein Kreislauf, ein Zurückkehren – vielleicht ein Reset. Vielleicht auch nicht. Genau das macht den Reiz aus.
Robin Bade hat mit Das Hotel im Tal ein Buch geschaffen, das sich hervorragend zum Vorlesen eignet – und das ist kein Zufall. Wie er selbst sagt: „Ich wollte ein Buch schreiben, aus dem ich vorlesen kann.“ Und das merkt man. Die Sprache ist klar, einladend und bildhaft, das Tempo ruhig, aber nie langweilig.
Wer an einem verregneten Abend eine andere Realität betreten will – eine, die seltsam fremd und doch irgendwie vertraut wirkt – wird hier fündig. Das Hotel im Tal ist ein Experiment, eine stille Expedition ins Unwirkliche. Und wer bereit ist, sich auf die Merkwürdigkeiten einzulassen, wird reich belohnt