Rezension zu "Lies We Tell Ourselves (Harlequin Teen)" von Robin Talley
Es ist unglaublich, wenn man sich vor Augen führt, dass die geschichtlichen Geschehnisse dieses Buches gerade einmal gut 60 Jahre her sind: Nachdem die Gerichte die "Rassentrennung" der schwarzen und weißen SchülerInnen auch in den Südstaaten der USA aufgehoben haben, soll im Jahr 1959 erstmalig eine Gruppe ausgewählter schwarze SchülerInnen eine weiße High School besuchen. Dort erleben sie täglich rassistisches Mobbing und Schikane bis hin zur Körperverletzung - ja, das tut weh beim Lesen. Und gerade vor diesem Hintergrund voller Vorurteile und Hass entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte, in der die weiße Linda und die schwarze Sarah ihre Gefühle füreinander entdecken. Gefühle, die aus so vielen Gründen nicht sein dürfen, dass man fast den Eindruck bekommt, die Autorin will zuviel auf einmal: Wir haben zwei junge Frauen, die ihre vorbestimmte Zukunft als Hausfrau und Mutter in Frage stellen, zwei junge Frauen, die gleichgeschlechtliche Gefühle entwickeln, für die sie noch keinen Namen kennen und die dem mächtigen Dogma der Kirche widersprechen - und dazu kommt, dass sich diese beiden jungen Frauen durch ihre unterschiedlichen Hautfarben auf zwei unterschiedlichen Seiten des gesellschaftlichen Kampfes befinden.
Immer wieder wollte ich beim Lesen über all die Ungerechtigkeiten laut aufschreien, denn dank des lebendigen Schreibstils konnte ich mich wirklich gut in die beiden Protagonistinnen hineinversetzen. Es fühlte sich für mich wie eine Zeitreise an, bei der man sowohl den offenen Rassismus der Zeit als auch die Charakterentwicklung der beiden Mädchen hautnah miterleben kann. Stark, gefühlvoll - und mit einer erstaunlich positiven und optimistischen Botschaft! Bei mir hat das Buch noch einige Zeit nachgewirkt.
Klare Leseempfehlung, um mit ersten Liebe zweier junger Frauen zueinander einige gesellschaftlichen Entwicklungen der 60 Jahre zu reflektieren.