Cover des Buches Pampa Blues (ISBN: 9783423625647)
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Rezension zu Pampa Blues von Rolf Lappert

Wenn man in Wingroden wohnt, ...

von loveisfriendship vor 10 Jahren

Rezension

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loveisfriendshipvor 10 Jahren
Wenn man in Wingroden wohnt, ...

... dann reicht es jemandem, der sich hierher verirrt, zu erklären, dass sich aus den Buchstaben dieses Örtchens ein wohl äußerst passendes Anagramm bilden lässt, nämlich: Nirgendwo.
Dann wäre eigentlich alles gesagt.
Denn in Wingroden passiert einfach nichts. Jedenfalls nichts Erfreuliches...
So sieht es der 16-jährige Ben, der ziemlich gefrustet ist von seinem Dasein in diesem Kaff.
Doch dann überschlagen sich die Dinge - Ben erlebt seine erste Liebe und wird im Laufe des Sommers immer erwachsener.

Rolf Lappert lässt seinen unkonventionellen Helden Ben in einem herrlich lakonischen und auf dem Boden der Tatsachen gebliebenen Ton von seinen Eindrücken, Erlebnissen, Einsichten, Erfahrungen, Sehnsüchten und seinem Leben und Leiden in Wingroden mit dessen verschlafenen Einwohnern und deren schrulligen Macken und Einfällen erzählen.
Pampa Blues ist sehr originell, sympathisch und Rolf Lappert beweist großen Einfallsreichtum. Einige Ideen sind jedoch sehr skurril, wirken aber nie übertrieben oder gar an den Haaren herbeigezogen.

Der Autor konzentriert sich sehr auf die Hauptfigur, weshalb man Bens Beweggründe, Gefühle und Gedanken gut verstehen und nachvollziehen kann.
Die meisten Nebencharaktere bleiben dagegen relativ farblos, kommen zwar hin und wieder vor, aber nach einer geraumen Zeit habe ich es immer noch nicht geschafft, die Namen mit den einzelnen Figuren zu verbinden.

Pampa Blues liest sich leicht, da es mit ein klein wenig Tiefe und Tragik überwiegend komisch und amüsant ist und ich so vor allen Dingen meinen Spaß an diesem Roman hatte. Es wird aber nichts ins Lächerliche gezogen, was mir sehr positiv aufgefallen ist.

Auch die Milieustudien sind eher locker gehalten, dafür aber treffend auf den Punkt gebracht.
Das Buch schlägt, wie gesagt, auch ernste Töne an, doch die meisten dieser Probleme sind sehr typisch und schon ziemlich "ausgelutscht". Jedoch finde ich die Erwähnung des Schreckens des Tschetschenienkriegs und dessen Folgen für einen einfachen Soldaten sehr gut.
Pampa Blues ist somit auch ein Buch, das mich nachdenklich stimmt.

Fazit: Ein Mauerblümchen erzählt mit einer trockenen Aufrichtigkeit von seinem Leben in der Pampa. Erfrischend, zu Herzen gehend und mit einer gewissen Tragik: Das ist für mich Pampa Blues.

"Ich lege das Skizzenheft weg. Die Sonne ist gewandert. Sie steht jetzt genau vor uns, drei Handbreit über dem leeren Feld. Karl macht noch immer seine Schnipsel. Er erinnert sich nicht daran, einen Sohn namens Paul gehabt zu haben, der vor acht Jahren in Afrika ums Leben gekommen ist. Manchmal beneide ich ihn fast darum, dass er vergessen kann."
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