Rezension zu "Liebes Kind" von Romy Hausmann
„Liebes Kind“ von Romy Hausmann lag nun schon eine ganze Weile auf dem SuB. Und nachdem mir „True Crime“ so gut gefallen hat und damit ich endlich die Serie schauen kann, war es höchste Zeit, es zu befreien. Ich habe mich dabei für das Hörbuch entschieden, das überragend gelesen wird von Heikko Deutschmann, Leonie Landa und Ulrike C. Tscharre.
Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber „Liebes Kind“ ist ein überraschend anderer Thriller. Denn zwar geht es natürlich um die Aufklärung eines Falls, allerdings dröselt Romy Hausmann die Geschichte sozusagen von hinten nach vorne auf, was mir ziemlich gut gefallen hat. So wissen wir zwar von Anfang an, was in etwa passiert ist, die Zusammenhänge und die Identität des Täters erschließen sich aber erst nach und nach. Puzzlestück für Puzzlestück setzt sich so eine schaurige, beklemmende Geschichte zusammen, deren Auflösung am Ende zwar für mich nicht mit einem großen Knall kommt – aber ich hatte sowieso das Gefühl, dass es bei „Liebes Kind“ eher um den Weg dahin geht.
Denn Romy Hausmann verwendet viel Zeit darauf, jeden Charakter, jeden Blickwinkel und jedes noch so kleine Detail ganz genau zu beleuchten. Das schafft zwar ein paar Längen, vor allem in der Mitte der Geschichte, sorgt aber auch für eine düstere Atmosphäre und gibt einem als Lesenden bzw. Hörenden nach und nach jede Menge Hinweise, die am Ende ein großes Ganzes ergeben. Besonders gut gefallen hat mir dabei, dass Romy Hausmann nicht den Täter, sondern die Opfer und ihre Angehörigen ins Zentrum der Handlung stellt. Wir erfahren so hautnah, was es bedeutet, Opfer eines Verbrechens zu werden oder als Angehöriger einen geliebten Menschen zu verlieren. Das ist schmerzhaft, aber auch wichtig, da gerade die Opfersicht oft vergessen oder ausgeblendet wird.
Insgesamt war die Handlung von „Liebes Kind“ für mich sehr gut ausgearbeitet – insbesondere die Sichtweise von Lenas Vater und das Verhalten der kleinen Hannah hatten eine unglaubliche Wirkung auf mich. So ist „Liebes Kind“ vielleicht kein atemloser, rasanter Thriller, dafür aber ein packender, unheimlich atmosphärischer Psychothriller, der einen tief hineinblicken lässt in menschliche Abgründe und einem mehr als einmal einen Schauer über den Rücken jagt. Von Romy Hausmann werde ich deshalb ganz bestimmt mehr lesen!