Ronnie Schöb

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Lebenslauf

Ronnie Schöb ist Professor für Finanzwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Seit 2015 ist er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen. Schöb beschäftigt sich intensiv mit sozial- und arbeitsmarktpolitischen Fragen und bringt seine Forschungsergebnisse immer wieder in die öffentliche Diskussion ein.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Ronnie Schöb

Cover des Buches Der starke Sozialstaat (ISBN: 9783593512761)

Der starke Sozialstaat

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Erschienen am 19.08.2020

Neue Rezensionen zu Ronnie Schöb

Cover des Buches Der starke Sozialstaat (ISBN: 9783593512761)
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Rezension zu "Der starke Sozialstaat" von Ronnie Schöb

Dr_M
"Je großzügiger der Sozialstaat, desto mehr Bedürftige schafft er"

Das ist das sogenannte Sozialstaatsdilemma. Kein Land dieser Welt ist für Bedürftige aus aller Welt so attraktiv wie Deutschland. Wer es einmal in dieses System geschafft hat, der kann sich darin auf Dauer einnisten. Wenn das nicht so wäre, würden sich nicht fortwährend Leute, die sich die lange Reise leisten können und deren Risiken eingehen wollen, nach Deutschland auf den Weg machen. Das ist zwar überhaupt nicht das Thema dieses Buches, aber diese unbestreitbaren Tatsachen beweisen, dass Deutschland ein singulärer Punkt dieser Welt ist. Kein anders Land leistet sich einen solchen Sozialstaat, der auch noch für die ganze Welt geöffnet wird.

Betrachtet man diesen Sozialstaat aus der Perspektive der Innenpolitik und vergisst dabei besser, dass das Solidaritätsprinzip eigentlich nur für die Menschen gilt, die in das System auch tatsächlich einmal eingezahlt haben, dann sieht man dringenden Reformbedarf. Denn obwohl die Hartz-Reformen im Wesentlichen eine Erfolgsgeschichte sind, auch wenn das linke Politiker gerne anders sehen, hakt es an verschiedenen Stellen.

Im Grunde kann man es sich lebenslang in diesem System bequem machen, wenn man nicht anspruchsvoll und alleinstehend ist. Zwar wird immer wieder behauptet, dass dieses System nur dann anspringt, wenn akute und unverschuldete Not eintritt. Doch das geht an der Lebenswirklichkeit völlig vorbei. Wenn man in Not ist, geht man gewöhnlich nicht in Kulturveranstaltungen oder ins Restaurant essen, aber auch dafür ist mit deutscher Gründlichkeit ein Anteil im Hartz4-Satz vorgesehen. Das ergibt aber nur einen Sinn, wenn man von vorneherein von einer längeren Alimentierung ausgeht.

Der Autor möchte die sogenannte Grundsicherung reformieren. Dass das schon lange überfällig ist, macht er in der ersten Hälfte des Textes klar. Es gibt zu viele Töpfe aus denen bezuschusst wird. Und einige Regelungen sind ungerecht oder fördern eher den Status quo als die Suche nach einer neuen Beschäftigung. Dazu zählen vor allen Dingen die sogenannten Hinzuverdienstgrenzen. Warum soll jemand arbeiten gehen, wenn er dadurch kaum mehr erhält als ohne Beschäftigung?

Dankenswerterweise geht der Autor in diesem Zusammenhang auch auf das unselige sogenannte bedingungslose Grundeinkommen ein. Immer wieder liest oder hört man, dass solche Experimente in einem kleineren Versuchsrahmen grandios funktioniert haben. Jeder mit der menschlichen Psyche (oder der Hartz4-Welt) vertraute Zeitgenossen, der noch über einen gesunden Menschenverstand verfügt, wird nach einigen einfachen Überlegungen den ganzen Unfug, der hinter einer solchen lebensfremden Idee steht, verstehen. Der Autor hat die Finanzierbarkeit dieser Schnapsidee betrachtet und dabei festgestellt, dass sie niemals gewährleistet sein kann. Darüber hinaus – so sein Urteil – würde sie die Gesellschaft zerreißen. Details kann man im Buch nachlesen.

Bei Stichwort Details sollte ich auch darauf verweisen, dass dies ein Fachbuch ist, das zwar auch für ein breiteres Publikum verständlich verfasst wurde, aber dennoch relativ viele nicht besonders spannende Einzelheiten diskutieren muss, wie etwa die Berechnung der Sätze für Hartz4 oder Wohngeld für die verschiedenen Gegebenheiten.

Nach der ersten Hälfte schlägt der Autor dann eine Reform der Grundsicherung vor, deren Notwendigkeit er vorher eindrucksvoll begründet hat. Diese neue Grundsicherung soll aus drei Pfeilern bestehen: Erstens aus einer Regelbedarfssicherung in Höhe des bisherigen ALG II mit Kranken- und Pflegeversicherung. Bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten verschieben sich die Prioritäten. Zweitens soll es eine Kindergrundsicherung geben, die unabhängig von anderen Transferleistungen gewährt wird. Für die Erklärung von Einzelheiten ist hier kein Platz. Sie werden im Buch ausgebreitet. Drittens soll es eine Wohnbedarfssicherung geben, die einfacher und klarer geregelt ist als das bisherige System. Auch hier kommt es auf die Einzelheiten an, die man im Buch findet.

So wird man feststellen, dass es sich nicht mehr lohnt, nur ein wenig hinzuzuverdienen. Auch Minijobs sind nicht mehr lukrativ, dafür behält man mehr von einem höheren Zuverdienst. Ob das aufgehen wird, kann nur die Praxis zeigen. Die Idee hinter dieser Reform ist jedoch, Leute aus den Minijobs in besser bezahlte Arbeitsverhältnisse zu bringen, beispielsweise in Gaststätten und Hotels, wenn dieser Sektor denn die Corona-Politik der Regierung überlebt. Minijobs sollten nach Auffassung des Autors völlig abgeschafft werden. Ebenso der Mindestlohn, den ein starker Sozialstaat nach seiner Ansicht nicht braucht.

Schließlich geht der Autor auch darauf ein, wie der deutsche Sozialstaat seine Magnetwirkung verlieren kann. Allerdings sind seine Ausführungen zu diesem heiklen Thema etwas nebulös. Grundsicherung nach seiner Reform soll jedoch nur erhalten, wer ins System eingezahlt hat. Was dann mit den Asylberechtigten oder den Geduldeten passieren soll, habe ich nicht verstanden. Eine andere Frage ist, wie man mit Armutsmigration innerhalb der EU umgeht. Auch hier sind die Aussagen im Buch eher vage, was auch daran liegt, dass die EU-Regelungen bisher lebensfremd sind und einige Länder mit der Kommission im Clinch deswegen liegen.

Schließlich befasst sich der Autor auch noch mit der Grundsicherung im Alter. Nach seiner Reform kommen Rentner dabei besser weg.

Für Interessenten und Spezialisten ist dieses Buch mit Sicherheit eine Fundgrube und eine gute Diskussionsgrundlage über eine Reform des bestehenden Systems. Ob eine solche Reform allerdings mit dem gegenwärtig regierenden Personal gelingt, ist eher zweifelhaft, weil ihm dazu offenbar Kompetenz, Mut und Entscheidungsfreudigkeit fehlen.

Cover des Buches Der starke Sozialstaat (ISBN: 9783593512761)
B

Rezension zu "Der starke Sozialstaat" von Ronnie Schöb

belanahermine
Anforderungen an ein Sozialhilfesystem

Inhalt

In diesem Buch stellt Herr Schöb seine Vorstellung einer gerechten und nachhaltig wirkenden Sozialhilfe vor. Dazu erläutert er nach einer Einführung in das Thema mit welchen Rahmenbedingungen und Anforderungen ein Sozialsystem konfrontiert ist und welchen Zwiespälten es gerecht werden muss.

Bevor Herr Schöb seine eigenen Vorstellungen zur Ausgestaltung eines Sozialhilfesystems vorstellt, erläutert er das bestehende System. Er geht dabei darauf ein, was dieses System gewährleisten konnte, zeigt aber auch Schwächen auf, die er dann mit seinen Vorschlägen beseitigt wissen möchte.

Das vorgeschlagene Sozialhilfesystem hat drei Säulen, die Herr Schöb nun separat nacheinander vorstellt. Dabei zeigt er auf, wie die jeweiligen Regelungen den Anforderungen an Sozialsysteme besser gerecht werden als das derzeit gültige System. Seine Argumentationen unterlegt er mit Zahlenbeispielen, die er auch visuell aufbereitet.

Am Ende des Buches finden sich 15 Seiten Literaturhinweise, 4 Seiten Datenquellen und Statistiken, 3 Seiten Rechtsquellen, 21 Seiten Anmerkungen, 2 Seiten Abkürzungen und 10 Seiten Glossar.

Subjektive Eindrücke

Für mich war das ein sehr interessantes Buch, da mir bisher nicht bewusst war, wie das deutsche Sozialhilfesystem im Detail funktioniert. Auch über Anforderungen und Zwänge zu lesen, war erhellend für mich, da ich mich bisher noch nie so ausführlich mit der Materie befasst hatte. Auch die Argumentation, warum eine normale Versicherung nicht zur Absicherung der Lebensgrundrisiken geeignet ist, habe ich mit Spannung verfolgt.

Den Ausführungen im Buch kann man überwiegend gut folgen. Die Zahlenbeispiele und ihre visuelle Darstellung helfen dabei zusätzlich und machen das Ganze recht anschaulich.

Interessant ist es allemal darüber zu lesen, wie und mit welchen vielfältigen Gedanken man an den Aufbau eines Sozialhilfesystem gehen muss. Dabei muss man dann nicht immer der gleichen Meinung wie der Autor sein. Das Buch versucht aber hier in erster Linie eine sachliche Darstellung und faktengestützte Argumentation und keine Überzeugungsarbeit. Das ist für mich definitiv ein positiv zu unterstreichender Aspekt.

Fazit

Man kann erfahren, was alles an so einem Sozialhilfesystem dranhängt.

Weitere Rezensionen von mir gibt es unter https://belanahermine.wordpress.com/category/rezension/

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