Rezension zu Die Muschelsucher von Rosamunde Pilcher
Eine bewundernswerte Protagonistin!
von EliasWittekind
Kurzmeinung: Beim Lesen kommt man zur Ruhe, stellenweise zu detailreich, belanglos, aber mit einer sehr bewundernswerten Protagonistin.
Rezension
EliasWittekindvor 5 Jahren
Während ich Rosamunde Pilchers berühmtestes Werk las, ist die Autorin in hohem Alter verstorben. Beim Lesen stellte sich mir immer wieder die Frage, inwieweit der Roman auch ihr eigenes Leben beschreibt.
Anfangs tat ich mich schwer mit der Geschichte. Der Roman springt von einer Figur zur nächsten. Auch der Schauplatz wechselt ständig. Das Gemälde, die Muschelsucher, scheint zunächst das einzige verbindende Element zu sein. Denn alle beschäftigt das Bild, teils aus ideellen Gründen, teils aus materiellen. So wird das Bild immer wieder zum Ausgangspunkt von Erinnerungen, Familienstreit und schönen Erlebnissen.
Für mich machte die Protagonistin den Roman lieb und teuer. In hohem Alter und trotz gesundheitlicher Probleme bleibt sie selbstbestimmt und lässt sich kaum aus ihrem inneren Gleichgewicht bringen. Sie begreift ihre verbleibende Zeit als Geschenk und spürt frische Kraft in sich. Sie besucht den Ort ihrer Jugend und umgibt sich mit freundlichen Menschen. Zwei ihrer drei Kinder, die über ihr Leben und ihr Vermögen bestimmen möchten, weist sie in ihre Schranken. Dabei ist es interessant zu verfolgen, wie unterschiedlich nahe sie die einzelnen Menschen an sich heranlässt oder in ihre Pläne einweiht, abhängig jeweils von der Wertschätzung und dem Verständnis, das man ihr entgegenbringt. Amüsant war für mich, vom distanzierten Verhältnis zu lesen, das sie zu ihren verzogenen Enkeln hat. Um nichts in der Welt möchte sie abhängig von jemandem sein, auch und schon gar nicht von ihren eigenen Kindern. "Ich brauche meine Kinder nicht. Ich kenne ihre Fehler und bin mir ihrer Unzulänglichkeiten bewusst, ich liebe sie alle, aber ich brauche sie nicht. Sie betete darum, dass es nie der Fall sein möge."
Besonders gefielen mir die Szenen, in denen Penelope es einfach genießt, alleine zu sein, in ihrem großen und schönen Haus. Sie umgibt sich gerne mit Leuten und oft ist viel Trubel um sie. So sind diese ruhigen Szenen für mich besondere Momente im Buch. "Als er fort war, trat sie wieder ins Haus und machte die Tür zu. Sie war allein. Welch eine Erleichterung. Daheim. Ihr eigenes Haus, ihre eigenen Sachen, ihre eigene Küche. Der Ölherd blubberte friedlich vor sich hin, und alles war herrlich warm."
Penelopes Gelassenheit und Zufriedenheit mit ihrem Leben und all seinen tragischen Verlusten und falschen Entscheidungen sind etwas, das ich mir gerne auch für mein eigenes Alter wünsche. An einer Stelle bringt die Autorin dieses Gefühl sehr schön zum Ausdruck: "Die Zeit hatte ihre frühere Bedeutung verloren. Das war eines der guten Dinge, wenn man alt wurde: Man hatte es nicht mehr eilig und fühlte sich nicht mehr in einem fort gehetzt. Penelope hatte ihr Leben lang für andere gesorgt, und jetzt brauchte sie nur noch an sich selbst zu denken. Man hatte Zeit, stehenzubleiben und zu schauen und sich dabei seinen Erinnerungen hinzugeben. Das Blickfeld erweiterte sich, als schaute man von den Hängen eines mühsam erkletterten Berges in die Ferne, und wenn man so weit gekommen war, schien es unsinnig, nicht zu verweilen, um den Ausblick zu genießen."
Der Erzählstil ist angenehm und ruhig. Als Leser konnte man stellenweise richtig zur Ruhe kommen. Immer wieder fand ich jedoch, dass die Autorin sich in zu vielen Details verliert. Dann stellte sich mir die Frage: Braucht es so viele Einzelheiten? Wenn es jedoch um Penelope ging, die sehr bewusst lebt und viel Zufriedenheit in alltäglichen Dingen findet, war dieser Detailreichtum in meinen Augen immer passend: "Sie knipste die Lampe an. Es war warm, und alles war aufgeräumt. Sie füllte einen Tiegel mit Milch und setzte ihn auf. Dann nahm sie einen Becher aus der Anrichte, tat einen Löffel Honig hinein, füllte ihn bis zum Rand mit heißer Milch und rührte um. Sie nahm den Becher und ging durch das Esszimmer ins Wohnzimmer."
Auch die Kulisse und die Landschaften, in denen der Roman spielt, werden detailreich und feinfühlig beschrieben: "Der Garten war in blaues Licht getaucht, und die Luft war schwer von Levkojenduft. Eine schmale Mondsichel, wie eine Wimper, hing am Himmel, und unten am Strand flüsterte die See."
Streckenweise fand ich den Roman jedoch auch belanglos. An vielen Stellen werden aber schöne Lebensweisheiten eingeflochten: "Glück ist, wenn man das meiste aus dem macht, was man ist, und Reichtum ist, wenn man das meiste aus dem macht, was man hat." "In unserem Leben geht nichts Gutes wirklich verloren. Es bleibt ein Teil von uns, wird ein Teil unserer Persönlichkeit."
Mein Fazit: Die großartige Protagonistin lässt nichts anderes zu, als dass ich dem Roman, trotz einiger gefühlter Schwächen, sehr gerne fünf von fünf Sternen gebe.
Penelope hat einen Herzanfall erlitten. Ihr Gemälde, die Muschelsucher, ein Werk ihres berühmten Vaters, hat sie ein Leben lang begleitet und spendet ihr auch jetzt wieder Trost und Zuversicht. Es weckt in ihr Erinnerungen an die Vergangenheit. Wer stand ihr wirklich nahe? Ihre Familie oder ganz andere Menschen? Mit wem wird sie ihren Lebensabend teilen, wem das kostbare Bild vermachen?
Während ich Rosamunde Pilchers berühmtestes Werk las, ist die Autorin in hohem Alter verstorben. Beim Lesen stellte sich mir immer wieder die Frage, inwieweit der Roman auch ihr eigenes Leben beschreibt.
Anfangs tat ich mich schwer mit der Geschichte. Der Roman springt von einer Figur zur nächsten. Auch der Schauplatz wechselt ständig. Das Gemälde, die Muschelsucher, scheint zunächst das einzige verbindende Element zu sein. Denn alle beschäftigt das Bild, teils aus ideellen Gründen, teils aus materiellen. So wird das Bild immer wieder zum Ausgangspunkt von Erinnerungen, Familienstreit und schönen Erlebnissen.
Erst nach einiger Zeit wurde mir klar, dass Penelope die Protagonistin ist, und es um ihre Beziehung zu ihren Kindern und ihren Freunden, aber auch zu Personen aus ihrer Vergangenheit, wie ihrer einzigen wahren Liebe, ihren Eltern und ihrem verstorbenen Ehemann, geht. Erst ganz zum Schluss wird jedoch deutlich, warum bestimmte Nebencharaktere eine besondere Rolle in ihrem Leben spielen. Ohne etwas vorweg zu nehmen: Es sind besondere Menschen, die ihr helfen, den sehnsüchtigen Blick in die Vergangenheit hoffnungsvoll auf ihr verbleibendes Leben zu richten und wundervolle Momente aus bestimmten Gründen noch einmal miterleben zu dürfen. Dabei kann es Penelope gelingen, dem Schicksal eine neue Wendung zu geben und aus ihrer bewegten Vergangenheit eine hoffnungsvolle Zukunft zu weben.
Für mich machte die Protagonistin den Roman lieb und teuer. In hohem Alter und trotz gesundheitlicher Probleme bleibt sie selbstbestimmt und lässt sich kaum aus ihrem inneren Gleichgewicht bringen. Sie begreift ihre verbleibende Zeit als Geschenk und spürt frische Kraft in sich. Sie besucht den Ort ihrer Jugend und umgibt sich mit freundlichen Menschen. Zwei ihrer drei Kinder, die über ihr Leben und ihr Vermögen bestimmen möchten, weist sie in ihre Schranken. Dabei ist es interessant zu verfolgen, wie unterschiedlich nahe sie die einzelnen Menschen an sich heranlässt oder in ihre Pläne einweiht, abhängig jeweils von der Wertschätzung und dem Verständnis, das man ihr entgegenbringt. Amüsant war für mich, vom distanzierten Verhältnis zu lesen, das sie zu ihren verzogenen Enkeln hat. Um nichts in der Welt möchte sie abhängig von jemandem sein, auch und schon gar nicht von ihren eigenen Kindern. "Ich brauche meine Kinder nicht. Ich kenne ihre Fehler und bin mir ihrer Unzulänglichkeiten bewusst, ich liebe sie alle, aber ich brauche sie nicht. Sie betete darum, dass es nie der Fall sein möge."
Besonders gefielen mir die Szenen, in denen Penelope es einfach genießt, alleine zu sein, in ihrem großen und schönen Haus. Sie umgibt sich gerne mit Leuten und oft ist viel Trubel um sie. So sind diese ruhigen Szenen für mich besondere Momente im Buch. "Als er fort war, trat sie wieder ins Haus und machte die Tür zu. Sie war allein. Welch eine Erleichterung. Daheim. Ihr eigenes Haus, ihre eigenen Sachen, ihre eigene Küche. Der Ölherd blubberte friedlich vor sich hin, und alles war herrlich warm."
Penelopes Gelassenheit und Zufriedenheit mit ihrem Leben und all seinen tragischen Verlusten und falschen Entscheidungen sind etwas, das ich mir gerne auch für mein eigenes Alter wünsche. An einer Stelle bringt die Autorin dieses Gefühl sehr schön zum Ausdruck: "Die Zeit hatte ihre frühere Bedeutung verloren. Das war eines der guten Dinge, wenn man alt wurde: Man hatte es nicht mehr eilig und fühlte sich nicht mehr in einem fort gehetzt. Penelope hatte ihr Leben lang für andere gesorgt, und jetzt brauchte sie nur noch an sich selbst zu denken. Man hatte Zeit, stehenzubleiben und zu schauen und sich dabei seinen Erinnerungen hinzugeben. Das Blickfeld erweiterte sich, als schaute man von den Hängen eines mühsam erkletterten Berges in die Ferne, und wenn man so weit gekommen war, schien es unsinnig, nicht zu verweilen, um den Ausblick zu genießen."
Der Erzählstil ist angenehm und ruhig. Als Leser konnte man stellenweise richtig zur Ruhe kommen. Immer wieder fand ich jedoch, dass die Autorin sich in zu vielen Details verliert. Dann stellte sich mir die Frage: Braucht es so viele Einzelheiten? Wenn es jedoch um Penelope ging, die sehr bewusst lebt und viel Zufriedenheit in alltäglichen Dingen findet, war dieser Detailreichtum in meinen Augen immer passend: "Sie knipste die Lampe an. Es war warm, und alles war aufgeräumt. Sie füllte einen Tiegel mit Milch und setzte ihn auf. Dann nahm sie einen Becher aus der Anrichte, tat einen Löffel Honig hinein, füllte ihn bis zum Rand mit heißer Milch und rührte um. Sie nahm den Becher und ging durch das Esszimmer ins Wohnzimmer."
Auch die Kulisse und die Landschaften, in denen der Roman spielt, werden detailreich und feinfühlig beschrieben: "Der Garten war in blaues Licht getaucht, und die Luft war schwer von Levkojenduft. Eine schmale Mondsichel, wie eine Wimper, hing am Himmel, und unten am Strand flüsterte die See."
Streckenweise fand ich den Roman jedoch auch belanglos. An vielen Stellen werden aber schöne Lebensweisheiten eingeflochten: "Glück ist, wenn man das meiste aus dem macht, was man ist, und Reichtum ist, wenn man das meiste aus dem macht, was man hat." "In unserem Leben geht nichts Gutes wirklich verloren. Es bleibt ein Teil von uns, wird ein Teil unserer Persönlichkeit."
Mein Fazit: Die großartige Protagonistin lässt nichts anderes zu, als dass ich dem Roman, trotz einiger gefühlter Schwächen, sehr gerne fünf von fünf Sternen gebe.