Ross McDonald gilt oder galt in seiner Zeit (1915-1983) als einer der profiliertesten Kriminalautoren der USA. Der Drehbuchautor William Goldman nannte die Romane McDonalds "the finest series of detective novels ever written by an American" Nach dem Lesen des "Mörders im Spiegel" ist mir absolut rätselhaft, wie der Autor zu diesem Lob gekommen ist. Aber beginnen wir mit dem deutschen Titel des Buches. Leider konnte ich nicht herausfinden, wie der Roman in der US-amerikanischen Originalversion hieß, der deutsche Titel ist jedenfalls eine Katastrophe. Denn, zusammen mit dem Wissen der ersten zehn Seiten ist der Täter klar, die Spannung raus. Alles was noch kommt, ist ein langweiliges und langgestrecktes Hinauszögern. Dazu misslingt die Zeichnung der beiden Hauptpersonen grundlegend. Beide handeln immer wieder völlig unlogisch. Der Protagonist, laut Roman promovierter Geschichtswissenschaftler und kriegserfahrener Marineoffizier, benimmt sich fast durchgängig wie ein Jugendlicher in der Trotzphase. Insgesamt ist ein selbstschädigendes Verhalten von Figuren offensichtlich ein Lieblingsmotiv des Verfassers, denn neben den beiden Hauptakteuren handeln auch Nebenfiguren immer wieder unlogisch und schaden sich selbst. Die Geschichte selbst ist wenig originell, die Grundidee findet sich in tausenden von Kriminalromanen wieder. Interessante neue Blickwinkel sucht man vergeblich. Leider versucht der Autor, der selbst in Literaturwissenschaften promoviert hatte, dann noch eine psychologische Fachdiskussion in die Story mit einzubauen. Dies ist weder interessant dargestellt noch in irgendeiner Weise wirklich wichtig für die Geschichte.
Abschließend noch die Bemerkung, dass der "Mörder im Spiegel" autobiografische Züge trägt. Wie die Hauptfigur war McDonald von 1944 bis 46 Kommunikationsoffizier bei der Marine.