Niete zieht Glückslos

Ludger, als Betriebsprüfer ein treuer Diener seines Staates, empfindet seine Schrullen und Neurosen als nicht sehr aufsehenerregend. Wen interessiert schon sein Ordnungsspleen, sein Putzfimmel oder die Angst, dass durch ein Molekül von Schmutz ein tödliches Bakterium an seine Haut gelangen könnte? Nein, alles im grünen Bereich, bis zu dem Zeitpunkt, als er seine Frau und seine kleine Tochter bei einem Flugzeugunglück verliert. Die Neurosen verstärken sich, sodass er nur durch die Hilfe seiner Psychiaterin überhaupt überlebt. Eines Tages findet er einen kleinen Straßenjungen im Müllcontainer nach Essbarem suchen. Ludger nimmt ihn zu sich, wie ein kleines herrenloses Hündchen. In Badewasser ist er wohl noch nie getaucht worden. Es scheint ihm nicht sonderlich zu gefallen. Aber jetzt ist er wenigstens sauber. Ludger staunt, wie knochig der Kleine ist, so dürr, dass er fast keinen Schatten wirft. Seinen Kopf lässt er hängen wie ein Hahn, dem man den Hals umgedreht hat. Ludger hebt ihn aus der Wanne, wickelt ihn in ein Badetuch und zieht ihn an seine Schulter. Der Geruch von Seife und das Leichtgewicht erwärmen Ludgers Herz. Ist das so, wenn man Vater ist? Er konnte sich nicht erinnern. Er bringt ihm bei, wie man ein Butterbrot schmiert, wie praktisch eine Gabel sein kann, wie man die Ärmel aus der Suppe heraushält, die Zähne putzt, seine Schuhe bindet. Er weiht ihn in die Geheimnisse eines Bienenstocks ein und erklärt ihm, wie aus einer Raupe ein Schmetterling und aus einer Kaulquappe ein Frosch wird. Im Gegenzug zeigt der Junge Ludger, wie man unfallfrei eine Kokosnuss knackt und die Reife einer Melone am Duft erkennt. Das geht so lange gut, bis das Jugendamt auftaucht. Ludger darf den Jungen bei sich behalten, falls keine Verwandten ausfindig gemacht werden. Mit Karla, der Leiterin, freundet er sich zwar locker, aber schnell an. Für eine Liebesbeziehung fühlt sich Ludger noch nicht bereit, obwohl die Schmetterlinge in seinem Bauch ihm zu schaffen machen. Karla hat sich vom ersten Moment an in ihn verliebt. Unterdrückt aber ihre Gefühle. Dann geschieht das, was sie alle schon fast vergessen hatten: Der Junge wird mit seinem Onkel zusammen nach Malawi zurückgeschickt. Die Liebe zu dem Jungen ist stärker als Ludgers Flugangst. Karla und er machen sich auf den Höllentrip voller Abenteuer und Gefahren nach Afrika … Weitere Romane der Autorin: Tusnelda ist kein Sahneschnittchen Wenn der Uhu ruft Weiß ist keine Farbe Schwanenblut