Rezension
Das Dasein dieser doch sehr auf sich gestellten Menschen ist geprägt durch die Gesetzmäßigkeiten der Natur, durch die Gezeiten, durch Unwetter, die Jahreszeiten mit ihren positiven und negativen Erscheinungen. Kapitel für Kapitel wird dem Leser die einzelnen Protagonisten mit ihren Charakteren näher gebracht und es kristallisiert sich heraus, dass die Abgeschiedenheit und die einfachen Verhältnisse allmählich durch den einziehenden Fortschritt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Frage gestellt werden. Auch Ingrids Gedanken drehen sich oft um ein Ausbrechen aus dieser Genügsamkeit und bis zum Schluss fragt sich der Leser, welchen Weg sie gehen wird.
Dieser Roman ist leise. Episodenhaft werden einzelne Geschichten über die Barroys und das Inselleben erzählt, dennoch blieb die Handlung für mich im Wesentlichen eher unspektakulär. Eindringlich dagegen wird die Natur mit den besonderen Wetterkapriolen beschrieben und wie die Insulaner sich damit zu arrangieren haben. Dem Autor gelingt es sprachgewaltig eine unverwechselbare Atmosphäre aufzubauen, wie im Film ziehen die Romanfiguren vor dem geistigen Auge über die Insel, erkämpfen sich ihr Hab und Gut, trotzen Sturm, Schnee und Hitze und geraten dabei auch in Lebensgefahr.
Dennoch ist die Lektüre nicht leicht. Man muss am Ball bleiben, eine längere Lesepause könnte die ganze Lektüre in Frage stellen, eben weil der Spannungsbogen fehlt und Jacobsen auch mit den Längen nicht spart. Romanpassagen, in denen immer wieder das Ausrichten der Fischernetze oder das Fischen allgemein beschrieben wird, zogen sich für mich doch recht lang und blieben meistens uninteressant.
*2014 unter dem Titel "Die Unsichtbaren" bei Osburg erschienen.