Rudolf Eissing

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Alle Bücher von Rudolf Eissing

Cover des Buches Pizza, Liebe und das ‘Virtuelle Ei’ (ISBN: 9783938297681)

Pizza, Liebe und das ‘Virtuelle Ei’

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Erschienen am 01.08.2008
Cover des Buches Pizza, Liebe und das 'Virtuelle Ei' Band II (ISBN: 9783938297834)

Pizza, Liebe und das 'Virtuelle Ei' Band II

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Erschienen am 28.01.2010
Cover des Buches Rothelmchen (ISBN: 9783862794843)

Rothelmchen

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Erschienen am 30.08.2012

Neue Rezensionen zu Rudolf Eissing

Cover des Buches Pizza, Liebe und das ‘Virtuelle Ei’ (ISBN: 9783938297681)

Rezension zu "Pizza, Liebe und das ‘Virtuelle Ei’" von Rudolf Eissing

Rezension zu "Pizza, Liebe und das ‘Virtuelle Ei’" von Rudolf Eissing
Ein LovelyBooks-Nutzervor 13 Jahren

Kevin Kleine, Geografiestudent in Hamburg, kann sein Glück gar nicht fassen. Das Unglaubliche scheint wahr zu werden, denn er darf als erster Mensch die Erde verlassen. Doch nicht etwa in einer simplen irdischen Rakete, welcher lediglich eine Handvoll gähnlangweiliger Umlaufbahnen vergönnt sind, und welche nach diesem lächerlichen Schnuppertrip in die Unendlichkeit, wie ein Ball am Gummiband, umgehend wieder zurück zur Erde fällt. Nein, es geht um völlig andere Dimensionen. Kevin erhält eine offizielle Einladung der Planetenregierung von Thuthlur, einem Planeten, der zum Sonnenstern Dillur gehört, schlappe 56 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Doch zuvor ist da noch die Sache mit dem abgestürzten Raumschiff und der illustren Besatzung. Seit zwanzig Jahren schon versteckt sich die Besatzung der "TULL°KSCHUDLOR", deren Piloten die Landung (und dabei wollte man doch nur Pflanzen sammeln) vergeigt hatten, auf der Elbinsel Altenwerder im Schlick eines neu angelegten Spülfeldes und alles scheint soweit in Ordnung zu sein. Ärgerlich nur, dass keine Verbindung mehr zum Heimatplaneten Thuthlur besteht, weil der Bordfunk zu Bruch ging. Da demnächst Bauarbeiten drohen, würde die Sache bald auffliegen bzw. ausgegraben werden. Folglich muss gehandelt werden.

Was liegt näher, als sich bei einem TV-Sender zu melden. Um aber nicht gleich zu viel Staub aufzuwirbeln, entscheidet man sich für einen Pay-TV-Kanal, den nicht jeder empfangen kann. (Später sollte sich die Elektronik-Zubehörindustrie freuen, denn die Decoder erfreuen sich plötzlich ungeahnter Nachfrage.) Die Wahl fällt auf den "XXL-Kanal", einen Erotiksender. Dieser zeigt sich natürlich sofort interessiert und sogleich wird eine Talkshow organisiert. Als Gast wird ein "menschliches Alien" angekündigt. Doch nicht nur das, denn bei dem Wesen soll es sich angeblich um eine "echte außerirdische Frau" handeln. Die Ereignisse überschlagen sich nun ... wobei ich hier keinesfalls zu viel verraten will, um die Spannung nicht zu zerstören.

Ein paar Appetithäppchen soll es aber trotzdem geben. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei dem Wrack und der Besatzung, die übrigens aus zwölf Frauen besteht. TOLL°O (Oberweite: TROT°ARONKURN-DUTI°TI°TRATI), ihres Zeichens Sprachforscherin (was sich aber erst später herausstellen soll), ergreift die Initiative und tritt mehrmals in der genannten Show auf. Dem erstaunten und zunächst ungläubigen Publikum erklärt sie Herkunft ihrer Art (und dass sie sozusagen entfernte Verwandte seien), Sinn und Zweck der Reise und allerlei Interessantes vom Heimatplaneten. Auch in die Geheimnisse ihrer Sprache erlaubt sie Einblicke (später auch in körperliche) und fängt dabei mit ihrem Namen an, der ja eigentlich nur eine Kurzform von DLIKNON°TOLLORN°ITH°TALAN'SCHANI°O darstellt, was wörtlich übersetzt "Blüten-der-Äpfel-Dunkelrot" heißt (sinngemäß "Dunkelrote-Äpfel-Blüten).

Die Sendungen haben natürlich Folgen. Nicht nur insgesamt vier (glaub ich), sondern Folgen auch im allgemeinen Sinne. Um zu weit gehenden Fragen bezüglich des "Virtuellen Ei's" (Reisemethode nach dem Prinzip der Raum- und Zeitverknüpfung - kennt jeder, ich weiß) bei einer Live-Sendung aus dem Weg zu gehen, veranstaltet man ein spontanes Quiz. Gewinn: Ein Aufenthalt von Donnerstag bis Sonntag in der XXL-Redaktion und Meeting mit TOLL°O samt Freundinnen. Frage: "Wie heißt die Fisch-Pizza auf Thuthlur?" Kevin Kleine weiß die Lösung (denn IROKSCH°TRÖNGTHUL ist nun wirlich leicht zu merken), dachte aber nicht im Traum daran, der glückliche Gewinner zu sein! So ergibt es sich also, dass er einem leibhaftigen Alien begegnen soll. Doch die TV-Ausstrahlungen haben noch weitaus weitreichendere Folgen, denn auf Thuthlur kann natürlich irdisches TV empfangen werden! Somit können die Vermissten endlich geortet werden ...

Wem das bis hierher zu wirr und kompliziert erscheinen mag, der soll sich nicht so anstellen, denn immerhin sind wir jetzt erst etwa bei Seite 173 angekommen. Demnächst bittet das Rettungsraumschiff um Landeerlaubnis und dann geht der Tanz erst richtig los. Vergessen habe ich u.a. noch die Benimmregeln für Thuthlur, das ausgefeilte "Punktesystem" und die delikate Angelegenheit mit der "Bauchweiche" bzw. Nabelanschluss. Einerseits wäre dann noch die erste Bordorgie erwähnenswert, andererseits dann wieder nicht, denn später wird es noch viel doller kommen ... !

Das tut jetzt aber nichts zur Sache, denn wesentlich oder noch interessanter sind die weiteren Ereignisse auf der ebenso gefährlichen wie weiten Reise. Auch die Art und Weise der Fortbewegung ist alles andere als uninteressant. Spätestens seit "Spiralnebel 101" (Madeleine L'Engle - 1968) wissen wir, dass die kürzeste Verbindung zwischen a und b nicht die Gerade ist, sondern das "Tesseract". Der Raum wird "gefaltet" und schwupps, ist man mit einem Schritt am Zielort (was auch meistens gelingt ...). Auf Thuthlur wurde Ähnliches entwickelt, denn physikalische Eigenschaften sind nun mal eine feste Größe - egal wo (in diesem expandierenden Größenwahn - Weltall genannt). Das Gerät nennt sich Zeit-Raum-Verbinder (TULL°NID°TROK'SCHUR) und erzeugt einen multidimensionalen Hyperraum, bei uns "Wurmloch" genannt, was den Sachverhalt aber nicht unbedingt trifft. Auf Thuthlur nennt sich das Wunderwerk (umgangssprachlich) das 'Virtuelle Ei' (ROLL'TASCH°LAN'RUTHOR) ... und mich würde es nicht sonderlich wundern, wenn die Komiker in CERN demnächst einer solchen Entwicklung nicht unwesentlich näher kommen (würden).

Zunächst geht die Reise zum Mond und anschließend zum Pluto, was ein Jahr dauert. Dort befindet sich der Raum-Zeit-Verbinder, von wo aus sich die weitere Reise zeitlos und ohne relativistische Zeitverschiebung gestaltet. In Thuthlur angekommen, wird erst einmal ordentlich gefeiert. Los geht es mit einer Verlobung. Doch Kevin Kleine staunt nicht schlecht, als klar wird, dass die zweite Verlobung auf dem Fuße folgt. Irrwitzig auch die Vorstellungszeremonien bei den künftigen Schwiegereltern. Mein lieber Mann!
Von den weiteren Ereignissen, die zum Schluss eine völlig unerwartete Wendung nehmen, will ich hier nicht den Hauch eines Hinweises geben. Faszinierend, wie es der Autor versteht, ohne Gewaltorgien einen Spannungsbogen aufzubauen, dem man sich nur schwer entziehen kann ... !

Rudolf Eissing wählt und wechselt Erzählperspektiven, die den bestsellerverseuchten Leser über die eine oder andere Hürde springen lassen, sofern er sich auf dieses extravagante Abenteuer einlassen kann. Kein einfaches Buch, aber man kann es "einfach" nicht weglegen! Ich habe mich selten so gut unterhalten und ertappe mich immer wieder dabei, einzelne Passagen nochmals herauszukramen und immer wieder zu lesen. (Und genau diese Suche nötigt mich dazu, den einzigen Kritikpunkt kurz zu erwähnen. Würde das Inhaltsverzeichnis nicht fehlen, würde sich das Stöbern ungleich einfacher gestalten. Danke sehr.)

Der Autor schildert salopp, pointiert, hintergründig und mit ungeheurem Wortwitz irdische Abstrusitäten im Gegensatz zum völlig "normalen" thuthlurischen Alltag und umgekeht. Je nach der persönlichen Sichtweise des Lesers, eine wahnwitzige Reise in absurde Realitäten. Großen Raum nimmt die Beschreibung der einzelnen Charaktere, der Sprache auf Thuthlur sowie Kultur, Rechtsprechung, Bestrafungssystem, Glaube, Liebe, Sex, Technik und Umwelt ein. Alles wird bis ins kleinste Detail beschrieben und dennoch bleibt dem Leser unendlich viel Spielraum für eigene Interpretationen. Eine größere Freiheit kann man als Leser nicht haben. Man taucht ein in diese Welt und wird ein Teil von ihr!
Dies ist kein Sience-Fiction-Roman im herkömmlichen Sinne. Es gibt keine schleimtriefenden Ungeheuer und keine unbesiegbaren Superhelden, sondern lebendige Charaktere in einer utopisch realen Wirklichkeit, sozusagen die netten Alien(s) von nebenan. Der Autor verlässt mitunter sogar seine Position als Erzähler, und wendet sich direkt an den Leser! Vereinzelt gibt er gar Hinweise, welche (eingerückten) Passagen nicht unbedingt gelesen werden müssen ...

Vergleiche mit anderen Büchern sind in Rezensionen gelegentlich zugegen und immer wieder gerne gelesen. Spontan und völlig unkontrolliert fällt mir ein Büchlein von Prof. Dr. Harald STÜMPKE - "Bau und Leben der Rhinogradentia" - ein. Unpassender geht es sicherlich nicht (jajaja) und wieso mir ausgerechnet eine Persiflage in den Sinn kommt, verstehe ich selber nicht (aber irgend jemand muss doch mal mit diesen Schubladenweisheiten Schluss machen).
Was ich allerdings sehr gut verstehe, sind meine Zweifel im Zusammenhang mit dem Stern von Betlehem. Ich habe schon immer gewusst, dass an der Geschichte etwas faul ist. "Pizza, Liebe und das 'Virtuelle Ei' klärt den Sachverhalt schonungslos und endgültig. So ganz nebenbei ...

Noch etwas. Nächstes Jahr will ich mit meiner Familie wieder nach Hamburg reisen. Schätze, ich werde mir dann, beim unvermeidlichen Besuch des Hafens, den einen oder anderen "Container" etwas genauer ansehen ... ! Ansonsten will ich jedem potentiellen Leser vorab nur einen einzigen Rat mit auf den weiteren Lebensweg geben:

"GÖÜN GAN REÏLL'EL^" (Bleiben Sie besonnen).

Obwohl ich mir da bei mir selbst nicht so ganz sicher bin. Ich will wissen, wie es weitergeht, und wenn nicht bald - sehr bald - der zweite Band erscheint, drehe ich völlig durch, gehe am Rad, werde wahnsinnig oder noch etwas viel Schlimmeres ...

Fazit: Wahnwitziges Lesevergnügen. Vielschichtiges Abenteuer, fernab jeder Konvention. Reale Utopie.

© Thomas Lawall - www.querblatt.com (2008)

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