Rezension zu "A Discovery Of Strangers" von Rudy Wiebe
"A Discovery of Strangers" handelt von der dem Untergang geweihten Franklin-Expedition in den kanadischen Norden, die im Jahr 1845 statt fand und bei der 128 Männer starben. Bis heute ist nicht völlig geklärt, was genau mit dieser Expedition geschah.
Rudy Wiebe erzählt die Geschichte aus einem neuen Blickwinkel, nämlich aus der Sicht der Testot'ine-Indianer. Er gibt denen, die in dieser Sache bisher ungehört blieben, eine Stimme, und berichtet von ihrem Leben in dieser unerbittlichen Wildnis und dem Zusammentreffen der beiden Kulturen. Die Fremden, die hier entdeckt werden, sind somit nicht, wie sonst üblich, die Ureinwohner, die von den Europäern erforscht werden - sondern die eindringenden Europäer selbst, die den Tetsot'ine unbekannt sind. Der Roman handelt von den Konflikten, die daraus entstehen, von der Großspurigkeit der Europäer, die sich den Ureinwohnern zu 100% überlegen fühlen und sich weigern, von ihnen zu lernen - und davon, dass diese Großspurigkeit ihr Scheitern bedeutet, denn obwohl sie selbst sich in dieser Wildnis nicht auskennen und nicht zurechtfinden können, können sie das Wissen und die Erfahrung der Ureinwohner nicht respektieren und sind nicht bereit, sich darauf einzulassen. Es wird aber auch von der Angst der Tetsot'ine erzählt, die spüren, dass ihr Land nie mehr so sein wird, wie es einmal war, und von ihrer Chancenlosigkeit gegenüber dem alles andere ignorierenden Machtwillen der Europäer. Trotz alledem wird aber auch gezeigt, dass es nicht so sein muss, denn zwischen einem der Expeditionsteilnehmer und der Häuptlingstochter Greenstockings entwickelt sich, obwohl sie nicht die Sprache des anderen verstehen, eine Liebe, die auf Respekt und gegenseitigem Interesse beruht. Im Gegensatz dazu wollen die anderen weißen Männer lediglich Greenstockings' Körper besitzen - genauso wie den in ihren Augen jungfräulichen kanadischen Kontinent.
All dies verwebt Rudy Wiebe in wunderschöner Sprache zu einem einzigartigen Bild. Dazu gehören auch Auszüge aus originalen Briefen und Tagebüchern der Europäer und mythologischen Überlieferungen der Tetsot'ine, die "A Discovery of Strangers" einmal mehr zu einem sehr runden und bewegender Roman machen.