Mir hat das Buch nicht wirklich gefallen. Durch die ersten 100/200 Seiten musste ich mich quälen und auch danach las ich nur weiter, um zu erfahren was mit ihren Söhnen geschah. Mich hat die Erzählform gestört. Nicht der Ich-Erzähler, sondern dass es erst kaum Dialoge gab und dauernd zwischen den Ereignissen gesprungen wurde.
Positiv ist zu erwähnen, dass offen über Themen wie Homosexualität und Rassenkonflikte gesprochen wird. Auch wirkt die Geschichte gut in die realen Ereignisse, den Bürgerkrieg in Liberia, eingebettet und die politische Lage wird geschildert. Die Beschreibungen sind sehr detailiert, sodass die Landschaft und die Atmosphäre, die Stimmungen, gut eingefangen sind. Die genauen Beschreibungen waren aber manchmal zu viel. Genau wurde erzählt, wie Hühner geschlachtet werden - bis ins kleinste Detail, auch, wie man sie hinterher verarbeitet. Und auch Verstümmelungen der Menschen oder Schimpansen wurden genau erwähnt, was mich schockiert und auch abgestoßen hat.
Womit ich schon zum Störfaktor komme, der als erstes im Buch auftrat: die Schimpansen. Hannah ist so versessen auf diese Tiere, dass sie ihre eigenen Kinder nicht so sehr lieben kann wie die Schimpansen. Sie spricht andauernd von ihnen, wie ungerecht sie behandelt werden, wie sehr sie sie verraten hat und so weiter. Ich gebe zu nach einer Weile immer weitergeblättert zu haben, wenn es um diese Tiere ging. Natürlich kann die Protagonistin nichts dafür, wie sie fühlt, aber mich hat es dennoch gestört und ich hatte Probleme, mit ihr mitzufühlen oder sie auch nur zu mögen.
Zudem ist die Sprache offen: alles wird beim Namen genannt, Sexualität ausschweifend gelebt und beschrieben und auch hier erfährt man Details, die nicht interessieren und die für mich nicht relevant für die Ereignisse waren. Aber am meisten hat mich Hannah selbst gestört. Ich konnte ihr Handeln, Fühlen einfach nicht verstehen. Deshalb konnte ich nicht mit ihr mitleben und die Geschichte konnte mich nicht genug fesseln, um das Problem auszugleichen.
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ursprünglich 2010 hier veröffentlicht
Russell Banks
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Gangsta Bone führt den Leser in einer rasanten Fahrt durch ein knappes Jahr im Leben des 14 Jahre alten Chapman. Er, dessen Familie zerstört ist und dem seine Umwelt in einer amerikanischen Kleinstadt keinerlei Perspektiven bietet, treibt sich mit Rockern herum und verdingt sich als Klein-Dealer, bis er eines Tages gezwungen ist, sein Zuhause zu verlassen und sich auf eine Reise nicht nur in die Weite der amerikanischen Wälder und Täler zu machen, sondern auch zu sich selbst zu finden und ein neuer Mensch zu werden. Dabei erhält er Unterstützung vom alten Rasta I-Man, der zum Mentor und besten Freund von Chapman wird, der sich bald den Kampfnamen Bone gibt und diesen mit einem Tattoo auf seinem Unterarm symbolisiert. Gemeinsam macht sich dieses ungleiche Paar auf die Reise nach Jamaika, dem Heimatland I-Mans, wo Bone mit der Lebenswelt der Rastas und ihrer Religion vertraut wird. Mehr und mehr entfernt sich Bone von seiner Vergangenheit und wird zu einem in sich ruhenden, nachdenklichen Menschen, der sich der Konsumwelt entzieht und statt dessen ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung sucht. Der Text ist in einer sehr einfachen, aber dennoch liebevollen Sprache gehalten und für Heranwachsende ebenso geeignet wie für Ältere. Gangsta Bone zeigt die Geschichte eines Jungen, der seinem alten Leben entflieht, in dem seine Karriere als Straftäter und Gefängnisinsasse bereits vorgezeichnet scheint. Sicher ist auch das Leben auf Jamaika nicht zu vergleichen mit einer gutbürgerlichen Existenz, wie man sie aus amerikanischen Vorstädten kennt, doch wird hier ein Weg aufgezeigt, dem Mühlrad des Schicksals aus eigener Kraft heraus zu entkommen und ein Leben zu wählen, dass den eigenen Ansprüchen und Talenten mehr entspricht. Ein sehr lesenswerter Text, der mal schockiert, mal amüsiert, aber immer ehrlich bleibt und keine Illusionen schürt.
Von der Ich-Erzählerin Hannah wissen die Nachbarn in den Adirondack-Mountains nur, dass sie in den 70ern jahrelang in Afrika gelebt hat. Keine von uns ist "drogenfrei, jungfräulich oder auch nur zeitweise Vegetarierin" stellt sie lapidar über sich und die Arbeiterinnen auf ihrer Farm fest. Sie hat sich Dawn genannt, dann wieder Hannah – und nun mit über 60 Jahren reist die Frau noch einmal nach Liberia, um ihre inzwischen erwachsenen Söhne zu treffen, die sie damals bei deren Vater zurück lassen musste. Hannah ist eine direkte Person, die sich zu ihrem alternden Körper, über die Beziehung zu ihrem Mann Woodrow und zu ihrer Vergangenheit als Möchtegern-Terroristin ausgesprochen illusionslos und nüchtern äußert. Die Vorstellung der Amerikaner von Afrika ist begrenzt und so fällt niemandem auf, dass Hannah manipuliert, verschweigt, dass sie immer nur aus ihrem Leben erzählt, was ihr Gegenüber ihrer Meinung nach vertragen kann. Hannahs Nüchternheit macht es den Lesern schwer, ihre Motive nachzuvollziehen. Die sachliche, fast wissenschaftliche Art, in der sie berichtet, dass ihr ihr Affen-Schutzprojekt mehr am Herzen gelegen hat als die eigenen Kinder, war für mich ein schwer zu verdauender Brocken. Dennoch ein faszinierendes Frauenportrait, geschrieben von einem Mann, zu dessen Stärken die Darstellung weiblicher Sexualität nicht gehört..