Cover des Buches In den Straßen die Wut (ISBN: 9783499270406)
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Rezension zu In den Straßen die Wut von Ryan Gattis

Aus dem Innenleben einer gnadenlosen Stadt

von Babscha vor 7 Jahren

Rezension

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Babschavor 7 Jahren

April 1992 werden mehrere weiße Polizeibeamte freigesprochen, die den Schwarzen Rodney King zuvor brutal misshandelt hatten. Das war der -vom Leser noch gut erinnerte- Tropfen, der das Fass Los Angeles zum Überlaufen brachte und für eine Woche in einen Hexenkessel der Gewalt mit riesigen Sachschäden und nicht abschätzbaren Verlusten von Menschenleben verwandelte.

Gattis bettet seine fiktive, genau in diese Zeit terminierte Geschichte von Gewalt und Rache um eine Gang aus South Central L. A. in das authentische damalige Szenario ein und führt den Leser in die unvorstellbare, maßlos brutale und desillusionierte Welt der Latino-Gangs von Lynwood und Compton, in der ein Menschenleben oder so was wie Anstand und Ehre rein gar nichts zählen, wo die Gangs sich gegenseitig mit Messern und großkalibrigen Waffen gegenseitig abschlachten und die völlig unzureichende Polizeigewalt dem ganzen Treiben mehr oder weniger hilflos gegenüber steht.

Die Kapitel werden aus der persönlichen Sicht der jeweiligen Gangmitglieder, der Mitläufer, der Opfer, aber auch der zwangsweise betroffenen Krankenschwestern und Feuerwehrleute erzählt und dabei geschickt vernetzt. Die Figuren selbst bleiben ziemlich gesichtslos und beliebig, aber das ist egal, wichtig ist das Große und Ganze dieser unsäglichen Welt, in die man hier beim Lesen abtaucht und die die Realität eins zu eins widerspiegelt (Gattis hatte zuvor selbst unter Lebensgefahr Kontakt zu Gangs aufgenommen, um deren Leben in seinem Buch wirklichkeitsgetreu abzubilden).

Wie bei jedem Autor, der ambitioniert und ehrlich über seine eigene Stadt schreibt, hängt auch hier zwischen den Zeilen eine ganz eigentümliche Traurigkeit und Wehmut, eine selbst empfundene Nähe trotz aller Verdorbenheit dieses Molochs und seiner Bewohner, was sich gut auf den Leser überträgt.

Ein ehrliches Buch aus erster Hand zur eigenen Horizonterweiterung, auch wenn´s fast durchgängig voll an die Nieren geht. Man hat ja schon so einiges von den südlichen Stadtteilen L. A.´s raunen gehört, aber das sprengt echt alle Grenzen.



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