Rezension zu "Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg - Die Schwarmkönigin" von Ryek Darkener
Wenn es ein Genre gibt, vor dem ich richtig großen Respekt habe, ist es Science Fiction.
Obwohl ich mit Star Trek, Spock und Käpten Kirk groß wurde, den Großteil aller Star Wars Filme sah und so an manchem Weltraumspektakel teilnahm, sind Bücher und die darin beschriebenen Welten oft etwas, vor dem ich mich drücke. Dies liegt vielleicht daran, dass mein Kopfkino es nicht in Bilder umwandeln kann, wenn interstellare Raumschiffe beschrieben werden oder technische Details bis zum letzten zelebriert werden. So hatte ich auch vor „Der Schwarmkönigin“ etwas Muffensausen, da ich kein Stück abschätzen konnte, wie das darinnen geschriebene auf mich wirkt. Lange rede, kurzer Sinn – ich war und bin immer noch begeistert.
Vielleicht hilft so manchem unentschiedenen Menschen diese Beschreibung: hier besser, als der Klappentext auf der Rückseite:
Ihr könnt mich Guja nennen.
Ich wurde nicht auf der Erde geboren, sondern auf Harain. In einer Enklave, in der die Erdenmenschen leben, die dort im Letzten Krieg interniert wurden. Die Menschen, die den Letzten Krieg angefangen haben, haben ihn verloren. Nur der Gnade der Sieger ist es zu verdanken, dass es noch Menschen auf der Erde gibt. Wenn es denn eine Gnade war.
Ich habe Gerüchte gehört, ich hätte unter fernen Sternen dafür gekämpft, dass die Erde in der Liga der Raumfahrenden Völker nicht in Vergessenheit gerät. Das ist nicht wahr. Das Gegenteil ist der Fall. Und auch das ist nicht wahr.
Ich erzähle euch eine Geschichte aus der Welt nach dem Letzten Krieg. Meine Geschichte
Inhaltsangabe auf Innenseite
Gundel-Jasmin hasst ihren Namen und ein Stückweit auch alles andere. Die junge Frau führt einen als Ich-Erzählerin sofort in die Geschichte und ihre Welt. Eher ungewollt landet sie als Besatzungsmitglied auf einem Raumschiff. „Die dunkle See des Vergessens“ scheint alles andere als vertrauenserweckend und auch die Crew ist außergewöhnlich. Noch besonderer ist aber deren eigentliches Ziel. Ein Schrotthaufen im Weltall, oft auf illegalen Touren unterwegs, wird für Guja dennoch wie ein neues Zuhause.
Mich begeisterte der sofortige Sprung in die Geschichte. Ohne viele Vorworte erzählt Guja von sich, der nicht mehr vorhandenen Familie und den Problemen, denen sie sich als Halb-Erdenmensch oft stellen muss. Zwischen den Zeilen erliest sich soviel zu der gegenwärtigen und vergangenen Zeit, man erfährt von Welten, Planeten und all deren Bewohnern. Das etwas im Argen liegt ist direkt spürbar und damit entstand ein Reiz und die spannungsvolle Vorfreude auf weitere Seiten, Erklärungen und jeder Menge Abenteuer.
Vom Stil empfand ich die Ich-Form als perfekt gewählt. Durch Gujas Augen sieht man alles mit und bekommt durch ihren Lernprozess, auf dem Raumschiff und mit den anderen Spezies, so viel an Input.
Schon alleine die Dialoge sind eine gelungene Mischung aus ernsthaften Gesprächen, spontanen Ausbrüchen und humorigen Beiläufigkeiten. Guja ist so selbstbewusst, auch wenn sie ab und an zweifelt und hat richtig was in Sachen Intelligenz und Intellekt zu bieten.
Jeder Tag, den ich überlebe, scheint eine Vereinbarung zwischen Leuten zu sein, die im Hintergrund bleiben. (Seite 250)
Natürlich kommen die bereits erwähnten anderen Spezies und Planeten nicht zu kurz. Besonders Cssssiissiuuuuuur Thraaaarrr Chrrrwwwwwrrr ist eine Nennung wert (und nein, ich habe mich nicht bei dem Namen vertippt). Aber keine Panik, es gibt auch einen Spitznamen für dieses edle Lebewesen. Bei einem von Gujas spontan ausgedrückten Wunschdenken musste ich so herzhaft lachen.
Chamma war toll beschreiben und auch Chree mit seiner reptilienhafte Art ganz besonders. Aber auch Wlad und Narulf waren sehr angenehme Charaktere.
Generell sind die vorkommenden Figuren allesamt charakteristisch gut auf- und ausgebaut, bekommen nicht nur Namen, sondern auch ein gut vorstellbares Aussehen, wobei ich nicht jeder der Arten begegnen wollte. Freund- wie Feindschaften entstehen und nicht bei jeder der Figuren war auf Anhieb zu erkennen wer gut oder böse ist.
Es gibt Fraktionen und Ligen, Gesellschaftssysteme und die unterschiedlichsten Völker. Und, wie so oft, jede Menge Streit. Ausgerechnet Guja spielt dabei eine sehr wichtige Rolle und sie ist quasi die letzte die erfährt, um was es wirklich geht.
Die Geschichte spielt nicht ausschließlich im Weltraum, es gibt keine im Weltall schwebende Raumanzüge, wobei die Option mal eben durch eine Schleuse „abgeschoben“ zu werden durchaus besteht.
Die technischen Details, besondere Flugmodi, Hierarchien, Einsätze und sogar Speisen und Getränke brachten Abwechslung und überraschten mich immer wieder aufgrund der Kreativität des Autoren.
Zum Ende der Geschichte hin wird ein ganz spezieller Planet bereist, wobei diese Sprünge, zu der die Technik im Buch in der Lage ist, vieles einfacher macht, dennoch sind auch dabei Hürden und Gefahren zu überbrücken.
Der Planet erwies sich als altbekannt und war wie nahezu alles im Buch, in einer logischen und unkomplizierten Art beschrieben. All die Hintergründe, einstige Geschehnisse und aktuellen Vorkommnisse geben ein sehr umfangreiches Bild ab.
Da es nicht nur um ein glückliches und gemeinsames Miteinander im Buch geht, kommt es zwangsläufig zu Auseinandersetzungen. Manche nur verbaler Art, aber eben auch zu körperlicher Gewalt. Dabei verzichtet der Autor aber auf unnötig gewaltheischende Details. Dennoch wird es auch mal blutig.
Die Trigger-Warnung am Anfang des Buches hat somit durchaus ihren Sinn.
Positiv erwähnen möchte ich noch die Gestaltung des Buches. Das Cover besticht schon durch das satte Rot und den Ausblick auf Planet und Galaxie. Im Inneren wurde der #SPbuchsatz verwendet, eine sehr gelungene Umsetzung, denn obwohl es wenige einzelne Kapitel (5) gibt, sorgen Absätze und besonders markierte Szenen - Trenner für ein fließendes und vor allem unangestrengtes Lesen.
„Die Schwarmkönigin“ ist ein umfangreiches und spannendes Werk. Durch die gelungenen plastischen Darstellungen macht es einem möglich tief einzutauchen, in diese fremden und doch bekannten Welten. Sympathische Charaktere gleich jeglicher Art, das Setting auf dem Raumschiff und den Planeten nimmt einen mit in Gujas abenteuerliche und gefährliche Reise.
Richtig großes Kino und ich freue mich schon, wenn es mit dieser Geschichte, in der Welt nach dem letzten Krieg, weitergeht.
Falls es jemand wagt, meinen vollen Vornamen auszusprechen, töte ich ihn.
Oder sie. Oder es. (Seite 9)
Rezension verfasst von © Kerstin