Rezension zu Meine Reisen mit Herodot von Ryszard Kapuscinski
Rezension zu "Meine Reisen mit Herodot" von Ryszard Kapuscinski
von Liisa
Rezension
Liisavor 17 Jahren
Meine Wahl für das erste Buch des Jahres 2006 fiel auf »Meine Reisen mit Herodot« von Ryszard Kapuscinski und das war eine gute Wahl. Herrlich wie der 1932 in Ostpolen geborene Ryszard Kapuscinski über seine ersten Reisen, seine Begegnung mit Herodots »Historien« plaudert und darüber, wie die Lektüre eben dieses Herodot ihn in seiner eigenen Wahrnehmung der Welt und des Reisens an sich beeinflusst hat. Da ist der junge Ryszard Kapuscinski, der sich danach sehnt einmal eine »Grenze zu überschreiten« (geographisch verstanden). Es würde ihm reichen, nur einen Fuß hinüber zu setzen. Er stellt sich dabei zum Beispiel die tschechische Grenze vor, doch dann wird er von der Zeitung, bei der er arbeitet mal eben nach Indien geschickt, ohne irgendwelche Vorbereitungen oder Vorstellungen, wie es dort zugeht. Ein Albtraum, der einem zukünftiges Reisen verleiden könnte, doch für ihn kommt alles anders. Mit Offenheit und Wissbegier, unverstellt von angelesenem Wissen nähert er sich Indien und seiner Kultur. Es folgt China und dann geht es weiter mit seinen Reisen rund um die Welt. Parallel dazu zitiert er immer wieder Abschnitte und Auszüge aus Herodots »Historien«, zieht Parallelen, hinterfragt eigene Erfahrungen und Beobachtungen. Was er berichtet, sind nicht die üblichen Allgemeinplätze in Reiseberichten, sondern kleine Begegnungen, Missgeschicke und Anekdoten. Wer kann schon davon berichten, dass er ein Konzert von Louis Armstrong in Khartoum besucht hat? Für mich gehört Ryszard Kapuscinski zu denen, die noch wissen, was Reisen wirklich bedeutet, die nicht einfach nur von Punkt zu Punkt jagen und touristische »Hot-Spots« abstreichen und glauben, weil sie in einem Land waren, auch dessen Kultur zu kennen. Ryszard Kapuscinski einer der letzten großen und wahren Reisenden und das ist zu einem Teil wohl auch seinem stillen Begleiter Herodot zu danken! Ein wunderbares Stück Reiseliteratur!