Cover des Buches Der Sodomit (ISBN: 9783944504131)
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Rezension zu Der Sodomit von S.B. Sasori

Ein Licht der Liebe im dunklen Mittelalter

von Meduza vor 10 Jahren

Rezension

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Meduzavor 10 Jahren
Mihály, Arzt im Dienste des Königs, forscht heimlich an Toten, um den Lebenden besser helfen zu können. Lebensgefährlich im Mittelalter. Er nimmt sich des jungen Josias an, zunächst aus medizinischem Interesse, um seinen Buckel zu heilen, doch bald kommen verdrängte Gefühle hinzu, die beide Männer in große Gefahr bringen.

Ungeschönt und detailreich zeichnet die Autorin ein realistisches Bild des Mittelalters. Da wimmeln Flöhe in den Bärten herum, Waschen gilt als ungesund, und die Gassen stinken vor Unrat. Während des Lesens plagte mich so mancher Juckreiz. Doch es ist nicht nur der äußerliche Schmutz, der mir buchstäblich unter die Haut ging. Die Intoleranz und der Hass gegenüber allem, was nicht der damaligen strengen gesellschaftlichen Norm entspricht, oft geboren aus Angst und Unwissenheit und von der Kirche gefördert, werden mit drastischen und daher treffenden Worten beschrieben und vermitteln ein lebendiges Bild einer dunklen Zeit.
Die Autorin hat sorgfältig recherchiert, verfällt jedoch an keiner Stelle in reinen Infodump, sondern verpackt die Kenntnisse in eine packende Handlung, ganz ohne erhobenen Zeigefinger und darum umso beklemmender. So werden Foltermethoden nicht nur beschrieben, sondern deren grausame Auswirkungen gezeigt. Das geht ans Eingemachte, doch niemals um des reißerischen Effektes willen, sondern immer passend und in die Handlung eingebunden. Meine anfängliche Befürchtung, das Weiterlesen könne mir bei gewissen Szenen unmöglich werden, bewahrheitete sich nicht. Ich habe mitgelitten, oft geschaudert und sehr oft wurde ich auch wütend, aber die Autorin hat die Gratwanderung zwischen dem eben noch Erträglichen und dem Unzumutbaren sehr gut gemeistert.

Die Brutalität des Lebens im Mittelalter wird immer wieder durchbrochen von der gefühlvollen, doch absolut nicht gefühlsduseligen Liebesgeschichte von Josias und Mihály.
Mit ihnen treffen zwei unterschiedliche Charaktere aufeinander. Beiden wurde im Leben übel mitgespielt, beide gehen auf ihre Art damit um. Es wird einfühlsam beschrieben, wie sie sich langsam näherkommen, sich ein gegenseitiges Geben und Nehmen entwickelt und Vertrauen in einer Zeit erblüht, in der Liebe Lebensgefahr bedeuten kann. Besonders fasziniert hat mich die Wandlung von Josias vom verspotteten Prügelknaben zum selbstbewussten Mann, der seinen Wert kennt und mit großer innerer und später auch äußerer Stärke nie aufhört, zu vertrauen und zu lieben. Sein unzerstörbarer Humor sorgte zusätzlich dafür, dass ich ihn sofort in mein Herz schloss und während des ganzen Romans um ihn bangte und mit ihm fühlte.
Auch die Nebenfiguren sind lebendig und gut beschrieben und haben bei mir oft starke Gefühle hervorgerufen. Ihre Handlungen konnte ich gut nachvollziehen, obwohl sie mich teilweise wütend und traurig machten.

Auch sprachlich hat mir der Roman sehr gut gefallen. Die oftmals derbe Wortwahl ist passend und bietet einen Kontrast zu den Passagen mit Josias, dessen Worte, Gedanken und Handlungen einige Male eine geradezu poetische Kraft entwickeln, die mich sehr berührt hat.

Absolute Leseempfehlung für diese packende Geschichte, die mitreißt und zum Nachdenken anregt.
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