Cover des Buches Das Mädchen im Strom (ISBN: 9783608962000)
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Rezension zu Das Mädchen im Strom von Sabine Bode

Konnte mich nicht wirklich mitreißen

von anushka vor 7 Jahren

Rezension

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anushkavor 7 Jahren
Mainz, 1930er Jahre: Gudrun Samuel, eine junge Jüdin aus gutem Haus ist ein echter Wildfang. Unerschrocken springt sie in den Rhein und schwimmt den Kohleschleppern hinterher. In Martin findet sie bald ihre erste Liebe und alles scheint perfekt. Doch die Nationalsozialisten sind an der Macht und nach anfänglichem Gutglauben werden die Repressalien immer unübersehbarer. Bald wird es gefährlich für Gudrun und Martin, sich zusammen zu zeigen. Und nachdem Gudrun schon mit einem Bein im Konzentrationslager stand, wird beschlossen, dass sie, wie so viele andere, Deutschland verlassen soll. Doch so einfach ist das nicht mehr; es gibt kaum noch Visa für jüdische Flüchtlinge.

"Das Mädchen im Strom" beleuchtet einen interessanten Aspekt der Flucht vieler Juden: die Fluchtroute über China. Auch hier werden Flüchtlinge kaum mit offenen Armen empfangen und der Arm der deutschen Regierung reicht weit. Gudrun muss sich allein und mit wenig Geld durchkämpfen. Für meinen Geschmack gelingt ihr das allerdings zu gut; Gudrun profitiert von vielen Zufällen, die sich irgendwann in einer unglaubwürdigen Zahl häufen. Auch findet die einstmals verwöhnte Tochter guten Hauses alle möglichen Wege, Geld zu verdienen, die ihrem Umfeld scheinbar nie im Traum eingefallen sind. Darüber hinaus zeigt sie Fertigkeiten und Kompetenzen ohne jemals irgendeine Ausbildung abgeschlossen zu haben, die es ihr mehrfach ermöglichen, ohne Startkapital eine selbständige Existenz aufzubauen.
Die Geschichte an sich ist durchaus interessant, aber im Genre der Weltkriegsromane bietet sie wenig neues. Hinzu kommt, dass die Geschichte mit einer großen Distanz und Sachlichkeit geschildert ist und auch Gudrun manchmal eine solch kühle Berechnung an den Tag legt, dass mir eigentlich keine der Figuren nahegegangen ist. Bei allen fehlte mir ein Mindestmaß an Emotionalität, die es mir ermöglicht hätte, mich hineinzudenken und mitzufühlen. Stattdessen fühlt man sich eher als Zuschauer einer sachlichen Berichterstattung. Zunächst hatte mich das Buch durchaus gepackt, aber unterwegs hat es mich dann doch verloren.
Hinzu kommt, dass die Geschichte auf 350 Seiten eine hohe Geschwindigkeit der Ereignisse (nicht unbedingt der Spannung) vorlegt. Von Gudruns erster Hochzeit erfährt man nur in einem Brief, den sie einer Freundin schreibt. Die Vorgeschichte fehlt völlig. Ähnlich verhält es sich mit vielen anderen Ereignissen. Gudruns Beweggründe und Gefühle dabei bleiben häufig auf der Strecke. Es ist, als wäre die Geschichte selbst ein reißender Strom. Nur leider wurde ich als Leser ab einem bestimmten Punkt am Ufer zurückgelassen, um es mir aus der Ferne anzuschauen, anstatt mitgerissen zu werden.

Leider lautet mein Fazit zu diesem Buch, dass es zwar schon einige interessante Punkte aufgreift, aber kein Buch ist, das man - meiner Meinung nach - unbedingt lesen sollte. Unter den Romanen zum zweiten Weltkrieg und der Judenverfolgung gibt es zahlreiche andere, die mich wesentlich stärker berührt haben.
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