Sabine Doering

 3,3 Sterne bei 135 Bewertungen

Lebenslauf

Sabine Doering, geb. 1961, war bis 2021 Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und von 2010 bis 2018 Präsidentin der internationalen Hölderlin-Gesellschaft. In dieser Zeit gab sie als Mitherausgeberin das Hölderlin-Jahrbuch sowie mehrere Sammelwerke zu Hölderlin heraus. Als Literaturkritikerin arbeitete sie über zwanzig Jahre vor allem für die FAZ. Veröffentlichungen u. a.: Unterwegs zu Hölderlin. Studien zu Werk und Poetik (mit Johann Kreuzer, 2015); Klassik. Geschichte und Begriff (mit Gerhard Schulz, 2003); »Aber was ist diß?« Formen und Funktionen der Frage in Hölderlins dichterischem Werk (1992).

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Sabine Doering

Neue Rezensionen zu Sabine Doering

Typisch Kleist

Die beiden Geschichten sind wohl einer der bekanntesten von Kleist. Dieser hat meistens ein etwas distanzierten Schreibstil, der es mir persönlich schwer macht der Geschichte zu folgen. Die Konjunktive sind einfach zu viele und die Personen sind sehr blass. Bei der Marquise von O. Kommt noch dazu, dass sie nichtmal richtige Namen haben.
Ansonsten sind die Geschichte teilweise etwas schräg und man muss genau lesen, da zwischen den Zeile viel verborgen ist und oft mancht alles auch nicht so wirklich Sinn, was wohl gewollt ist. Irgendwo ist es auch witzig, wenn die Situationen garnicht passen wollen, aber meinen Geschmack trifft es nicht.
Kleists Geschichten gehören nicht unbedingt zu meinen Lieblingsklassiker, obwohl sie an sich nicht schlecht sind. Persönlich können sie mich jedoch nicht überzeugen

Zwei Novellen, zweimal Drama

Ich musste beide Texte für die Uni lesen, und ich muss zugeben, es wären sonst auch nicht die ersten Texte, die ich freiwillig für meine Klassiker-Bildung lesen würde. Aber so kam es eben, dass ich sie doch aufschlug.

Zuerst einmal: "Die Marquise von O...." (Ja, vier Punkte, die Reclam-Ausgabe verschweigt das aber leider) und "Das Erdbeben in Chili" sind zwei Novellen, also zwei kurze Geschichten, in denen jeweils eine "unerhörte sich ereignete Begebenheit" vorkommt. Das ist aber auch alles, was die Geschichten vereint, sie sind einfach nur zusammen bei Reclam erschienen.

Es handelt sich um Klassiker, deshalb werde ich auch zur Wirkung und zum Ende der Handlung etwas sagen - SPOILER ALERT für den, den das stören könnte, und zwar für den Rest des Textes.

In der "Marquise von O...." geht es um genau diese junge Frau, die, bereits verwitwet, geschworen hat, nie wieder zu heiraten. Dann wird das Haus ihres Vaters, des Kommandanten, jedoch überfallen, und zwar von den Russen (die damals schon diesen Ruf von Vergewaltigern gehabt haben müssen, anders kann ich mir nicht erklären, dass ausgerechnet sie es sein sollen, wenn doch Armeen mehrerer Nationen um das Haus herum kämpfen).
Jedenfalls nehmen sie das Gebäude ein, dabei fällt Marquise Soldaten in die Hände. Sie entgeht der drohenden Vergewaltigung, als ein junger Graf sie rettet, ein Offizier, der sich seinen eigenen Leuten in den Weg stellt. Was dann passiert, als sie nach ihrer Rettung ohnmächtig wird, erzählt - oder, eben nicht, sondern verschweigt - daraufhin der wohl berühmteste Gedankenstrich der neueren deutschen Literaturgeschichte. 
Erst nach und nach stellt sich heraus, was passiert sein könnte - Marquise ist schwanger, der Graf wird rot, als die Soldaten, die Marquise eingekesselt hatten, erschossen werden. Er stellt sich allerdings erst auf eine Anzeige von ihr, in der sie verspricht, den Unbekannten, der der Vater ihres Kinder ist, zu heiraten, wenn der sich meldet. 
Da sie zuvor einen Heiratsantrag von ihm abgelehnt hat, ist sie erzürnt, als er sich zu erkennen gibt, heiratet ihn aber schließlich trotzdem, weil ihre Eltern sie dazu überreden. Erst nach zwei Jahren, die im Zeitraffer auf einer Seite erzählt werden, heiratet sie ihn dann erneut, und dieses Mal aus Liebe.

Das alles war gar nicht so schlecht erzählt, aber ich finde, die Botschaft passt einfach mal überhaupt nicht mehr in unsere Zeit. Heirate den Vater deines Kindes, wenn du in der Ohnmacht vergewaltigt worden bist, und irgendwann wirst du schon mit ihm glücklich? ... Irgendwie nicht. Der überraschende Feminismus in den Einstellungen ihres Vaters, der sie noch fragt, ob sie ihn heiraten will, als er ihr den ersten Antrag macht, ohne sich zu erkennen zu geben, ist tatsächlich überraschend fortschrittlich, für mich macht die allgemeine Lehre aus allem aber alles wieder zunichte.
Dass die Marquise (eigentlich heißt sie Julietta) sich auch noch die meiste Zeit über beschwert und vor sich hin leidet, macht die Lektüre nicht einfacher. Ein bisschen Rätselraten kann man am Anfang noch, dann hat man höchstens die Freude, abwechselnde Erzählmuster, zeitraffende und dehnende Passagen suchen zu dürfen.

"Das Erbeben in Chili" ist ähnlich hoffnungsvoll. Die Hauptpersonen sind Jeronimo und Josephe, zwei Liebende, die beide zum Tode verurteilt wurden (sie wurde ins Kloster gebracht, um ihm zu entgehen, als sie dann schwanger wurde, traf sie nach der Geburt das Urteil der Enthauptung, deshalb verurteilt er sich selbst und will sich erhängen). Dabei kommt ihnen allerdings etwas in die Quere, was eigentlich eine zweite Katastrophe ist - ein großes Erdbeben. In der allgemeinen Verwirrung geht Josephe unter, und Jeronimo hat das Glück, sie wiederzufinden. Außerdem finden sie sogar ihren gemeinsamen Sohn. 
Dieses Glück ist allerdings wieder ein doppeltes - und nach dem angesprochenen Muster muss es wieder ins Unglück führen. Bei einer Messe, die nach dem Erdbeben durch die verängstigten Menschen in beinahe anarchische Züge verfällt, wird Jeronimo erkannt. Zwar gibt sich Don Fernando, ein Familienvater, dessen Sohn nach dem Erdbeben einmal von Josephe gesäugt wurde, für ihn aus, doch als auch Josephe erkannt wird, entbrennt ein Kampf der Lynchjustiz. 
Jeronimo wird von seinem eigenen Vater erschlagen, Josephe stürzt sich in die Angreifer, um ihren Sohn zu retten. Don Fernando verteidigt seinen eigenen und den fremden Sohn, doch sein eigener Sohn wird erschlagen. Danach nimmt er den Sohn von Jeronimo und Josephe zu sich.

Die Erzähltaktik ist hier tatsächlich sehr interessant, weil viel aus Schock und mit Reizüberflutung erzählt wird, sodass Eindrücke wie ein Puzzle zusammengesetzt werden, was wirklich spannend ist.
Auch diese Erzählung setzt auf Dramatik. Zwar hat sie nicht so lange Zwischenpassagen wie die "Marquise von O...." und ist durch die vielen Action-Szenen am Ende auch bedeutend spannender, die guten Verhältnisse am Scheitelpunkt der Geschichte lassen aber wirklich sehr auf ein gutes Ende hoffen. Damit steht hier für mich die Tragik im Vordergrund, gerade, weil die beiden Liebenden letztendlich gar nicht beim Erdbeben starben, wie man vielleicht nur mit dem Titel vermuten wollte. 

Gespräche aus der Community

Bisher gibt es noch keine Gespräche aus der Community zum Buch. Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 240 Bibliotheken

auf 3 Merkzettel

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks