Beschreibung: Die Freiheitsrechte, Art. 1 bis Art. 19 GG, waren die Grundlagen für den Neuanfang eines demokratischen Lebens in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Das 70-jährige Jubiläum der Verabschiedung unseres Grundgesetzes nimmt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nun zum Anlass, sich mit der zunehmenden Gefahr des Abbaus dieser Grundrechte zu beschäftigen, und damit mit der aktuellen Gefährdung unserer Demokratie. Sie beschäftigt sich dabei nicht nur mit der Sicherheitspolitik, sondern auch mit den Gefahren durch Moderne Technologien, Big Data, der ungesicherten Datensammlung durch marktbeherrschende große Unternehmen, mögliche Gefahren durch soziale Medien und, nicht zuletzt, allzu naives oder angstgesteuertes Verhalten der Bürger selbst. Zur Autorin: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist uns als FDP-Politikerin, als ehemalige Justizministerin und als langjähriges Mitglied des Bundestages bekannt. Auch Nicht-Anhänger ihrer Partei zollten ihr großen Respekt, als sie 1995 aus Protest gegen den „großen Lauschangriff“ von ihrem Amt zurücktrat. Bis heute kämpft sie als stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und ist seit 2019 Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW. Ihr Buch ist ein großes Plädoyer, an Politik wie Bürger, für das dringend notwendige Einstehen für unsere Freiheitsrechte und die Verteidigung des Grundgesetzes und unserer Demokratie. Cover und Aufbau des Buches: Der grammatikalsch falsche Titel ihres Buches lehnt sich an den Film „Angst fressen Seele auf“ von Rainer Werner Faßbinder aus den siebziger Jahren an, der schon damals die Mechanismen der Unterdrückung von Minderheiten aus Angst vor dem „Fremden“ thematisierte und so Bezüge zur aktuellen Sicherheits- und Asylrechtsdebatte aufweist. Ob die Wahl dieses Titels so glücklich ist, wage ich zu bezweifeln, denn jüngeren Menschen sagt dieser Filmtitel wahrscheinlich nichts mehr, und leider sagt er auch nur zum Teil etwas über den Inhalt des Buches. (Neben den Gefahren durch die aktuelle Sicherheitsdebatte geht es der Autorin nämlich um mehr, Stichworte: Angst vor neuen Technologien und Zukunft, Big Data, Überwachung sämtlicher Kommunikationskanäle, veränderte Medienlandschaft, Europa usw., vor allem aber um einen handlungsfähigen Staat mit mündigen Bürgern, die ihre Freiheitsrechte schützen und gebrauchen.) Auch die farbliche Gestaltung in schwarz-weiß-rot-gold wirkt aus meiner Sicht nicht unpassend, aber etwas angestaubt, hausbacken. Ich hätte diesem Buch, das ich als sehr leidenschaftlich empfunden habe, eine lebendigere, jugendlichere Gestaltung gewünscht. Zum Inhalt: Der Aufbau des Buches besteht aus einem ausführlichen Inhaltsverzeichnis, Prolog, ersten Kapiteln mit einem Überblick über Entstehung und Zweck unserer Grundrechte, der Ausführung, in welcher Weise heutzutage diese Rechte bedroht sind, und schließlich Schlusswort und Anhang, der noch einmal das Grundgesetz im Originaltext sowie interessante „Anmerkungen“ und Quellenangaben enthält. Die Autorin hat dabei zahlreiche gut verständliche Beispiele und viele Bezüge zur aktuellen Politik, die sie auch Laien mittels einer klaren und angenehm zu lesenden Schreibe sehr anschaulich und engagiert vermittelt. Ihrer Meinung nach sind die klassischen Bürgerrechte gegenüber Sicherheitsbedenken und Wirtschaftsinteressen ins Hintertreffen geraten. Es ist schon seit Jahrzehnten so, dass der Staat, um angesichts von Terror seinen Aufgaben nachzukommen, in Grundrechte eingreift. Das wird aber nun dadurch, dass wir immer mehr Technologien, aber auch z.B. immer mehr Sicherheitsbehörden haben, die Daten sammeln, immer gefährlicher, denn die Möglichkeiten viel mehr über jeden einzelnen Bürger zu erfahren, sind ins Unendliche gewachsen, ohne dass Datensammlung je nachweislich eine Gefahr hätte abwenden können (, wie z.B. das Berliner Attentat leider beweist). Dazu kommen Unternehmensinteressen, Desinformationskampagnen, vor allem über soziale Medien, und ein öffentliches Bewusstsein, aus dem die Errungenschaften unseres Grundgesetzes verschwunden sind und die Risiken der neuen Technologie nach dem Motto „ich hab’ doch nichts zu verbergen“ zu oft ausgeblendet werden. Kenner der Materie könnten dem Buch vielleicht vorwerfen, nichts wesentlich Neues zu erzählen. Ich finde es aber beachtlich wie überzeugend und anschaulich Leutheusser-Schnarrenberger unsere Zukunftsthemen hier mit dem scheinbar in die Jahre gekommenen Grundgesetz verbindet, und den Leser überzeugt, dass er als Träger dieser Freiheitsrechte diese auch unbedingt wahrnehmen und verteidigen sollte. Sie erläutert – in keinster Weise langweilig – wie das Grundgesetz aus guten Gründen als Reaktion auf Nazi-Unrecht entstanden ist, und den Bürger auch, im Gegensatz zu anderen Verfassungen, explizit vor zu viel Staat schützen soll. Und dass zum Beispiel Terror nur dann funktioniert, wenn Politik sich von Angst bestimmen lässt. Sie möchte verhindern, dass Gradmesser politischen Handelns nicht mehr Gesetz und Verfassung, sondern immer mehr der Grad an Applaus und Zustimmung in sozialen Medien werden könnte. Aus ihrer Sicht haben sich unsere Grund-und Freiheitsrechte als Garant für Demokratie und eine offene Gesellschaft in den letzten 70 Jahren bewährt, und sollten nicht geschwächt werden, sondern vielmehr aktiv wieder in unserem Bewusstsein verankert werden. Ich kann nur sagen, dass die Autorin ihr Ziel in meinem Fall erreicht und mein Bewusstsein und meine Aufmerksamkeit neu fokussiert hat. Fazit: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist ein parteipolitisch neutrales, an der Freiheit orientiertes und wichtiges Buch im Sinne unserer Demokratie gelungen, das dazu beitragen kann, verschärftes Bewusstsein für unsere Bürger-Rechte und Motivation zur Gestaltung der Zukunft zu erlangen. Es ist eine gut fundierte Mahnung, uns um unsere Grundrechte zu kümmern. Zitat: „...wir brauchen einen neuen Grundrechtsstolz der Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen Verfassungspatrioten anstelle von Nationalisten. Niemand kann und darf sich mehr herausreden...Machen wir uns klar, was wir verlieren, wenn die Grundrechte schleichend ausgehöhlt werden. Wenn Angst die Freiheit isst.“ Ich würde mir wünschen, dass es viel gelesen wird, und vergebe gute vier Sterne.