Cover des Buches Der Sommer mit dem Erdbeermädchen (ISBN: B00DENYI3A)
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Rezension zu Der Sommer mit dem Erdbeermädchen von Sabine Ludwigs

Beklemmend und nachwirkend

von MiGu vor 5 Jahren

Kurzmeinung: Linas Schicksal ging mir so nahe, dass ich am Ende des Hörbuches erst einmal eine Weile brauchte, um die Geschichte zu verarbeiten.

Rezension

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MiGuvor 5 Jahren

Über den Inhalt
Als eines Tages Jan spurlos verschwindet, zerbricht seine Zwillingsschwester Lina innerlich.
Sie weigert sich beharrlich zu sprechen, mißtraut Erwachsenen und zieht sich völlig in sich zurück.
Nur Nick gelingt es, sich ihr zu nähern und ihr Vertrauen Stück für Stück zu gewinnen.
Doch hinter Linas schreckliches Geheimnis zu kommen ist gar nicht so leicht, dabei ahnt er, dass ihr etwas Grauenvolles zugestoßen sein muss.

Eindruck
In dieser sehr bewegenden und dramatischen Geschichte geht es um ein schwer traumatisiertes Mädchen, das bei Pflegeeltern lebt und einen Jungen, der versucht ihr Vertrauen zu gewinnen.
Wer nun glaubt, eine zarte Liebesgeschichte vorzufinden, der irrt sich gewaltig.
Statt dessen handelt es sich bei diesem Jugendroman um einen Krimi oder auch Thriller, der Stück für Stück seine furchtbare Tragik offenbart und den Zuhörer regelrecht in seinen Bann zieht.
Ahnt man schon früh, warum Lina schweigt und ihr Bruder verschwunden ist, ist man letztendlich doch sehr schockiert, als sich die grausame Wahrheit offenbart.
Zunächst sprachlich in leisen Tönen, dann immer lauter, lässt die Autorin teilhaben an Linas Trauma, ihren Gedanken und Ängsten.
Doch vor allem ist es Linas pure Verzweiflung, die berührt.
Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt.
Zum einen ist da Nick, dessen Eltern mit der Pflegefamilie befreundet sind und dessen Aufgabe es ist, sich Lina zu nähern und ihr Vertrauen zu gewinnen.
Ist man davon zunächst einmal etwas überrascht, wenn nicht sogar verwundert, so ist man doch vielleicht dankbar, dass ausgerechnet Nick dieses gelingt, da er sich ihr sehr behutsam und verantwortungsvoll nähert.
Die andere Perspektive wird von Lina erzählt, die verzweifelt an der Trauer, der Wut und die Angst die in ihr steckt.
Bis zum Schluss, als es zu einem sehr dramatischen Höhepunkt kommt, bleibt eine beklemmende Stimmung beim Zuhören erhalten.
Sie ließ zumindest in meinem Fall auch nach Beenden des Hörbuches nicht los und stimmte mich noch einige Stunden danach fassungslos und nachdenklich.

Die Figuren
Die Charaktere konnten mich zumindest in der Beschreibung von Lina und Nick überzeugen.
Lina sticht hier in meinen Augen besonders hervor, da ich mit ihr von den ersten Minuten an mitfühlen konnte und sie von Anfang bis Ende überzeugend wirkte.
An Nick bzw. seine verantwortungsvolle Aufgabe musste ich mich zugegebenermaßen erst einmal gewöhnen.
Seine Rolle musste erst einmal wachsen und sich entwickeln.
Kam sie mir anfangs etwas weit hergeholt vor, damit meine ich vor allem seine sehr reife und erwachsene Art, konnte ich sie ihm später abnehmen und zum Schluss sogar sympathisieren.
Doch die anderen Personen machten es mir etwas schwer. Ganz ehrlich, dass man völlig ahnungslos ist, was Linas Schweigen betrifft, fand ich etwas unglaubwürdig.
Auch das Ermittlerteam konnte mich in dieser Hinsicht einfach nicht überzeugen.
Hier hätte ich mir auch etwas mehr Details in den Charakteren von Linas Pflegeeltern und auch Nicks Eltern gewünscht.

Sprecher
Beate Müller besitzt eine junge, dynamische Stimme, die sehr gut zu Lina passt.
Sie passt ihre Stimme den Situationen an, was die beklemmende Atmosphäre teilweise noch verstärkt aber gleichzeitig auch die dramatischen brutalen Szenen noch verschlimmert.
Nur die männliche Stimme wenn sie Nick imitierte fand ich stellenweise nicht so gelungen.

Schreibstil/Erzählstil
Sabine Ludwigs beschreibt die Geschichte sehr jugendlich und nimmt sich jugendlichen Themen wie die erste Liebe an.
Auf der anderen Seite irritierte mich aber mitunter Nicks Ausdrucksweise.
Wirkt er einerseits sehr erwachsen, nennt er seine rot anlaufenden Ohren „Drachenohren“, was mich sein Alter betreffend etwas wunderte.
Sehr gelungen fand ich jedoch, wie behutsam die Autorin sich dem schrecklichen Verbrechen über das Lina schweigt, annähert.
Dann jedoch, lässt sie Lina klar und deutlich den Grund ihres Traumas beschreiben und konfrontiert den Leser und Zuhörer mit einem Verbrechen, dass mir in der Beschreibung sehr nahe gegangen ist und mich sehr schockierte.
Denn Lina erinnert sich irgendwann an den Tag als Jan verschwand und auch an den Grund.
Sie beschreibt bis ins kleinste Detail ihre Pein und ihren Schmerz.
Habe ich es bis dahin geahnt, brauchte ich danach erst einmal eine Weile um das gehörte zu verarbeiten, weil es mir so nahe ging.

Fazit
„Der Sommer mit dem Erdbeermädchen“ konnte mich zwar bis auf kleine Ausnahmen fesseln, war aber alles andere als „leichte Unterhaltung“.
Linas Schicksal ging mir so nahe, dass ich am Ende des Hörbuches erst einmal eine Weile brauchte, um die Geschichte zu verarbeiten.


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