Said Etris Hashemi ist ein Überlebender des rassistisch motivierten Anschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau. Sein Bruder Nesar hat es nicht überlebt, Freunde haben es nicht überlebt, Menschen, die helfen wollten, haben nicht überlebt. Es sind verschiedene Abschnitte, die hier in dem Buch erzählt werden, der Tag des Attentats, die Zeit vor dem Attentat, das Aufwachsen als Sohn afghanischer Geflüchteter, Tage des Untersuchungsausschusses. Durch die Zeitsprünge ist es leicht, das Buch in kleinen Etappen zu lesen. Jeden Tag hab ich kleine Portionen gelesen. Wichtiges Buch, um zu verstehen, warum die Angehörigen der Opfer für Aufklärung kämpfen, wie viele Fehler während und nach dem Attentat gemacht worden und warum die Angehörigen nach dem Ende des Untersuchungsausschusses nicht zufrieden sein können. Ich konnte absolut die Wut, Trauer und Machtlosigkeit nachempfinden. An manchen Stellen war ich fassungslos und konnte nicht glauben, was ich lese. Auch wenn das Buch teilweise etwas floskelhaft ist, ist es inhaltlich und erzählerisch gut und wichtig.
Said Etris Hashemi
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Said Etris Hashemi
Der Tag, an dem ich sterben sollte
Der Tag, an dem ich sterben sollte
Neue Rezensionen zu Said Etris Hashemi
Dieses Buch hat mich auf so vielen Ebenen berührt, es zeigt so sehr was hier falsch läuft.
Ich mag mir nicht anmaßen, die traumatischen Erlebnisse dieser Menschen zu bewerten. Deshalb werde ich es auch nicht machen, ich finde dieses Buch sollte jeder gelesen haben. Es zeigt wie viel schief läuft und wie viel sich noch ändern sollte. Ich war wirklich schockiert als ich alldas gelesen habe. Ich habe es in kleinen Etappen gelesen weil es richtig schwer zu ertragen ist. Aber diese Möglichkeit ist so privilegiert und diese Variante haben, die Menschen leider nicht. Ich danke, den Menschen die sich hier geöffnet haben und ihre Geschichte erzählen.... Ich danke Netgallery für das Rezi Exemplar welches meine Meinung nicht beeinflusst hat.
Said Etris Hashemi wächst, wie so viele Menschen mit Migrationshintergrund, mit genau diesem Stigmata auf, dass ihnen die Gesellschaft äußerst großzügig aufdrückt. Dieses "Anderssein" macht seine Familie, seine Freunde und seine Nachbar;innen automatisch zu Menschen, die nicht dazugehören. Aber warum ist das so ? Warum sieht niemand genau hin und erkennt, wie wertvoll jede/r Einzelne von ihnen ist, wie viel sie uns zu geben haben und was wir von Menschen aus anderen Kulturen noch lernen können.
Hashemi erzählt mit einer sehr sanften, aber eindrücklichen Stimme von seinem Leben im Block, von seinen Erfahrungen und der unendlich großen Zuwendung seiner Eltern, die ihren Kindern alles ermöglicht haben, obwohl das Geld eigentlich nie gereicht hat. Was viel wichtiger ist als Geld, ist Zuwendung und Bildung. Bildung öffnet Türen, die sonst verschlossen geblieben wären. Aber selbst in der Schule gelten Hashemi und seine Geschwister und Freund:innen immer wieder als Außenseiter:innen, denen meine keine Chance auf Bildung zugestanden wird.
Und dann kommt der 19.Februar 2020 - ein Tag, der alles bisher dagewesene verändert. Für immer. Narben und Wunden hinterlässt, die nie mehr verheilen . Ein rechtsextremer Attentäter schießt wie im Rausch um sich, löscht die Leben Unschuldiger aus und richtet sich danach selbst. Es sind Sekunden, die das Leben von Hashemi komplett aus der Bahn werfen.
In seinem Buch erzählt Hashemi von diesen schrecklichen Sekunden, lässt die Leser:innen die Todesangst und Panik fühlen, die wie Eis durch seine Adern kriecht . Es sind Szenen, die mir die Tränen in die Augen treiben und mich sprach- & fassungslos zurücklassen.
Der Autor versucht nach seiner Rekonvaleszenz eine lückenlose Aufklärung des Tathergangs zu erlangen, Antworten auf Fragen zu erhalten, die allen Betroffenen unter den Nägeln brennen, aber auch hier bleiben zunächst die Stimmen ungehört, werden sogar versucht vom Opfer in Täter umzuwandeln.
Es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die hier von Politik und Behörden, auch der Polizei, öffentlich gelebt wird. Doch Hashemi gibt nicht auf, lässt nicht locker und kämpft für Aufklärung und Gerechtigkeit. Seine Bemühungen finden endlich Anerkennung und seinen Weg dorthin schildert er in diesem Buch.
Er prangert Rassismus, Antisemitismus, Stigmatisierung und das bewusste Wegsehen an und gibt denjenigen eine Stimme, die leider für immer verstummt sind. Es bleibt so vieles im Gedächtnis, was Hashemi mit diesem Buch bewegt, aber am meisten beschäftigt die Frage, wie sich jemand fühlt, der gerade von einem Rechtsextremen bedroht, verfolgt und beschossen wird und nach Annahme des Notrufs weitere Rechtsextreme in Uniform auf der Matte stehen, um was eigentlich zu tun ?
Das Buch rüttelt wach, regt zum Nach- & Umdenken an und hält das Andenken und Erinnerung an die Opfer von Hanau wach.
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