Die Überschrift ist eigentlich zu freundlich formuliert, denn die Figuren in diesem Buch, das sich Roman schimpft, sind allesamt Idioten, Arschlöcher und oder Unsympathen. Von einer Liebesgeschichte kann man hier gar nicht sprechen, geschweige denn von spannenden Charakteren oder auch nur irgendeiner Story, der man kohärent folgen kann.
Denn die einzelnen Kapitel sind jedes Mal mehrere Monate voneinander entfernt. Die angebliche Liebesgeschichte von Marianne und Conell ist also nur in komplett zufällig ausgewählten Momenten in ihrem Leben beleuchtet, wobei wichtige Entwicklungen in einer kurzen Nacherzählung Platz finden. Beispielsweise sind sie am Ende eines Kapitels recht glücklich zusammen, nur um im nächsten Kapitel drei Monate später wieder getrennt zu sein und der Grund dafür wird einem erst im wieder nächsten Kapitel in einem kleinen Flashback erzählt. Ich als Leser bin dadurch jedes Mal aufs Neue verwirrt, was sich jetzt wieder geändert hat und kann mich so auf gar keine nachvollziehbare Geschichte einstellen.
Wenn es denn eine Geschichte gibt. Denn nicht nur, dass man scheinbar blind mit einem Dartpfeil auf die Zeitlinie geschossen hat, um uns diese Punkte der Geschichte zu erzählen, anstelle derjenigen, in denen wenigstens mal etwas passiert, ansonsten gibt es auch gar nicht viel, was erzählt werden kann. Das ist wohl auch der Grund, weshalb das Kochen eines Tees über mehrere Seiten hinweg fast ausführlicher beschrieben wird, als jede Trennung der beiden oder auch nur die körperliche Beschreibung der Charaktere.
Grundsätzlich fehlt auch das total. Beschreibung der Charaktere. Und damit meine ich nicht nur wie sie aussehen, auch ihre Eigenarten werden höchstens angerissen, so dass ich keine der Nebenfiguren auseinanderhalten kann und schon gar kein Gefühl für unsere Hauptfiguren erhalte. Höchstens, dass keiner sympathisch ist oder man sich gegenüber "Freunden" oder dem Partner wie ein Arschloch verhält. Nicht eine Interaktion zwischen Figuren trieft hier nicht vor Red Flags. Wenn im letzten Drittel die Figuren sich endlich mal weiterentwickeln und endlich mal etwas passiert, war es mir fast schon egal, beziehungsweise zu spät. Außerdem lernen die Figuren halt doch nichts, weil das Ende im Grunde wieder genauso aus der Mitte des Buches stammen könnte - es hat sich also doch nichts geändert.
Na gut, Figuren doof, Erzählweise der nicht vorhandenen Geschichte doof, kann der Schreibstil wenigstens was? Nö, denn die Male, in denen statt "sagt er" oder "sagte sie" ein anderes Verb verwendet wurde, kann ich an einer Hand abzählen. Niemand zeigt hier irgendwelche Emotionen, alles ist irgendwie dumpf und ohne Emotion beschrieben. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine Anführungszeichen gibt, so dass man mehrfach das Problem hat, nicht zu wissen, wer hier eigentlich spricht und ob das überhaupt gesprochen wird. Super Weg, die Leser immer wieder aus der Geschichte rauszuhauen. Die gelegentlichen "Sexszenen" sind auch das unerotischste, was ich je gelesen habe, da ist das Unterschreiben eines Bausparvertrages spannender und emotionaler.
Zwischendurch habe ich bei diesem Buch wirklich überlegt, ob ich einfach zu behütet aufgewachsen bin oder zu sehr in meiner eigenen kleinen Bubble lebe. Denn ich bekomme von keinem dieser Figuren das Gefühl, dass es sich um "normale" Menschen handelt. Das Buch geht über fünf Jahre und das sind junge Erwachsene, keine dummen Teenager, bei denen die Hormone verrückt spielen.
Dieses Buch ist einfach ein Anti-Buch, eine Anti-Liebesgeschichte. Denn mit großen schnultzigen Momenten und Gesten, Herzschmerz und triefender Romantik wäre ich klar gekommen - dann hätte ich wenigstens ETWAS gehabt. Gegen Ende scheint das ein wenig durch, auch die Charaktere scheinen endlich etwas zu lernen und ein paar wichtige Punkte werden ein wenig weiter ausgeführt - nur um dann wieder alles in die ursprüngliche Richtung laufen zu lassen, also ins belanglose Nichts. Spannung sucht man vergeblich, eine verständliche Geschichte, der man nicht nur durch zufällig gezeigte Punkte folgen kann, ebenso, denn das Wichtige findet alles Off-Screen statt.
Am Ende fragte ich mich, was die Autorin mir eigentlich erzählen wollte. Meine Zeit habe ich mit diesem Buch gründlich verschwendet und hätte ich es nicht mit meinem Buchclub gelesen (der mir durch begeisterte Mitleser zumindest interessante Gespräche geliefert hat, interessanter als das Buch jedenfalls) hätte ich es nach kurzer Zeit abgebrochen.