Leider konnte mich dieser Roman nicht überzeugen. Die geschichtsträchtigen Ereignisse bleiben meines Erachtens zu sehr im Hintergrund. Eine irrwitzige Familiengeschichte, die sich über Jahrzehnte und über den halben Subkontinent zieht, von Kaschmir über Bombay, Pakistan, nach Delhi und Back-to-Bom. Der Schreibstil hat mir auch nicht besonders gefallen - 2,5 Sterne
Salman Rushdie
Lebenslauf
Der unerschrockene Kämpfer: Sir Ahmed Salman Rushdie ist ein indisch-britischer Schriftsteller und gehört zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Literatur. Er wuchs zunächst in Mumbai auf, bis ihn sein Vater im Alter von vierzehn Jahren nach England schickte, wo er Geschichte am King´s College der University of Cambridge studierte. Bis er von seiner Tätigkeit als Schriftsteller leben konnte, arbeitete er am Theater, als freier Journalist und als Texter in der Werbung.
Sein erstes Buch „Grimus“ veröffentlichte Rushdie 1975, doch sein eigentlicher Durchbruch gelang ihm 1981 mit dem Werk „Mitternachtskinder“, für das er mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde. 2008 wird das Buch sogar zum „Best oft he Booker“, also zum besten Buch, das in den letzten 40 Jahren den Booker Prize gewonnen hatte, ernannt.
Sein bekanntestes Werk ist jedoch der Roman „Die satanischen Verse“. Darin wird unter anderem das Leben des Propheten Mohammed thematisiert, was der iranische Staatschef Chomeini als Gotteslästerung verurteilte und die Tötung des Schriftstellers forderte. Die Fatwa wurde jedoch von der Organisation der Islamischen Konferenz als illegal bezeichnet und von allen Mitgliedsstaaten abgelehnt, mit Ausnahme des Iran, wo die Fatwa bis heute gültig ist.
1999 wurde Rushdie für sein Lebenswerk von der Freien Universität Berlin sowie der Universität Lüttich mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet und 2008 von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. Heute lebt Rushdie in New York.
Alle Bücher von Salman Rushdie
Die satanischen Verse
Harun und das Meer der Geschichten
Mitternachtskinder
Des Mauren letzter Seufzer
Die bezaubernde Florentinerin
Golden House
Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte
Der Boden unter ihren Füßen
Videos zum Autor
Neue Rezensionen zu Salman Rushdie
Victory City ist der neueste Roman von Salman Rushdie, dem berühmten Booker-Preisträger und Kämpfer für die Meinungsfreiheit. Das Buch ist von einem untergegangenen Hindu-Reich im 14. Jahrhundert inspiriert, erzählt aber virtuos von unserer heutigen Welt: Warum läuft es so schief?1
Die Hauptfigur ist Pampa Kampana, eine neunjährige Waise, die von einer Göttin auserkoren wird, ihre menschliche Hülle und ihr Sprachrohr in die Welt zu sein. In ihrem Namen erschafft Pampa aus einer Handvoll Samen eine Stadt: Bisnaga - Victory City, das Wunder der Welt. Ihre große Aufgabe ist es, den Frauen in einer patriarchalen Welt eine gleichberechtigte Rolle zu geben. Aber die Schöpfungsgeschichte Bisnagas nimmt mehr und mehr ihren eigenen Lauf. Während die Jahre vergehen, Herrscher kommen und gehen, Schlachten gewonnen und verloren werden und sich Loyalitäten verschieben, ist das Leben von Pampa Kampana untrennbar mit dieser Stadt verbunden. Von ihrem Aufstieg zu einem Weltreich bis zu ihrem tragischen Fall.2
Rushdie verwebt in seinem Roman historische Fakten mit fantastischen Elementen, er spielt mit Sprache und Erzählformen, er reflektiert über Macht, Liebe und die Kraft des Erzählens. Er zeigt uns, wie wir durch Geschichten überleben, aber auch wie wir durch sie zerstört werden können. Er stellt uns die Frage, wie wir mit unserer eigenen Geschichte umgehen sollen: Sollen wir sie bewahren oder verändern? Sollen wir sie akzeptieren oder bekämpfen? Sollen wir sie erfinden oder entdecken?
Victory City ist ein eindrucksvoller Roman, der uns in eine andere Welt entführt, aber auch einen Spiegel vorhält. Es ist ein Buch voller Weisheit und Schönheit, aber auch voller Gewalt und Grausamkeit. Es ist ein Buch, das uns herausfordert und bereichert.
Rezension zu "Midnight's Children" von Salman Rushdie
Die erzählte Zeit dieses Romans umspannt die Jahre von 1915 bis 1978 - kurz darauf ist das Buch erschienen, also bis nah an die damalige Gegenwart. Inhaltlich geht es im weitesten Sinne um die wechselvolle Lebens- und Familiengeschichte des Saleem Sinai, Enkel eines muslimischen Arztes aus Kaschmir und Sohn eines Kaufmannes, der sich in Bombay niedergelassen hat.
Saleem wird exakt um Mitternacht am 15. August 1947 geboren, also just in dem Moment, in dem Indien seine Unabhängigkeit von der britischen Krone erlangt, und dieser wunderbare Zufall hat Konsequenzen. Denn der neugeborene Saleem als offiziell erstes Kind der Unabhängigkeit erlangt frühe Berühmtheit, Zeitungen berichten über seine Geburt und der neue Premierminister Nehru schickt den Eltern ein Glückwunschschreiben. Aber die Geburtsstunde hat weitere übernatürliche Konsequenzen: Saleem kann mit allen anderen Kindern Indiens, die in dieser ersten Stunde zur Welt kamen, telepathisch kommunizieren. Und diese 'Mitternachtskinder' sind ihrerseits mit den verschiedensten außergewöhnlichen Gaben gesegnet, umso ausgeprägter und wirkungsvoller, je näher ihre Geburtszeit an diese Minute Null um Mitternacht heranreicht.
Saleem wächst mit den Jahren in Bombay heran und gelangt zu der Überzeugung, dass sein persönliches Schicksal (und das seiner Familie) mit dem seines Landes direkt verknüpft ist, und in der Tat finden wir den Knaben (und später den jungen Mann) in nahezu alle bedeutenden Meilensteine der indischen (und pakistanischen) Nachkriegsgeschichte verwickelt: Der Sprachenstreit und die Neuordnung der indischen Staaten in den Fünfzigern, Militärputsche in Pakistan ein paar Jahre später, die indisch-pakistanischen Kriege um Kaschmir, der Tod Nehrus, die Unabhängigkeit Bangladeshs mit ihren unsagbaren Gräueln, die Notstandsregierung der späten Indira Gandhi.
Die Geschichte ist opulent erzählt mit vielen kleinen Begebenheiten, üppig und doch filigran, wie ein hinduistischer Tempel, der aus lauter kleinen Figuren geformt ist, die ein Gesamtbild ergeben, oder wie eines dieser kunstvoll verflochtenen Mosaike in den Moscheen der Mogulzeit.
Salman Rushdie, der dem Icherzähler die Stimme leiht, ist ein Wanderer zwischen Indien und Europa. Bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr ist er in Bombay aufgewachsen, dann kam er nach England und ging dort zur Schule und zur Universität und besuchte erst wieder als erwachsener Mann das Land seiner Vorfahren, dem er hier eine ebenso schräge wie ans Herz gehende Liebeserklärung macht. Von blinder Liebe kann keine Rede sein, Rushdie sieht die Probleme und Missstände, und die Mächtigen, die sie verantworten, bekommen allesamt ihr Fett weg: Die Briten, die Hals über Kopf abgezogen sind und den Subkontinent sich selbst überließen. Eine Mischung von höchst unterschiedlichen Völkern, Staaten, Sprachen, Religionen, die nur durch die britischen Kanonen zu einem Dominion zusammengepresst waren. Die Nationalisten, die Sprachpuristen, die religiösen Eiferer, die korrupten und die unfähigen Generäle, sie alle werden gnadenlos aufs Korn genommen.
Die Kritik hat 'Mitternachtskinder' im Magischen Realismus verortet. Das mag stimmen, aber es ist eben nur ein kleiner Teil des Zaubers, den das Buch versprüht. Vermutlich ist es Salman Rushdies literaturhistorisches Verdienst, erkannt zu haben, dass die Dekonstruktion der Postmoderne genau da anknüpft, wo die Geschichtenerzähler des Morgenlandes schon immer waren: Beim munteren Jonglieren zwischen den Erzählebenen, dem Eklektizismus von Zeiten und Perspektiven, den variablen Graden an Realität und Authentizität. Rushdie, der in Cambridge Geschichte studiert hat, der als Journalist und Werbetexter arbeitete, kommt mit seiner europäischen Leseerfahrung und der Weltliteratur im Rucksack ins Land der Fakire und Schlangenbeschwörer und durchmischt den Inhalt seines Handgepäck unbeschwert und ungeniert mit den traditionellen Motiven des Orients. Wie die Tänzer in einem Bollywoodfilm (auch die ein Thema in dem Buch, nur so am Rande) wirbelt er mit wallendem Gewand durch die Etagen, durchbricht die Wände, persifliert sich selbst und streut dabei singend seine bunten Blüten und Blätter!
Religionen spielen eine große Rolle - in dem Land und in dem Buch. Gleich zur Unabhängigkeit finden wir die Trennung in ein islamisches Pakistan und ein säkulares (aber hinduistisch geprägtes) Indien. Bombay ist ein Brennpunkt, in dem die unterschiedlichsten Glaubenspraktiken zusammenkommen. Es mangelt nicht an Gläubigen, an Wundern, an Mythen in diesem Buch; Kirchen, Tempel, Priester, Heilige, Zauberer, sie sind allgegenwärtig in Rushdies Indien. Und dennoch ist sein Saleem (und der Salman, der augenzwinkernd hinter ihm steht) nach meinem Eindruck ein zutiefst unreligiöser Mensch, den die letzten Fragen nach dem Woher und Wohin einen Dreck interessieren! Er (und die Menschen um ihn) brauchen keine Ewigkeit, sie sind vollauf beschäftigt, sich in der Verwinkelungen des Hier und Jetzt zurechtzufinden. Vielleicht liegt in dieser Haltung ja der tiefe Hass verwurzelt, den Rushdie seit jeher bei religiösen Eiferern auslöst, der ihm (nach seinen 'Satanischen Versen') das Todesurteil der Mullahs, Jahre in Verstecken und 2022 schließlich einen Messerangriff eines Islamisten beschert hat, der ihn das rechte Auge kostete.
Rushdie verwendet keinen erhobenen Zeigefinger. Seinem Helden Saleem wird der sogar (symbolträchtig, alles in diesem Buch ist symbolisch, allegorisch und mit doppeltem Boden versehen!) abgerissen. Und doch preist er die Buntheit und Vielfalt als Stärke der Kultur, spottet der Fanatiker und Partitionierer und Puristen - und legt ohne jede Belehrung (er würde sie als Erzähler doch nur wieder ironisch brechen) ein fulminantes Plädoyer für Toleranz und ein buntes Miteinander ab!
Gespräche aus der Community
Wir haben beschlossen in der INSIDER-Voting-Challenge zusammen "Golden House" von Salman Rushdie zu lesen.
Wir beginnen am 01.12.2017 und lassen uns bis zum Ende des Monats Zeit, um es zu beenden. Rezensieren ist keine Pflicht, aber bei der Challenge erhält man 1 Los dafür.
Jeder liest mit seinem eigenen Leseexemplar, es gibt kein Buch zu gewinnen!
Es kann natürlich jeder mitmachen, der Lust dazu hat, auch wenn er nicht bei der Challenge angemeldet ist.
Vielleicht könnt ihr ne kurze Info geben, wann ihr mit Lesen anfangen wollt. Danke.
Viel Spaß uns allen :)
Zusätzliche Informationen
Salman Rushdie wurde am 18. Juni 1947 in Mumbai (Indien) geboren.
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