Samuel Selvon

 3,7 Sterne bei 24 Bewertungen
Autor*in von Die Taugenichtse, The Lonely Londoners und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Samuel Selvon, 1923 in Trinidad geboren, schrieb erste Kurzgeschichten unter Pseudonymen wie Ack-Ack und Big Buffer. 1950 ging er nach London und avancierte zu einer international anerkannten literarischen Stimme. Mit seinem Roman Die Taugenichtse schuf er einen ganz eigenen, neuen Sound. Er schrieb TV-Drehbücher für die BBC und verließ London 1978 in Richtung Kanada. Er starb 1994 in Trinidad.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Samuel Selvon

Cover des Buches Die Taugenichtse (ISBN: 9783423281171)

Die Taugenichtse

(13)
Erschienen am 05.05.2017
Cover des Buches Eine hellere Sonne (ISBN: 9783423281928)

Eine hellere Sonne

(1)
Erschienen am 23.08.2019
Cover des Buches The Lonely Londoners (ISBN: 9780141188416)

The Lonely Londoners

(9)
Erschienen am 20.06.2011
Cover des Buches Die Taugenichtse (ISBN: 9783423431927)

Die Taugenichtse

(2)
Erschienen am 05.05.2017
Cover des Buches Moses Ascending (ISBN: 9780141189314)

Moses Ascending

(0)
Erschienen am 27.03.2008

Neue Rezensionen zu Samuel Selvon

Cover des Buches Die Taugenichtse (ISBN: 9783423281171)
PoeEA1809s avatar

Rezension zu "Die Taugenichtse" von Samuel Selvon

PoeEA1809
The Lonely Londoners

London, frühe 1950er Jahre. Erzählt wird vom Leben der ersten Einwanderer-Generation aus der Karibik. Moses, seit vielen Jahren bereits in London, frustriert davon, dass er sich immer abgerackert und trotzdem nichts gespart hat. Galahad, mit nichts als seinen Klamotten und seiner Zahnbürste in London angekommen, aber auch mit unerschütterlicher Zuversicht. Cap, der Schnorrer, der niemals arbeitet, aber stets mit den besten Zigaretten versorgt ist und nie ohne Frauen. Bart, der sich in eine weiße Engländerin verliebt, von deren Vater aber vor die Tür gesetzt wird. Five-Past-Twelve, der Trucker, „den hat mal jemand angeguckt und gesagt: ‚Junge, du bist ja schwarz wie die Mitternacht.‘ Nochmal hingeguckt …’Nee, das ist schon fünf nach Zwölf“, dessen größter Spass es ist, seinen Landsmann Harris, der gerne Partys der gehobenen Art veranstaltet, mit seiner lässigen Art auf die Palme zu bringen.

Mit viel Witz, v.a. Sprachwitz werden Episoden aus dem Leben dieser Einwanderer erzählt, die der bedrückenden Armut und dem allgegenwärtigen Rassismus einen unerschütterlichen Optimismus entgegen setzen. Um das Leben seiner Einwanderer-Landsleute authentisch darzustellen, hat der aus Trinidad stammende Autor, selbst 1950 nach England eingewandert, eine Kunstsprache entwickelt, in der er das karibische Mundart-Englisch seiner Landsleute dem korrekten Standard-Englisch angenähert hat. Eine schwierige Aufgabe für die Übersetzung ins Deutsche, in meinen Augen gut gelungen. 

Ein unterhaltsamer Klassiker der sich zu lesen lohnt.  

Cover des Buches Eine hellere Sonne (ISBN: 9783423281928)
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Rezension zu "Eine hellere Sonne" von Samuel Selvon

Buecherschmaus
Literatur aus Trinidad

Als Samuel Selvons erfolgreichster Roman „The lonely Londoners“ 2017 zum ersten Mal nach seinem Erscheinen 1956 in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Taugenichtse“ erschien, war das eine kleine Sensation und wurde von Feuilleton und Lesern gleichermaßen begeistert aufgenommen. Der aufgrund seiner Verwendung von kreolischem Straßenslang eigentlich als unübersetzbar geltende Text wurde von Miriam Mandelkow, die auch die Neuausgaben von James Baldwin grandios bearbeitet, in ein originelles Deutsch übertragen. Nun ist ebenfalls bei dtv Samuel der Debütroman von Samuel Selvon „Eine hellere Sonne“ erschienen – und ebenfalls sehr gelungen.

Der 1923 auf Trinidad geborene Selvon gilt neben V.S.Naipaul als zweiter großer Autor des Antillenstaats vor der Küste Venezuelas. Seit 1950 lebte er in London, später (ab 1978 bis zu seinem Tod 1994) in Kanada. Während er in „Lonely Londoners“ auf charmante und dennoch sozialkritische Art das Leben von karibischen Immigranten in der englischen Metropole beschrieb, spielt „Eine hellere Sonne“ noch auf Trinidad.

Hier beginnt es mit dem sechzehnjährigen Tiger, der von seinen aus Indien stammenden Eltern traditionsgemäß mit der jungen Urmilla verheiratet wird. Es ist das Jahr 1939, Großbritannien hat Deutschland gerade den Krieg erklärt und die beiden naiven Heranwachsenden werden mit einer Kuh in eine Hütte in Barataria, unweit der Inselhauptstadt Port of Spain, geschickt, um „eine Familie zu gründen“.

Das Trinidad der 1940er Jahre ist noch stark spätkolonial geprägt. Die Engländer haben das Sagen, geben gewisse Kompetenzen aber kriegsbedingt an die US-Streitkräfte ab, als die Bedrohungslage wächst. Die Gesellschaft ist stark von Rassen-, Klassen- und Geschlechtszugehörigkeit geprägt. Tiger und Urmilla stehen als „Kulis“, also als Inder, weit unten auf der sozialen Leiter. Tiger verdingt sich zunächst als Zuckerrohrschneider, später als Gemüsebauer. Ihre Nachbarn in Barataria sind Afrokreolen und bewohnen im Gegensatz zu Tiger und Urmilla keine Lehmhütte, sondern bereits ein gemauertes Haus. Joe arbeitet auf dem amerikanischen Stützpunkt und Rita ist eine lebenstüchtige, energische Frau, die Urmilla gleich in ihr Herz schließt und ihr viele Hilfestellungen für den Alltag gibt. Nicht zuletzt auch bei deren erster Entbindung.

Urmillas Kind ist „leider nur“ ein Mädchen. Wie sehr die trinidadische Gesellschaft patiarchal strukturiert war, wird sehr deutlich. Die absolute Unterordnung von Frauen war normal. Gewalt und Alkoholkonsum weitverbreitete Männlichkeitsideale, die beispielsweise auch von jugendlichen Tiger nicht hinterfragt werden.

Wirtschaftlich etwas bergauf geht es, als Tiger Arbeit beim Straßenbau erhält. Die US-Streitkräfte zogen im Norden der Insel einen Highway zwischen zwei ihrer Militärbasen. Und so wird „Eine hellere Sonne“ vom Bildungsroman auch zu einer Aufstiegsgeschichte. Denn Tiger entwickelt zunehmend Ehrgeiz, lernt lesen und schreiben, reicht am Ende gar eine Kurzgeschichte beim Trinidad Guardian ein.

Trotz der Rassen- und Klassenschranken existiert in Barataria eine multikulturelle Community. Die Weißen haben wie überall im Kolonialgebiet ihre Privilegien, geschäftstüchtige Chinesen wie Tall Boy führen die meisten Läden und Wäschereien, aber Selvon liegt daran, zu zeigen dass es mehr auf (auch interkulturelle) Netzwerke als auf stures Festhalten an traditionellen Zugehörigkeiten ankommt. Ganz geschickt beginnt Samuel Selvon seine Geschichte nur mit Tiger und Urmilla und lässt dann kapitelweise immer mehr von dieser Community dazukommen. So lernt man all diese nicht immer sympathischen, aber irgendwie doch liebenswerten Gestalten kennen.

Es ist eine Zeit des Umbruchs, der Modernisierungen auf Trinidad. Zu Beginn jedes Kapitels werden politische und wirtschaftliche Meldungen von Selvon zusammengefasst. Das ist gerade weil Trinidad literarisch für uns europäische Leser*innen ein eher unerschlossenes Gebiet ist, sehr hilfreich. Am Schluss ist der Krieg zu Ende. Für viele ist die Zeit der Migration gekommen. Die USA locken, auch Großbritannien. Für Tiger ist das Ende noch offen. Vielleicht wird er auch zu einem „Lonely Londoner“. Es gibt zumindest einen bereits 1960 übersetzten Roman namens „Turn again, Tiger“, der vielleicht eine Fortsetzung verspricht.

Es wäre schön, wenn da beim dtv-Verlag parallel zu der Widerentdeckung der Werke von James Baldwin auch eine kleine Selvon-Revival-Reihe anlaufen würde. Beide Autoren werden, wie gesagt, wunderbar von Miriam Mandelkow übertragen, die ein außergewöhnliches Gespür für die Schaffung von Entsprechungen sowohl für das Trinidadian Creole als auch für Baldwins Sprache besitzt. Da gibt es ungewöhnliche Satzkonstruktionen und originelle Wortneuschöpfungen, alles mit einem großen Gefühl für den Rhythmus und die Musikalität, die beide Autoren besaßen.

In „Eine hellere Sonne“ von Samuel Selvon kommt dadurch auf sehr überzeugende und keineswegs künstliche Art und Weise, das „Karibische“ hervor, dieses Schweben zwischen Elend/Verzweiflung und Lebensfreude/Spott. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich würde mich über weitere Übersetzungen sehr freuen.


Cover des Buches Die Taugenichtse (ISBN: 9783423281171)
Leseratte87s avatar

Rezension zu "Die Taugenichtse" von Samuel Selvon

Leseratte87
Ein wiederentdeckter Klassiker

Ab 1948 holt die britische Regierung billige Arbeitskräfte aus den karibischen Kolonien nach Großbritannien. Einer von ihnen ist Moses, der auch der Erzähler dieser Geschichte ist. Moses ist es gelungen, in London einigermaßen Fuß zu fassen und nun fühlt er sich verpflichtet, den vielen Neuankömmlingen sein Wissen weiterzugeben, obgleich er sich oft lieber um seine eigenen Angelegenheiten kümmern möchte, um endlich auf einen grünen Zweig zu kommen. Denn vom anfänglichen Optimismus bei seiner Ankunft in London ist mit den Jahren nicht besonders viel übrig geblieben. Trotzdem hilf er, wo er kann. Außerdem lernen wir einige weitere Zuwanderer kennen. Jeder von ihnen träumt von etwas anderem,  von der Rückkehr in die Heimat oder der Hochzeit mit einem weißen Mädchen, und sie alle eint, dass sie jeden Tag auf Neue um alles kämpfen müssen. Dem Autor gelingt es hervorragend, eine authentische Atmosphäre in diesem Buch zu schaffen, was vor allem an der Sprache liegt: Einer Pidginsprache, die sich aus der Muttersprache und dem Englischen zusammensetzt.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es ist großartig geschrieben und zeitlos und ich habe vor allem Moses ins Herz geschlossen, der immer da ist, um zu helfen.

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