Ein Buch, dass eher auf leisen Sohlen daherkommt. Wer einen Pageturner erwartet, ist hier sicher nicht richtig - für jemanden, der bereit ist, sich auf die menschliche, soziale und politische Situation damals einzulassen, bietet das Buch jedoch alles, was nötig ist, um sich in das Leben einer Krankenschwester im zweiten Weltkrieg einzufühlen. Die vermittelten Informationen wirken gut recherchiert und fundiert und ich hatte trotz des oft behandelten Themas zweiter Weltkrieg das Gefühl, durchaus nochmal Neues hinzuzulernen. Erschreckend fand ich beispielsweise den offenbar sehr gängigen Ge- bzw. Missbrauch von Pervitin, einer Droge, die die Leistungsfähigkeit steigert, aber auch emotionale und damit moralische Grenzen verschiebt. Obwohl der eine oder andere Schlenker in der Handlung sicher der Vermittlung von geschichtlicher Information dient, hatte ich nie das Gefühl, dass dies zulasten der Geschichte als solcher geht. Ein sehr gut geschriebenes Buch, eindringlich und anschaulich, an das ich mich sicher noch lange erinnern werde.
Sandra Jungen
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Hanna
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Der Roman „Hanna“ von Sandra Jungen ist mit dem Untertitel „Kriegsjahre einer Krankenschwester“ 2018 im Rhein-Mosel-Verlag erschienen.
Schon der Klappentext des Buches hat mich neugierig gemacht. Ich arbeite selbst als Krankenschwester und konnte es kaum erwarten Hannas Kriegsjahre mitzuerleben. Das Buch hat meine Erwartungen mehr als erfüllt. 1942 wird Hanna kurz nach ihrem Examen in die Krankenpflege der deutschen Wehrmacht eingegliedert. Als Frontschwester kämpft sie fortan um das Leben der Verwundeten. Sandra Jungen hat es geschafft Hannas Erfahrungen wirklich authentisch zu beschreiben. Vor allem die Beschreibungen des Luftkriegs haben mich mitgerissen und mitfühlen lassen. Die Tatsache, dass die Autorin im Buch die Geschichte ihrer eigenen Großmutter erzählt, macht das Leseerlebnis nur noch intensiver. Und nicht nur Kriegserlebnisse machen das Buch so lesenswert, sondern auch Hannas Entwicklung, die im Laufe der Geschichte lernt, der Propaganda nicht mehr zu glauben, sondern die Geschehnisse kritisch zu hinterfragen. Wären doch nur mehr von unseren Vorfahren wie Hanna gewesen, vielleicht hätte das Elend ein früheres Ende gefunden.
Aufmerksam wurde ich auf den Roman, weil die die beiden Romane „Heidelbeerkind“ und „Heidelbeerfrau“ von Marion Bischoff oft mit dem Roman „Hanna. Kriegsjahre einer Krankenschwester“ in Verbindung gebracht werden. Alle drei Romane stammen aus dem Rhein-Mosel-Verlag und es gibt tatsächlich viele Parallelen. Natürlich die Zeit – alle drei Romane spielen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, beide Protagonistinnen lebten in der Eifel, beide sind Mädchen aus dem Volk. Sie spielen zusammen wie Teilchen eines großen Puzzles, das irgendwann ein Gesamtbild über diese schreckliche Zeit gibt, wenn noch weitere Autor*innen, sich in dieser Qualität ihren Zeitzeugen widmen und deren Erlebnisse in Romanen verarbeiten.
Sandra Jungen hat in ihrem gründlich recherchierten Roman die Lebensgeschichte ihrer Großmutter erzählt, die tatsächlich den Zweiten Weltkrieg als Krankenschwester miterlebt hat. Es ist die Geschichte ihrer Großeltern, die nach dem Krieg geheiratet und sechs Kindern das Leben geschenkt haben und die Autorin hätte wunderbar eine Liebesgeschichte in Zeiten des Krieges draus machen können. Schnulzig, schmalzig und eine herbe Romantik durch die Kriegsszenerie. Das hat Sandra Jungen aber nicht getan. Im Gegenteil. Sie erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die hin- und hergerissen ist zwischen Richtig und Falsch, die ihren gesunden Hausverstand nicht verliert, auch wenn die Propaganda versucht, ihr Gehirn aufzuweichen, die ihren Weg geht, auch wenn sie weiß, dass sie unter Beobachtung steht, die ihr Bestes gibt, über ihre Grenzen geht und für andere da ist. Und trotzdem bleibt sie ein Mensch, der Gefühle, Sehnsüchte und Träume hat.
Etwas konstruiert sind für mich all die Begegnungen mit den Helden dieser Zeit. Mit dem Grafen von Stauffenberg soll die Großmutter der Autorin tatsächlich zusammengetroffen sein, die Beschreibung dieser Begegnung, ebenso wie die mit Hans Scholl, welche nie stattgefunden hat, ist meiner Meinung nach für die Geschichte überflüssig – stört aber auch nicht. Stationen wie die Heil- und Pflegestation Eglfing-Haar, wo im Zuge des Euthanasieprogramms viele Leben vernichtet wurden oder die Brutstätte für eine arische Rasse im Lebensbornheim in München liegen auf ihrem Weg und ein bisschen wirkt es so, als wolle die Autorin drauf zeigen und sagen: Das gab es auch noch.
Fazit
„Hanna – Kriegsjahre einer Krankenschwester“ ist ein Buch, das ein Stück Zeitgeschichte aufarbeitet – wieder aus einer für mich neuen Perspektive. Dass die Autorin einen persönlichen Bezug zu dieser Geschichte hat, schwingt in jedem Satz mit. Es ist eine ehrliche Geschichte, eine authentische und eine Geschichte, die die Schrecken des Krieges wieder auferstehen lässt, die für den, der mittendrin ist, zur Normalität werden. Lasst uns daran arbeiten, dass diese Zeit nie wiederkommt. Sandra Jungens Geschichte hat das mit dieser Geschichte getan. Danke!
Gespräche aus der Community
Das Deutsche Reich 1942: Kurz nach ihrem Examen wird Hanna in die Krankenpflege der Wehrmacht eingegliedert. Obwohl sie lieber bei ihrer Familie in der Eifel wäre, beugt sie sich dem Befehl und kämpft fortan als Frontschwester um das Leben der Verwundeten – ebenso wie um das eigene.
Nur mit knapper Not gelangt sie zurück nach Deutschland, wo sie in München den Luftkrieg in all seinen grausamen Facetten durchlebt und schließlich die harte Hand des Regimes am eigenen Leib erfahren muss.
Basierend auf den Erinnerungen ihrer Großmutter, Jahrgang 1922, die den Zweiten Weltkrieg als Krankenschwester erlebte, schildert Sandra Jungen die Geschichte einer jungen Frau, die ihre Zweifel an der NS-Ideologie viel zu lange verdrängt. Wie so viele in dieser Zeit.
Eine Leseprobe könnt Ihr Euch unter folgendem Link anschauen:
https://r-m-v.de/leseproben/684-leseprobe-hanna-kriegsjahre-einer-krankenschwester
Einen Buchtrailer gibt es ebenfalls:
https://www.youtube.com/watch?v=X0ag7KbDcbA
Ich bitte Euch, mir bei der Bewerbung eine Frage zu beantworten: Was glaubt Ihr: Haben die Leute damals wirklich "nichts gewusst", wie die meisten nach dem Krieg im Kollektiv behaupteten?
Bewerbungsschluss ist der 12.11.2018, nach der Verlosung gehen die Bücher auf die Reise zu den Gewinnern, und Start der Leserunde ist am 19.11.2018, an der ich selbst regelmäßig teilnehmen und Eure Fragen gerne beantworten will.
Jetzt freue mich aber erst einmal auf Eure Antworten, dann auf die Leserunde mit reger Beteiligung, und nach der Leserunde freue ich mich über erwünschte Rezensionen hier auf Lovelybooks und bei amazon.
Herzliche Grüße,
Eure Sandra Jungen
Zusätzliche Informationen
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