Sandra Nalepka

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Cover des Buches Wüstentaucher (ISBN: 9783293202825)

Rezension zu "Wüstentaucher" von Sven Lindqvist

Ein LovelyBooks-Nutzer
„Auf den Spuren von Dichtern, Träumern und Generälen.“

Die Wüste verübt eine gewisse Faszination auf mich aus. Vermutlich liegt es an den zahlreichen Abenteuerfilmen, die ich in meiner Kindheit und Jugend gesehen habe. Echte Abenteuer spielten sich immer in den afrikanischen Wüsten ab. Fremdenlegionäre, Schatzsucher, Mumien, Pyramiden, Oasen, Kamele, Beduinen und Nomaden, Kara Ben Nemsi und Laurence von Arabien.

Und immer, wenn sich mal die Möglichkeit ergibt, tauche ich gerne wieder in diese Kindheitserinnerungen ab. Progressive Regression könnte man es auch nennen. Sven Lindqvist bietet dazu wieder einmal die Möglichkeit. Der Wüstentaucher ist eine luzide Erzählung, die zwischen autobiografischer Reiseerzählung, Spurensuche und philosophieren hin und her schwingt. Das wird vermutlich nicht jedem gefallen, ich finde diesen Stil sehr erfrischend. Mit Lindqvist begebe ich mich auf die Spuren der großen Träumer und Abenteurer Antoine de Saint-Exupéry, Michel Vieuchange, Eugène Fromentin, Pierre Loti, Isabelle Eberhardt oder André Gide. Es ist somit auch eine Reise durch die Literatur.

Dabei ist die Geschichte Afrikas und damit auch die Geschichte der Wüste sicherlich keine romantische Geschichte. Und man muss sich auch Gewahr werden, dass die europäische Sicht auf die Wüste vor allem ein kolonialer Blick ist. Die französischen Eroberer warfen die Leichen der Ermordeten in die überlebenswichtigen Brunnen, die sie damit vergifteten. Der Rassismus ist der ewige Begleiter. „Sie waren Kinder ihrer Zeit. Die einen dachten es, die anderen taten es. Und es war nicht das erste Mal, bei weitem nicht. Die Geschichte des Imperialismus ist ein Brunnen voller Leichen.“

Es ist diese Kombination aus Wüstenreise, Abenteuer und gleichzeitig der Bewusstmachung des kolonialen Blicks, des Blicks des Eroberers und Mörders, die die Europäer lange waren und häufig heute noch sind. „‘Die Reise ist eine Tür, durch die man die bekannte Wirklichkeit verläßt und eine andere, unerforschte Wirklichkeit betritt, die dem Traume gleicht‘, schreibt Maupassant in seinen Reiseschilderungen aus Algerien. Ja, die Wirklichkeit der Kolonien funktionierte wie die des Traumes. Niemand hatte die französischen Offiziere gebeten, Laghouat oder Zaatcha zu erobern. Noch weniger hatte man die Soldaten darum gebeten, die Bevölkerung zu massakrieren. Niemand zwang sie dazu. Nein, es reichte daß, niemand sie hinderte. Sie bekamen ganz einfach die Gelegenheit, der sie nicht widerstehen konnten.“

Eine Liebeserklärung an die Wüste, eine Auseinandersetzung mit seinen Kindheitsträumen und mit seinen Klischeebildern von Afrika, bedeutet immer auch eine Konfrontation mit dem Erbe des Kolonialismus. Man kann sich nicht an Saint-Ex erfreuen ohne sich der Grausamkeiten und der Selbstherrlichkeit der Kolonien zu vergegenwärtigen.

Lindqvist gelingt all das in einer unaufgeregten Weise. Man reist mit ihm durch die Wüste, durch die Zeit und durch die Literatur. Es ist eine erwachsenere Reise als zu meiner Kindheit. Und dennoch ist es eine wunderbare Reise.

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