Cover des Buches Die Gästeliste (ISBN: 9783736302402)
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Rezension zu Die Gästeliste von Sanne Averbeck

Die Kehrseite der Social Media...

von parden vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Die Kehrseite der Social Media - das Internet vergisst nichts! Spannender Thriller um öffentliche Meinungsmache...

Rezension

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pardenvor 8 Jahren
DIE KEHRSEITE DER SOCIAL MEDIA...

Es erfordert viel Disziplin und Fingerspitzengefühl, um sich in der Welt der Social Media ganz an die Spitze zu katapultieren. Carola Martins jedenfalls ist auf dem besten Weg dahin. Blog, Facebook & Co. haben ihr dazu verholfen, sich einen Namen zu machen, und so bekommt sie lukrative Aufträge von Firmen, schmeißt gefragte Partys und ist ein gern gesehener Gast bei wichtigen Events. Stets auf ein makelloses Auftreten bedacht, zeigt Carola immer nur die glatte Fassade und führt ein skandalfreies Leben - no Sex and Drugs and Rock'n'Roll, jedenfalls nichts, was irgendjemand mitbekommen könnte. Selbst aus ihrer Wohnung hat Carola alles Persönliche verbannt, Fotos, Tagebücher oder sonstige persönliche Aufzeichnungen sucht man hier vergebens.

Denn Carola weiß um die Macht des Wissens. Sie selbst sammelt jede verfügbare Information über die Menschen, mit denen sie es zu tun bekommt, und führt darüber akribisch Buch. 'Die Gästeliste', wie Carola die Informationssammlung auch nennt, steht im Ruf, auch brisantes Wissen zu bergen - und schon lange gibt es Neugierige, die nur zu gerne einmal einen Blick darauf werfen würden. Doch nicht einmal Carolas einzige Vertraute und Freundin aus Kindertagen, Bianca, weiß um diese Details. Dafür verfolgt diese bewundernd Carolas Geschick, sich zielbewusst in den Social Media zu bewegen - subtil gibt das It-Girl nicht nur vor, wer oder was gerade angesagt ist, sondern manipuliert auch geschickt die Meinungsbildung der Follower, so dass selbst Neider ihrem Nimbus nicht wirklich etwas anhaben können.


"Carola ist bewundernswert zielstrebig. Wenn Sie ihr etwas vorwerfen wollen, dann nur, dass sie verstanden hat, wie das Spiel läuft. Alle, die hier sind, netzwerken und versuchen, sich Vorteile zu verschaffen. Carola hat dieses System perfektioniert." (S. 181)


Doch in dieses empfindlich austarierte Gefüge bricht plötzlich eine Folge ungewöhnlicher Todesfälle. Alle scheinen mit Carola zu tun zu haben, und bald schon beginnt ihr Stern zu fallen. Immer weniger Menschen suchen ihre Nähe, die Aufträge von Firmen bleiben aus, und auch die Meinungsäußerungen im Netz lassen nach - niemand will mehr in den Fokus des immer grausamer agierenden Mörders geraten. Doch wer steckt hinter den Taten? Und was ist sein Motiv?

Hinter dem Pseudonym Sanne Averbeck steckt die Autorin Sonja Rüther, von der ich bereits einige Bücher gelesen habe. Und aus Erfahrung weiß ich, dass man sich bei ihren Werken stets auf Überraschungen gefasst machen muss. Geschickt lenkt die Autorin hier den Verdacht des Lesers auf bestimmte Akteure, und gerade, wenn man denkt, der Lösung nahe gekommen zu sein, stellt man fest, dass Sonja Rüther einen genau da haben wollte. Da hilft dann nur Grinsen oder Kopfschütteln - und eben Weiterlesen.


"In einer Welt, die Virtualität und Realität verschmelzen lässt, gelten andere Gesetze - strengere Gesetze (...) Wer heute ein König ist, kann schon morgen mit faulen Worthülsen beworfen werden. Und Sicherheit ist nur ein Mouseclick vom Untergang entfernt. (Lydia Raymond, Sozialwissenschaftlerin, Philosophie der virtuellen Macht)" (S. 5)


Aus wechselnder Perspektive von Carola und ihrer besten Freundin Bianca wird dieser Thriller erzählt, wodurch der Leser stets auf dem selben Wissensstand ist wie die beiden. Den Abschnitten vorangestellt ist oftmals ein Zitat der angeblichen Sozialwissenschaftlerin Lydia Raymond zu dem Bereich der virtuellen Welten (s.o.) - im Rahmen der Leserunde stellte sich heraus, dass diese Person der Fantasie von Sonja Rüther entsprungen ist, und dass es der Autorin ein großes Vergnügen bereitet hat, Statements zum Thema Social Media auf diese Art auszudrücken. Durch den wiederholten Einschub an Screenshots von Diskussionen auf Facebook gewinnt das geschilderte Geschehen zusätzlich an Authentizität. Insgesamt erscheint der Thriller durch die Verknüpfung dieser stilistischen Mittel ansprechend und geschickt konzipiert, was mir gut gefallen hat.

Die Mischung aus spannender Unterhaltung einerseits und kritischen Gedanken zum Umgang mit den Sozialen Medien andererseits finde ich sehr gelungen. Dass es hier für mich nicht zu fünf Sternen reichte, liegt an ein paar Kleinigkeiten - auch wenn dies eher 'Jammern' auf hohem Niveau ist. Fehlende Sympathieträger, einige Längen in der zweiten Hälfte des Buches und kaum Informationen zum Täterhintergrund sind Minuspunkte, die verschmerzbar sind, die aber durch den ständigen Wechsel hinsichtlich der Vermutung, wer denn nun der Täter ist, auch fast wieder wettgemacht werden.

Insgesamt einmal mehr eine spannende Lektüre aus der Feder Sonja Rüthers, die diesmal ein Pseudonym gewählt hat. Immer gerne mehr davon!


© Parden
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