Rezension zu "Possessions" von Sara Flannery Murphy
"Ich öffne die Augen, setze den Becher an und schlucke den Lotos hinunter. Im nächsten Moment bin ich weg." (S. 33)
Seit 5 Jahren arbeitet die 30jährige Eurydice (Edie) schon als Körper bei der "Elysischen Gesellschaft" und ermöglicht dort trauernden Angehörigen die Begegnung mit ihren geliebten Verstorbenen. Eines Tages erhält sie einen neuen Klienten: Patrick Braddock, dessen Frau Sylvia vor 1,5 Jahren unter mysteriösen Umständen ertrunken ist. Schon bald gerät Edie in einen gefährlichen Strudel aus Besessenheit, Lügen und dunklen Geheimnissen.
"Possessions - Liebe bis ins Jenseits" ist das Debüt der amerikanischen Autorin Sara Flannery Murphy. Der Klappentext sprach mich sofort an, denn für Mystery und Ghost Storys aller Art bin ich immer zu begeistern. Leider hat mich die Umsetzung hier weitestgehend enttäuscht.
Einzig die Idee hinter der "Elysischen Gesellschaft" fand ich faszinierend. Mit den Toten zu kommunizieren, mit jemandem, der einem lieb und teuer war - das wäre für viele Menschen bestimmt ein großer Trost, auch wenn es durch einen fremden Körper geschieht und nur kurze Zeit anhält.
Doch der Körperverleih mit Hilfe sogenannter Lotospillen birgt auch große Gefahren in sich, was Edie bald zu spüren bekommt. Bislang lebte sie ein unscheinbares Leben, einsam, distanziert, ohne Freunde. Das ändert sich schlagartig, als sie Patrick kennenlernt und für ihn zu Sylvia wird. Nicht nur, dass ihre Verbindung zum Geist Sylvia ungewöhnlich stark ist und die Grenzen zwischen ihren beiden Persönlichkeiten bald verschwimmen, auch von deren Ehe wird sie immer besessener. Was ist damals am See wirklich passiert? Warum musste Sylvia sterben? Ein weiterer Mordfall gibt zudem viele Rätsel auf. Auf der Suche nach Antworten riskiert Edie einiges, doch auch sie verbirgt ein Geheimnis.
Das klingt alles recht spannend, ist es aber nicht. Die Geschichte konnte mich einfach nicht packen, was vor allem am sehr distanzierten und nüchternen Schreibstil im Präsens lag. Hier werden überhaupt keine Emotionen transportiert, trotz des zentralen Trauerthemas. Einige Passagen habe ich sogar direkt übersprungen, ohne etwas zu verpassen und wollte zwischenzeitlich fast schon abbrechen. Selbst die am Ende enthüllten Geheimnisse sind wenig spektakulär, teilweise vorhersehbar und irgendwie merkwürdig.
Auch die Protagonisten wirken auf mich sehr unsympathisch, blass und nicht wirklich greifbar. Edies unverständliches Verhalten empfand ich zudem nicht nur als Besessenheit, sondern als regelrechtes Stalking und die ständige Erwähnung ihrer Lippenstiftfarbe nervte, auch wenn sie in Zusammenhang mit Sylvia steht.
Das ganze Drumherum, die Schauplätze und die Hintergründe werden auch nur sehr vage beschrieben. Kann z.B. jeder ein Medium werden? Seit wann gibt es die Lotospillen? Was passiert danach, wenn der Geist den Körper übernommen hat? Gerade diese interessante Phase wird erst sehr spät mal näher beleuchtet und viele Fragen bleiben bis zum Ende offen.
Insgesamt kann ich daher "Possessions - Liebe bis ins Jenseits" nicht empfehlen. Die Idee ist durchaus originell, doch es mangelt an Gefühlen, Sympathieträgern, Spannung und näheren Erklärungen. Deshalb nur 2 Sterne von mir.