Auf über 500 Seiten berichtet Sarah Bradford hier über das Leben von Queen Elizabeth, präsentiert Hintergründe und eine gute Mischung aus persönlichen und öffentlichen Aspekten. Da das Buch 1996 erschien, wird natürlich auch nur die Zeit bis dahin abgedeckt. Die Autorin schreibt in einem gut zu lesenden Stil und präsentiert ihr Thema lebendig. Ab und an verliert sie sich in ausführlichen Aufzählungen, gerade von Namen, und neigt öfter zu Wiederholungen, aber dies tut dem Lesevergnügen nur bedingt Abbruch.
Zu Beginn führt sie uns kurz zurück bis in die Zeit Queen Victorias und bereitet so anschaulich den Boden für eine Beschreibung des HIntergrundes vieler Entwicklungen in der Königsfamilie und der Monarchie. So kann man auch Charakteristika und Verhaltensweisen der heutigen Queen viel besser einordnen und verstehen. Es gelingt Sarah Bradford gut, die Mitglieder der Königsfamilie im Buch wiederauferstehen zu lassen, es sind nicht nur bloße, aus dem Geschichtsunterricht bekannte Namen, sondern man sieht Queen Elizabeths Ahnen richtig vor sich. Das erste Viertel des Buches mit diesem historischen Überblick, der Geschichte der Abdankung Edwards VIII, den Ängsten von George VI, der Kriegsjahre und Thronbesteigung von Queen Elizabeth ist der interessanteste Teil. Ich habe bisher noch in keinem Buch eine so gute Erläuterung der Charaktere und den sie prägenden Erfahrungen gefunden.
Im gesamten Buch wird gut dargestellt, wie schwierig es für Mitglieder der Königsfamilie war, auch nur einen Hauch des normalen Lebens außerhalb der royalen Welt mitzubekommen. Die Erfahrungen der heutigen Queen als junge Prinzessin zur Kriegszeit beim Dienst im ATS sind exemplarisch. Trotz ihres echten Interesses am Kontakt mit den anderen jungen Frauen ihrer ATS-Gruppe blieb die unsichtbare Mauer und die Unüberwindbarkeit ihrer speziellen Stellung. Ihren Kindern reicht dies später sogar in der Schule teils zum Nachteil, wenn Schulkameraden ihnen fernbleiben, um nicht in den Verdacht zu geraten, sich beim royalen Mitschüler einschmeicheln zu wollen. Auch die Grenzen und Zwänge, denen die Queen und ihr Familie unterworfen sind, werden anschaulich beschrieben.
Der Blick der Autorin auf die Queen ist wohlwollend, aber nicht gänzlich unkritisch, was überwiegend für eine angenehme Objektivität sorgt. Es ist auch interessant, von der Schüchternheit und manchmal Unsicherheit dieser so souverän auftretenden Königin zu erfahren, auch bestätigt zu finden, daß sie gegenüber ihren Angestellten echte Aufmerksamkeit und Höflichkeit zeigt (was ihre Kinder laut dem Buch beschämend vermissen lassen). Das Pflichtbewußtsein, das Queen Elizabeth schon von einem frühen Alter durchdrungen hat, den Respekt, den sie ihrer Aufgabe und Rolle entgegenbringt, dies wird hier sehr gut beschrieben. Als ich sie 2015 in Frankfurt in der Paulskirche sah, war ich beeindruckt, wie agil und zugänglich die zu der Zeit 89Jährige war, wie freundlich und humorvoll sie mit uns sprach - keine Spur von Arroganz oder Dünkel. Diese Einstellung ist im Buch hervorragend dargestellt.
Bei manchen Behauptungen oder Aussagen, die sehr privat sind, hätte ich eine Quellenangabe angemessen gefunden, denn man fragt sich doch, woher die Autorin hier ihr Wissen nimmt.
Der letzte Teil des Buches geht etwas weg von der Queen zu ihren Nachkommen und den zwei egozentrischen Schwiegertöchtern, die Anfang der 90er die Monarchie zu einer beschämenden Seifenoper machten. Erfreulich, daß Sarah Bradford sich nicht in die unkritische Betrachtung und unnötige Idolisierung der hochmanipulativen Diana einreiht (aber auch die Fehler des Königshauses nicht verschweigt).
Der Gegensatz zum Pflichtbewußtsein der Queen und ihres Vaters wird in diesem Teil des Buches besonders deutlich, aber auch die Parallelen zum leichtfertigen Edward VIII und Edward VII werden gezogen. So bekommt man in diesem Buch nicht nur eine Biographie von Queen Elizabeth, sondern auch einen Überblick über mehrere Generationen der Königsfamilie, der Zeitströmungen und Veränderungen.