Mit Wohlwollen habe ich entdeckt, dass Sarah Sprinz auch ein Pseudonym hat, mit dem sie schreibt: Sarah Heine. Beim Mira Taschenbuch Verlag bringt sie unter diesem Namen die Trilogie „Feels like“ heraus. So sehr ich mich in die Autorin und ihren Schreibstil verguckt habe, ich hatte von Beginn an meine Bedenken bei diesem Buch, denn es handelt sich um den ersten Band einer fortlaufenden Geschichte. Ich habe da schon meine Erfahrungen gemacht und wurde zumeist enttäuscht. Trotzdem ließ ich mich gern auf die Geschichte ein und schluckte meine Vorurteile hinunter.
Dieses Buch ist ein wahres Überraschungs-Ei. Ich gebe zu, am Anfang war ich gar nicht begeistert: Eine Geschichte, die sich über drei Bände zieht, Standort Berlin und dann der Anschein einer New Adult Geschichte, wie sie eben immer so ist – gut, aber nicht überragend oder besonders. Aber dann kommt der Turn und nichts ist mehr wie es war. Es ist so unheimlich gut! Der Aufbau und die kleinen Hinweise sind so was von gut platziert, dass mich die Autorin wirklich an der Nase herumführen konnte! In einem Moment lese ich eine New Adult Geschichte, ganz süß, ganz nett, ganz leicht und im nächsten Moment bin ich mittendrin in der emotionalsten Greys Anatomy Folge ever! So überraschend, so gut! Diese Emotionen! Diese Beschreibungen! Es ist der Hammer. Ich habe alles gefühlt, alles verstanden und alles nachvollzogen. Mein Gefühlshaushalt wurde einmal durch den Fleischwolf gedreht und mit dem Holzhammer weichgeklopft. Ich bin total beeindruckt von diesem Schreibstil. Sehr detailliert, sehr genau und vor allem sehr einfühlsam und gefühlvoll. Sarah Heine hat nicht nur Ahnung von Medizin, sondern definitiv auch von der deutschen Sprache!
Mila ist Medizinstudentin und muss die Uni wechseln, da in München alle Plätze belegt sind. Sie kommt nach Berlin, wo auch ihr Bruder lebt und arbeitet. Durch ihn kommt sie schnell an eine Wohnung, doch die Mitbewohnerin ist gewöhnungsbedürftig. Alessa hat einen guten Freund, mit dem sie auch mal was hatte: Leonardo. Gemeinsam arbeiten sie an einem Modelabel, doch die Luft zwischen beiden ist dick. Mila stolpert mitten hinein in eine schwierige Beziehung und verliert dann auch noch ihr Herz. Dabei hat sies auch sonst nicht einfach. Ihr fällt es schwer, Anschluss zu finden. Sie wirkt auf mich sehr jung und unerfahren, was aber sehr stimmig ist für eine Figur Anfang zwanzig, die das wohl schwerste studiert, was man so studieren kann. Zu Leo spürt sie eine Verbindung, weshalb sich die zwei sehr schnell sehr nahekommen. Sie ist unheimlich süß und ein bisschen wie ein unsicheres Reh, doch durch ihre Beziehung zu Leo und die Freundschaft zu seinen Freunden wird sie mutiger. Außerdem schlägt sie sich tapfer durch ihr Studium. Große Stärke beweist sie beim großen Turn der Geschichte. Ich bin beeindruckt, wie sie mit der Situation umgeht, denn ich glaube, dass das nach so kurzer Zeit nicht selbstverständlich ist. Vielleicht ist das auch ein bisschen unrealistisch, aber ich möchte gerne glauben, das Liebe in so kurzer Zeit so tiefe Wurzeln schlagen kann.
Leo ist fantastisch. Seine Charakterzeichnung ist grandios, seine Entwicklungen, die Andeutungen, die zum Showdown führen, seine Gefühls- und Gedankenwelt… Mein Gott, was habe ich gelitten. Chapeau an die Autorin! Das ist richtig, richtig guter Stoff. So etwas eindringliches und gleichzeitig beklemmendes, schönes und schreckliches habe ich, glaube ich, noch nie gelesen. Ich konnte mich voll und ganz hineinfühlen. Ich war genauso geschockt und genauso überfordert. Leo ist so ein kreativer junger Mann, mit einem großen Talent für Mode und dabei auch noch charmant, mitfühlend, aber leider auch ziemlich masochistisch veranlagt, denn er verlangt sich viel ab: das Studium, das Label, der Job als Kellner, Vorbereitungen für die Fashion Week… Der ganze Stress kann nicht gesund sein. Dazu kommt eine Kindheit, die auch nicht gerade einfach war; mit einem alkoholkranken Vater und einer Drückeberger Mutter. Er hat einen Bruder und einer Schwester und die Geschwister versuchen zusammenzuhalten, doch die Situation ist für alle nicht einfach. Seine Vergangenheit hat tiefe Wunden hinterlassen und Dämonen zurückelassen, und doch lässt er sich voll und ganz auf Mila ein. Das ist (zumindest für solche Romane) eher untypisch, aber ein starker Charakterzug. Leo ist ein wirklich beeindruckender Mann und was das Schicksal mit ihm treibt, ist einfach nur mega beschissen!
Die Nebenfiguren sind auch allesamt sehr gut gelungen. Das ist mir ja auch schon bei den „What if“-Büchern aufgefallen. Sehr charismatisch, nicht überzeichnet. Alessa nervt ganz schön, aber trotzdem gefällt sie mir in ihrer Rolle als Gegenspielerin.
Die Autorin hat meine absolute Hochachtung verdient. Emotionen so zu beschreiben, dass sie sich so echt und fühlbar anfühlen, das ist der Hammer. Ganz ganz großes Tennis! Ich bin wirklich tief beeindruckt und sehr eingenommen von der Geschichte und muss nochmal wiederholen: Das hätte ich absolut nicht erwartet. Eine super durchdachte Handlung mit absolut keinem leichten Thema und dann wählt die Autorin auch wirklich nicht den einfachsten Weg, um die Dramatik, Romantik und das Gefühl à la Greys Anatomy und Das Schicksal ist ein mieser Verräter heraufzubeschwören. Bei mir hat sie genau die richtigen Knöpfe gedrückt und sie ist definitiv eine neue Lieblingsautorin!