Ein Igel hatte sich in einem Netz verfangen, das bei der gedankenlosen Autorin noch im Garten lag, weil es vorher den Teich schützen sollte. Es gehört im Herbst weggeräumt, damit eben genau so etwas nicht passiert.
Nicht nur damit dokumentiert die Autorin ihren gelegentlich fehlenden Sachverstand. Der Igel landete schließlich im "Igelkrankenhaus" und wurde dort wieder fit gemacht. Nebenbei liegt noch der Vater der Autorin im Sterben, und es ist Corona-Zeit. Keine gute Mischung. Aber muss man daraus nun ein "Igeltagebuch" machen? Vermutlich nur, wenn man sich entweder ablenken oder unbedingt ein Buch schreiben muss.
Wenn man an der kulturhistorischen Rolle und Bedeutung des Igels teilhaben möchte, dann sollte man es vielleicht lesen. Ansonsten leidet der Text an der Vermenschlichung dieses Tieres. Es hat halt ein niedliches Gesicht und deshalb scheinen manche Zeitgenossen den ganzen Quatsch zu glauben, den Intellektuelle über den Igel verbreiten. Ich kenne diese Tiere sehr gut, weil sie meinen Garten oft besuchen und ich schon manchmal nach dem verfrühten Erwachen aus dem Winterschlaf wieder warm eingepackt in die Natur entlassen habe.
Igel sind stinkende kleine stachlige Schweine und obendrein ziemlich dämlich. Sie laufen beispielsweise immer wieder täglich in die gleiche Marderfalle, während der Marder sich vermutlich köstlich amüsiert. Für die Autorin sind Igel dagegen etwas ganz Besonderes. Dachse hingegen nicht. Im Gegenteil: Weil sie Igel knacken und fressen können, stehen sie auf ihrer Schurkenliste ganz weit oben. Wer so denkt, offenbart nur sein naives Gemüt. Alles gehört zur Natur, nicht nur ausgewählte vermenschlichte Wesen.
Kurz gesagt: Das Buch ist weder interessant, noch lehrreich. Vielmehr offenbart es eine schräge Sichtweise auf die Natur, die allerdings nicht selten zu sein scheint.
Sarah Sands
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Quelle: Verlag / vlb
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Das Igel-Tagebuch
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Sarah Sands findet in ihrem Garten einen Igel, den sie in eine Igelauffangstation bringt. Die Sorge um das Überleben des Igels verbindet sich mit der Sorge um den pflegebedürftigen Vater. Im Grunde stehen diese beiden Geschichten "nebeneinander". Es wird viel über die Versorgung von Igeln berichtet, der Umgang mit ihnen als Wildtiere und die Möglichkeiten, wie diese Tiere zu schützen sind. Fast nebenbei stirbt der Vater im Pflegeheim. Die Passagen über das Sterben des Vaters und die Trauer hinterher, haben mich nicht überzeugt. Es wirkt alles sehr nüchtern und diestanziert. Ich hätte mir mehr verbindende Elemente gewünscht. Möglicherweise verliert diese biographische Geschichte durch die Übersetzung den sprachlichen Charme.
Habtisch ist das Buch sehr ansprechend mit hochwertigem Einband und Papier. Das Titelbild und die Buchgestaltung sind ausgsprochen schön.
Das Igel-Tagebuch ist kein Roman, sondern ein sehr persönliches essayistisches Buch der BBC-Journalistin Sarah Sands über die britische Kulturgeschichte des Stacheltiers, gepaart mit einem langsamen Abschiednehmen von dem Vater der Autorin. Es ist eine Erkundungstour und ein langsames Kennenlernen - was macht die Tiere aus und was machen Igel mit den Menschen? Sie selbst findet ein verletztes Stacheltier - Peggy - just zu jener Zeit, als ihr Vater ins Krankenhaus kommt. Nachdem sie das Tier gerettet hat, beginnt sie, sich intensiver mit seiner Art und seiner Kulturgeschichte zu beschäftigen. Sie wird dabei sehr oft philosophisch, auch gesellschaftskritisch und es ist erstaunlich, wie oft sich unterschiedliche Menschen schon literarisch mit dem Stacheltier auseinandergesetzt haben, wie es uns Sands wissen lässt. Augenscheinlich ist jedenfalls: Brit:innen lieben Igel, das Tier nimmt auf der Insel eine ganz besondere Rolle ein und viele Dörfer und Städte haben es sich in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, das bedrohte Stacheltier zu retten, indem sie ihre Gärten igelfreundlich gestalten und ihr Wissen mit großer Leidenschaft weitergeben.
Neben dem Igel ist aber das langsame Abschiednehmen von Sands Vater ein zweiter Erzählstrang. Persönlich, aber doch recht nüchtern, nimmt sie uns mit in den einsetzenden Trauerprozess, der mit dem Abschiednehmen des Vergänglichen beginnt. Schnell ist die Aufmerksamkeit aber wieder auf die kleinen Wildtiere im Garten gelenkt, denn die Natur schafft es ihr Trost zu spenden. Nur die Dachse, natürliche Feinde der Igel, kommen in dem Erzählten gar nicht gut weg und das, obwohl der Mensch ihre größte Gefahr darstellt. Kritisch anmerken kann man auch, dass das wuselige Wesen in seiner Kulturgeschichte oft allzu vermenschlicht wurde und die Autorin das fortsetzt, was aber eben auch menschlich ist und der Art keinen Schaden anrichtet.
Mein Fazit: Das Igel-Tagebuch ist ein besonderes, essayistisches Buch über die Kulturgeschichte der Igel in Großbritannien. Die Autorin verknüpft Wissen über das Stacheltier mit philosophischen und gesellschaftskritischen Gedanken und nutzt die gefundene Nähe zur Natur, um den Abschied von ihrem Vater zu verarbeiten. Es ist ein ruhiges und lehrreiches Buch mit britisches Flair, das erklärt, weshalb der Igel etwas Schützenswertes ist, auch wenn es in einigen Teilen zur Vermenschlichung tendiert.
Gespräche aus der Community
Im Rahmen dieser Aktion suchen wir 35 Leser*innen, die Lust haben »Das Igel-Tagebuch« von Sarah Sands zu lesen und bis zum 17. November 2024 zu rezensieren (sowohl hier als auch auf mindestens drei weiteren Plattformen).
Jetzt bin ich endlich auch zum Lesen gekommen. Danke, dass ich dabei sein durfte. Rezi erfolgt zeitnah.
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