Cover des Buches Fünf Kopeken (ISBN: 9783847905356)
Rezension zu Fünf Kopeken von Sarah Stricker

Tiefgründig und bewegend auf sehr groteske Art

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Auf sehr groteske Art: tiefgründig und bewegend. Eine Herausforderung für den Leser. Wirst du es durchstehen?

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 10 Jahren
„Fünf Kopeken“ ist der Debütroman der Journalisten Sarah Stricker. In ihm offenbart die im Sterbebett liegende Mutter der Ich-Erzählerin ihrer Tochter ihre Lebensgeschichte. Immer wieder erwähnt diese ihre Hässlichkeit und Intelligenz. Doch konnte man sie wirklich hässlich nennen, war sie wahrhaft unfehlbar?

Natürlich nicht! Auch sie hat ihre Fehler und die größten machte sie in der Liebe. Das ehrgeizige, lerneifrige und tüchtige Mehrfachtalent, dass sie war, wollte sich der Liebe nicht erübrigen und war unfähig mit ihr umzugehen, als sie sie überkam. Als sie gerade eine einigermaßen beständige Beziehung zu ihrem Freund Arno pflegt, dessen Liebe sie nicht erwidern kann verliebt sie sich in einen zufällig getroffenen Ukrainer Alex. Von diesem Zeitpunkt an fängt sie an sich völlig irrational zu benehmen und riskiert dabei nicht nur Arno zu verlieren, sondern auch Alex, der für sie die große Liebe ist, seiner Seiten aber auf der Gefühlsebene abweisend bleibt.
Die Konstruktion die Lebensgeschichte der , durch das Erzählen des auf dem Sterbebett liegenden Protagonisten an das Kind zu vermitteln wird häufig bei Romanen gewählt. Auch ist es üblich, dass die „tragische Liebesgeschichte“ dabei den größten Teil einnimmt. Somit ist der Aufbau und die Geschichte selbst nichts besonderes.
Das Besondere ist erst die Sprache, denn sie lässt die Geschichte durch den von Stricker in der wörtlichen Rede stark verwendeten pfälzischen Dialekt, Umgangssprache, Russisch und Englisch, lebendig wirken. Auch scheut die Autorin nicht davor mit Empfindungslauten (wie Ähä, Äm, Mm ect.), Elipsen und langen, durch Kommas getrennten Sätzen zu schreiben. Dadurch wird einiges ganz deutlich, während anders schwer verständlich ist. Dieser besondere Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig und erweckt eine zum Roman passende deprimierende Stimmung. Er ist wie gesagt einzigartig, aber von der vom Verlag angepriesene Fähigkeit Strickers Hässlichkeit schön zu schreiben ist keine Spur. Vielmehr passt sich der Schreibstil der Geschichte an und bringt dem Leser die Hässlichkeit, Hektik, Ausweglosigkeit und Sterilität nahe.
Der Titel bleibt bis kurz vorm Ende ein spannendes Geheimnis. Wer zuerst vermutet, die fünf Kopeken , mit denen zur Zeit der Sowjetunion eine Metrofahrt bezahlt werden konnte, würden auf die U-Bahn Fahrt verweisen, auf der die Mutter Alex getroffen hat liegt falsch. Die Offenbarung ist in eine in dem Roman ausnahmsweise mal schöne Überraschung.

Ich würde „Fünf Kopeken“ letztendlich als ein Kunstwerk an sich bezeichnen, nicht aber als ein wahres, schönes Kunstwerk, sondern als ein hässliches, abstraktes Kunstwerk. Als eines vor dem man sich hinstellt, weil es einen anlockt und versucht seine Tiefen zu ergründen. Doch um dies zu können muss man in die Achterbahn, als die man den Roman, wegen der Emotionalität bezeichnen könnte einsteigen. Und wenn die Fahrt vorbei ist wünscht man sich man hätte nicht so tief geschaut, denn das was dort ganz unten liegt ist Schmerz. Nimmt „Fünf Kopeken“ also nicht leichthin in die Hand; es ist mit sehr emotionalen und teilweise auch sehr weisen Stellen geschmückt. Es wird eure Gedanken anregen, ganz gleich wie sehr ihr euch über die trübe Stimmung ärgert, die Stricker vermittelt.
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