Eine augenzwinkernde Liebeserklärung
Was tun, wenn man bereits als 6jähriges Kind sich in französische Backwaren unsterblich verliebt hat (mitsamt dem Zimmermädchen des Hotels) und auch bei späteren Besuchen staunend in Paris die große, weite Welt bewunderte, alle Daten zum Eiffelturm auswendig gelernt hatte (zum allgemeinen Generve der Eltern) und dann das Angebot bekommt, als Auslandskorrespondent einer Zeitung in Paris Quartier zu nehmen?
Sofort die Umzugkisten packen.
Und dann die Stadt an der Seine von Innen her kennen lernen und ein höchst vergnügliches Buch darüber schreiben. Ein Buch, dass trotz der vielfachen schrulligen, schmutzigen, kreativen und merkwürdigen Wahrheiten über Paris und „den Pariser“ (genau, jene Einwohner der Stadt, die entweder Fremde nicht kennen lernen wollen, weil sie untereinander bereits aneinander genug haben oder die Fremde nicht kennenlernen wollen, weil es sonst so schiene, als würden sie nicht genügend Pariser kennen und das wäre uncool, eine Todsünde für den Pariser), trotz all der Merkwürdigkeiten, die dem Leser im Buch begegnen, eine Liebeserklärung an die Stadt, die Bewohner und das Leben in Paris darstellen.
Das ganze in ironischer Sprache mit vielen Überspitzungen und einer gehörigen Portion Humor verpackt und auf den Weg gebracht. Begleitet von „Monamour“, denn der Korrespondent ist nicht alleine in der Stadt seiner Wahl, sondern muss auch versuchen, seiner Lebensgefährtin die Vorzüge nahe zu bringen. Was gar nicht so einfach ist angesichts von der Wand fallender Waschbecken im Wohnzimmer, eines für die Ewigkeit verlegten, unglaublich hässlichen Teppichs und der Forderung des Schlüsseldienstes, für 580 € in der Sylvesternacht die Tür wieder zu öffnen (nicht „Monamour“ war Schuld daran, dass das Paar sich ausgesperrt hatte, Monamour aber rettet die Situation auf letztlich typisch französische Weise im finanziell erschwinglichen Rahmen).
Der Leser begleitet den Autor in den vielfachen Betrachtungen. Taxifahren in Paris? Kaum, da Taxifahrer Kunden gegenüber äußerst misstrauisch gegenüberstehen und lieber alleine mit ihren Taxis durch Paris fahren. Mit den viel zu wenig Taxis für die große Stadt, aber auch das hat seine Gründe. Oder die Bedienung der Bahnautomaten, die leichte Ungeduld der Bäcker bei entscheidungsschwachen Kunden, die Sylvesterbräuche, die eher an Pennälerstreiche erinnern oder die verzweifelte Suche nach einem Ort, das geliehene Fahrrad wieder zurückgeben zu können.
Wissenwertes legt der Autor auch über die Geschichte der Stadt vor, die Entstehung von Plätzen, des Eiffelturms und die Besonderheiten der „Peripherique“, erste Station jedes Paris Besuchers, der mit dem Auto anreist.
Auf Dauer ist der Sprachstil des ständigen gedrechselten Humors ein wenig anstrengend, weniger wäre hier mehr gewesen, selten aber hat ein Buch so umfassend über so viele Alltäglichkeiten des „gallischen“ Lebens in Paris Auskunft erstattet und gerade in den vielen Brüchen dieses alltäglichen Lebens und der großen Breite und Vielfalt des multikulturellen Lebens in Paris Akzente gesetzt. Verbunden mit spürbarer Wehmut, wie viel des alten Charmes von Paris mehr und mehr verloren geht durch die Errungenschaften n der „modernen Welt“ (Aufbackbaguettes statt frischer Backware). Verbleiben wird sicherlich noch lange die Kreativität der Pariser Klempner und, vor allem, die Vielfalt des echten, Pariser Lebens.