Rezension zu "Realitätsschock" von Sascha Lobo
Ich mag den Stil von Lobo – er verbindet sachliche Information mit dem angebrachten Nachdruck. Es ist sprachlich auf den Punkt und mit Witz (gerne auch mal trocken oder sarkastisch).
Lobo ist übrigens einer der wenigen Menschen bei denen Sarkasmus in Schriftform immer funktioniert.
Außerdem hat der Humor die Funktioniert, dass man nicht durchdreht – das Geschilderte ist nicht selten doch recht krass und kann einen ziemlich runter ziehen die Erkenntnis, dass es sogar noch ein wenig schlechter steht, als man ohnehin schon dachte.
Wenn man dann denkt „alles klar, ich gehe einfach nicht mehr vor die Tür“, kommt ein Witz um die Ecke und zieht einen aus die Depression.
Trotzdem habe ich immer nur ein Kapitel auf einmal gelesen, weil man das gelesene einfach mal sacken lassen muss und manches lässt sich nur schwerlich schlucken – der Titel ist da gut gewählt.
Manchmal ist man geneigt den Glauben an die Menschheit zu verlieren – nicht dass das der Job des Autors gewesen wäre, aber hier und da hätte ich mir fast schon eine Art Anleitung gewünscht, was man denn als Einzelperson tun an.
Obwohl ich mich mit den meisten Themen bereits auseinander gesetzt hatte, habe ich neuen Inputt erhalten – Zahlen, Infos die mir neu waren.
Es gibt übrigens eine Homepage zum Buch, auf der u.a. alle Links zu den Quellen sind, auf die Lobo sich in seinen Aussagen stützt.
Die Themen sind sehr vielseitig und hängen doch irgendwie zusammen. Gemeinsamer Nenner ist z.B. die Digitalisierung – natürlich Lobo ist schließlich auch „unser aller digitaler Vater“, wie es Sophie Passmann mal sagte (bzw. schrieb).
Die Themen die einen erwarten sind: Klima, Migration, Integration, Rechtsruck, China, künstliche Intelligenz, Gesundheit, Soziale Medien, Wirtschaft, die Jugend und einem geheimen Kapitel.
Ich halte Sascha Lobo für einen sehr intelligenten und reflektierten Menschen. Das bildet sich sowohl in seinen Vorträgen, Kolumnen, Podcast oder in diesem Buch ab.
Was man ihm aber schon vorhalten muss ist, dass er (natürlich) aus einer privilegierten Bubble heraus spricht, mit stark digitaler Brille, die manchmal auch etwas blind macht.
Wenn er z.B. schreibt, dass „Flexibilität“ früher das kapitalistische Schreckgespenst an den Arbeitnehmer meinte als verfügbare Verschiebemasse, heute aber eine Forderung an die Unternehmen sei – muss vermutlich jeder AN aus dem Einzelhandel mal kurz trocken lachen.
In den Spären in denen Lobe verkehrt, mag das anders aussehen – Stichwort Bubble.
Nichts desto trotz kann man viele Erkenntnisse und Denkanstöße aus dem Buch mitnehmen. Es bietet einen eine Möglichkeit der Interpretation des Geschehens um uns herum.