Dass Krypto-Währungen jemals die Wall Street erschütterten, ist ein Gerücht, dass lediglich aufmerksamkeitssüchtige Journalisten, zu denen offenbar auch Mr Roberts gehört, erfunden haben. Ob der Bitcoin nun Geld ist oder nicht, ist wohl Ansichtssache. Feststellen kann man lediglich, dass der innere Wert eines Bitcoins gleich Null ist. Damit gleicht er jedem Papiergeld, auch wenn er nicht beliebig vermehrt werden kann.
Der Bitcoin besitzt jedoch einen gewissen Kultstatus, und hinter dieser Krypto-Währung stehen auch Fans, deren Verhalten sektenhafte Züge trägt. Früher einmal konnten nur Nerds mit diesem "Geld" etwas anfangen. Inzwischen ist es erheblich handelbarer geworden. Es existieren Futures und andere finanztechnische Instrumente, die auch einen indirekten Handel mit Bitcoins ermöglichen. Man kann den Bitcoin inzwischen auch shorten, also auf fallende Kurse im Verhältnis zum Dollar setzen.
Einen großen Anteil daran hat auch die Bitcoin-Börse Coinbase, um deren Geschichte es in diesem Buch geht. Die hinter dem einstmaligen Start-up stehende Idee war einfach: Ganz normale Menschen sollten die Möglichkeit bekommen, Bitcoin ohne große Probleme kaufen und verkaufen zu können. Sie sollten sich keine Sorgen mehr machen müssen, wo sie die Schlüssel zu ihren Coins speichern und wie das ganze technische Drumherum funktioniert.
Allerdings steht diese Idee in keinem guten Verhältnis zum ursprünglichen Gedankengut des Bitcoin-Schöpfers. Vielmehr ist sie in den Augen der Fans von Nakamoto ein fürchterliches Sakrileg. Entsprechend rüde wurde Coinbase von ihnen angegangen. Die Geschichte von Coinbase ist selbstverständlich eng mit der Entwicklung des Bitcoins und späterer Kryptowährungen verbunden. Von den meisten Nachgeburten ist allerdings nicht viel übrig geblieben. Mit der Erfindung einer Krypto-Währung kann man viel Kohle machen und andere ausnehmen, was untrennbar mit den religiösen Verwirrungen und der Gier gewisser Menschen zusammenhängt. Einen kleinen Eindruck davon bekommt man beim Lesen dieses Buches, auch wenn dies nur Randnotizen in ihm sind.
Neben den Bitcoin-Fanatikern bekamen es die Gründer von Coinbase auch mit den verschiedenen US-Behörden zu tun, die sich anfangs nicht einigen konnten, was der Bitcoin eigentlich ist. Eine Währung? Ein Besitz? Beim Besitz schlug die US-Steuerbehörde zu. Denn wenn es ein Besitz ist, den man mit Gewinn verkauft, werden Steuern fällig. Dazu muss man aber als Behörde die Personen finden, die gehandelt haben. Das wiederum ist der Super-GAU für den Bitcoin, der ja gerade geschaffen wurde, um den Staat beim Geld außen vor zu lassen.
Im Buch wird diese Katastrophe gut beschrieben. Coinbase hat sie ebenso überstanden wie andere Zwischenfälle, bei denen man immer zuerst an Hacker denken muss. Auch Coinbase wurde gehackt, allerdings weniger dramatisch als das bei anderen Börsen der Fall war.
Das Buch liest sich für die Fans des Bitcoin sicher ganz interessant. Ich empfand die Darstellung gelegentlich als ermüdend, insbesondere wenn es um die Machtkämpfe innerhalb des Unternehmens geht. Allerdings gehöre ich eher zu den Bitcoin-Skeptikern, denn diese Krypto-Währung erfüllt keines der Kriterien, die sie angeblich so toll macht. Beispielsweise gelingt es Staatsanwaltschaften inzwischen ziemlich gut, den Weg eines Bitcoins genau zu verfolgen. Und ähnlich wie bei einer Papierwährung beruht der Wert eines Bitcoins auch auf Vertrauen. Das kann leicht verfliegen.
Für Trader ist der Bitcoin hingegen eine ziemlich gutes Objekt, weil er volatil ist wie keine andere Währung. Darüber lernt man aus diesem Buch jedoch nichts. Es behandelt vielmehr die gelegentlich langatmig erzählte Geschichte von Coinbase und bietet dabei auch gewisse Einblicke in die Geschichte des Bitcoin und die verschiedenen Gruppen, die sich mit dieser Krypto-Währung beschäftigen. Wer genügend Marktmacht oder genügend Fans besitzt, kann mit dem Bitcoin schnell riesige Gewinne erzwingen. Jüngste Schwankungen bezeugen das. Darüber schweigt das Buch jedoch.
Sascha Mattke
Lebenslauf von Sascha Mattke
Tom Goodwin ist Executive Vice President und Head of Innovation von Zenith Media USA. Er wurde 2017 und 2018 von LinkedIn zur „#1 Voice in Marketing“ gekürt. Laut Fast Company ist er eine von 30 Persönlichkeiten, denen man auf Twitter folgen sollte. Tom ist ein gefragter Redner, unter anderem bei der DLD, Kolumnist für „TechCrunch“ und „Forbes“ und schreibt regelmäßig Gastbeiträge für „The Guardian“, „GQ“, „Wired“ und diverse Fachmagazine.
Quelle: Verlag / vlb
Neue Bücher
Alle Bücher von Sascha Mattke
Business Adventures
Erschienen am 16.03.2015
Kings of Crypto
Erschienen am 24.02.2022
Schneller und besser
Erschienen am 29.09.2015
Chinas digitale Seidenstraße
Erscheint am 24.11.2022
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