Ich stelle mir gerade vor, wie dieses Buch entstanden sein könnte:
Noch liegt eine brütende Hitze über der Stadt, wabert in den Straßen. Den Mann am Computer drückt nicht nur die Schwüle in der Wohnung, sondern auch seine finanziellen Probleme lasten schwer auf ihm. Sein letztes Buch war kein Erfolg und neue Ideen stellen sich nicht ein.
Das Telefon schrillt durch die Lethargie seiner Gedanken: der Verlag, der renommierte, der Verlag, der schon immer der von Thomas Mann war. "Können Sie nicht...? Es muss ganz schnell gehen, was für Weihnachten. Das verkauft sich immer gut. - Was? Thomas Mann natürlich. Aber es muss sofort sein. Deadline nächste Woche."
Der geplagte Autor sagt zu, sieht einen finanziellen Silberstreif am Horizont, wirft seinen Computerprogramm an und durchsucht Thomas Manns Briefe und Tagebucheinträge nach dem Stichwort 'Weihnachten'. Da ist einiges. Zwar kommt manchmal nur das Wort vor und der Rest hat nichts mit dem Fest zu tun, aber egal.
Noch nicht genug Seiten? Macht nichts, fügen wir 25 Seiten aus den 'Buddenbrooks' ein und nochmal neun aus dem 'Zauberberg' und fertig ist ein dünnes Büchlein.
Vorwort? Keine Zeit. Die Lebensumstände, unter denen der Text geschrieben wurde? Zu lästig. Sollen die Leser doch selber in einer Biografie nachgucken. Wie alt Thomas Mann jeweils war? Gefälligst auch selber nachgucken. Fertig!
Fazit
Ich habe selten so ein lieblos zusammengestelltes Buch in Händen gehabt und habe es irgendwann abgebrochen. Ich will weder einen Auszug aus den Buddenbrooks lesen noch aus dem Zauberberg. Das mag ich nur im Zusammenhang. Und es ist tatsächlich so, dass manche Briefe einfach nur Dankesbriefe sind und ansonsten ganz anderes zum Thema haben und mir kein Bild davon vermitteln, was Weihnachten für Thomas Mann bedeutet hat. Nach meiner bisherigen Kenntnis war das ein großes Fest in der Familie Mann mit den vielen Kindern.