Cover des Buches Außer sich (ISBN: 9783518427620)
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Rezension zu Außer sich von Sasha Marianna Salzmann

Ein Roman, der vor allem sprachlich sehr überzeugt

von hexhex vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Spannende Geschichte um eine russische Familie. Von einer Frau erzählt, die mit Worten spielen kann wie kaum eine andere Schriftstellerin.

Rezension

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hexhexvor 6 Jahren

Anfang der 90er Jahre kommen viele jüdischstämmige Auswanderer aus der Sowjetunion nach Deutschland. So auch die Familie unserer Protagonistin Ali. Mit ihren Eltern und ihrem Zwillingsbruder Anton macht sich die Familie mit 15 Koffern und diversen Taschen auf in den Westen.

Alis Mutter ist Ärztin, der Vater - eigentlich Musiker - eher Gelegenheitsarbeiter. Der Alltag ist nach Jahren in Asylantenheimen nicht leicht. Während Valja für die Anerkennung ihrer Qualifikation erst einmal ohne Gehalt arbeiten muss, muss Kostja für den Unterhalt sorgen. Während Valja deutsch lernt, die Zwillinge in ihrem Alter sowieso, wird Kostja sein Leben lang auf Übersetzungen seiner Kinder angewiesen sein.

Eines Tages – die Kinder sind inzwischen erwachsen – verschwindet Anton. Als eine Postkarte ohne Text und Unterschrift aus Istanbul in Deutschland eintrifft, fährt Ali sofort los, um ihn dort zu suchen.

In Istanbul trifft sie auf den Onkel ihres besten Freundes, der sie aufnimmt. Auch Katho lernt sie kennen, ein Mädchen, mit der sie eine Beziehung anfängt. Ein Mädchen, dass seit geraumer Zeit Testosteron spritzt und immer männlicher wird. Auch Ali –eigentlich Alissa – denkt immer mehr als Mann und so fängt auch sie an, sich männliche Hormone zu spritzen, so dass nicht immer klar ist, ist sie eine Frau oder ein Mann.

Neben dem Istanbul Schauplatz darf der Leser teilhaben an der russischen Verwandtschaft. Das Leben der Groß- und Urgroßeltern ist sehr aufregend im Laufe der russischen Geschichte. Ganz langsam nähern wir uns über die Großeltern der Geschichte von Alis Eltern und Ali selbst an.

Die Ausflüge in die russische Geschichte kommen mir immer wie kleine Geschichten zwischendurch vor. Geschichten, die ablenken von der Problematik um Ali, Anton, und der Geschlechtsbestimmung.

Ein wahnsinnig intensives Buch, das sprachlich immer wieder überrascht. Der Umgang mit den Wörtern fasziniert mich so sehr, dass ich dieses Buch kaum aus der Hand legen mag. Es ist seit langem wieder einmal ein Roman, der mir die Lust am Lesen wiedergibt.

Inhaltlich nicht einfach, erst langsam nähert man sich der Geschichte an. Die Zeitebenen sind nicht immer nachvollziehbar. Wann war das noch einmal? Auf welcher Ebene bewegen wir uns gerade?

Auch die Erzählform ist unterschiedlich. Mal ist es die dritte Person, dann wieder die erste. Nur wer ist „ich“ in dem Moment? Ein Buch, das viele Fragen offenlässt, aber dadurch nicht weniger spannend ist.

Ich habe dieses Buch im Rahmen einer Leserunden hier gelesen und war sehr froh darum. So habe ich es viel intensiver lesen können als ich alleine je geschafft hätte. Ein super Buch für Lesekreise, da es viel Diskussionsbedarf liefert.

Leider muss ich sagen, dass ich es in der Buchhandlung nicht in die Hand genommen hätte, obwohl das Cover total schön ist. Aber die Buchstaben lassen mich keinen echten Titel erkennen und auch das Coverbild hat sich mir erst nach langem Forschen erschlossen.

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