Rezension zu Lügendetektor von Saul K. Padover
Rezension zu "Lügendetektor" von Saul K. Padover
von Jens65
Rezension
Jens65vor 16 Jahren
Padover schreibt nicht als neutraler Beobachter. Wie kann er auch, er steckt mittendrin. Und so ist sein Buch auch ein Tagebuch der letzten Kriegsmonate und beschreibt die vielen Stunden Null in Deutschland. Die Antworten, die er auf seine Fragen erhält, sind von erstaunlicher Offenheit, teilweise Naivität. Niemand hatte Gelegenheit (oder sah die Notwendigkeit), sich Deckgeschichten zurechtzulegen. Ja, alle haben von den Lagern und den Greueltaten gehört. Aber man habe ja nichts machen können, Befehl ist Befehl usw.. Padovers Beschreibung macht deutlich, welche Folgen die 12jährige Diktatur mit Terror und Propaganda in den Köpfen der Menschen hinterlassen hat - und wie sich viele mit dem System arrangiert haben. Entschuldigungen läßt Padover nirgends gelten. Er gehört zu den Siegern, und das wird in dem Buch auch deutlich. Aber wer will ihm das verübeln? Und trotz aller Emotionen, die den Autoren überkommen, ist sein Bericht fair. Nicht zuletzt Eisenhower hat Padovers Bericht zu Rate gezogen und für seine zukunftsorientierte Deutschlandpolitik beherzigt. Nach mehr als 50 Jahren hat das Buch nichts an Brisanz verloren - wohl auch ein Grund, es erst 1999 ins Deutsche zu übersetzen. Der eine oder andere Interviewpartner dürfte heute noch leben und mit den Antworten konfrontiert werden. Er wird sich aber in guter Gesellschaft befinden, denn viele Antworten hört man heute noch, wenn es zum Beispiel um DDR-Unrecht geht. Diese Aktualität ist ein weiterer Grund, das Buch zu lesen und sich die Frage zu stellen, ob und wie sich etwas geändert hat. Wer sich ein Bild über die Denkweise und das Weltbild der Deutschen unmittelbar nach Kriegsende machen möchte, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Es zieht den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann. Und spätestens nach der letzten Seite wird man sich fragen: Was hätte ich getan, und wie hätte ich Padovers Fragen beantwortet?