Cover des Buches Tanzende Araber (ISBN: 9783833300950)
Rezension zu Tanzende Araber von Sayed Kashua

Zwischen einer gescheiterten Assimilation und Depressionen

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Eine Geschichte über eine gescheiterte Assimilation, der es leider an Substanz mangelt

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 9 Jahren

Ein palästinensischer Junge – gefangen zwischen Juden und Arabern, richtig zugehörig fühlt er sich nirgends. Kashua beschreibt das Leben eines gewöhnlichen Jungen im Nahost-Konflikt, der mit den Vorurteilen seines persönlichen Umfelds und dem Kriegsgeschehen heranwächst. Die große Angst ist sein ständiger Begleiter. Die Angst, nicht angenommen zu werden, dem sozialen Elend nicht entkommen zu können. Auch als Heranwachsender muss er feststellen, dass er dieser Angst nicht einfach entkommen kann.

Der Grundton von 'Tanzende Araber' ist insgesamt sehr trist. Es gibt nur wenige erheiternde Momente, die zudem oft sehr sachlich beschrieben werden. Ein großer Hoffnungsschimmer, der sich dem jungen Protagonisten unterbreitet, ist die Aufnahme an einem israelischen Internat. Die Eltern freuen sich. Endlich hat einer ihre Söhne die Chance dem Elend zu entkommen, einen guten Schulabschluss zu meistern. Die Freude währt nicht lange. Es folgt eine destruktive Liebesbeziehung, die den Protagonisten in Depressionen stürzen lässt. Ob die gescheiterte 'Liebe' allein auf seine ethnischen Wurzeln zurückzuführen ist, darüber lässt sich streiten. Von diesem Punkt an aber scheint der soziale Abstieg bereits besiegelt.

Es ist leider nicht nur eine fehlende kulturelle Zugehörigkeit, die den Protagonisten scheitern lässt, sondern auch eine mangelnde Selbstliebe, ein fehlendes Selbstbewusstsein, kaum Empathievermögen. Diese Aspekte sind allerdings nicht allein auf eine gescheiterte Assimilation zurückzuführen so wie die Zusammenfassung im Klappentext zu suggerieren versucht.

Der Alltag des Protagonisten wird realistisch beschrieben. Auch wenn der Einstieg in das Buch durch die vielen Zeitsprünge und Erzählvorgaben durch andere Familienmitglieder etwas erschwert wird, so kann sich der Leser durchaus in die Angst des Protagonisten hinein fühlen. Die Angst davor, entdeckt zu werden, seiner Familie genommen zu werden, keine Zugehörigkeit zu finden.

Insgesamt aber bleiben viele Situationen/Begebenheiten zu oberflächlich beschrieben. Den depressiven und tristen Grundton habe ich als äußerst anstrengend empfunden. Hinzu fehlen mir die positiven Aspekte. Gerade in schweren Lebenslagen der Protagonisten sollten es zumindest die kleinen Dinge sein, die dem Leser etwas Lebensfreude übermitteln sollten. Hier muss ich dem Buchrückentext widersprechen. Von einem Buch voller Selbstironie und melancholischem Witz kann bei 'Tanzende Araber' nicht die Rede sein.

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