Rezension zu "Lügentod" von Sebastian Dobitsch
Das Buch besitzt keinen Spannungsbogen und das ist ein riesiges Problem. Auch wenn der Autor mit Szenenwechsel zu punkten versucht, ist er nicht in der Lage, diese zu erzeugen. Es liest sich langweilig. Außerdem hat er Formulierungen drinnen, wegen denen man den Autor unmöglich ernst nehmen kann.
»Über der Schulter trug er eine schwere Ledertasche, doch wog diese kaum so schwer wie sein Gewissen.«
»Kaum waren ihm diese Worte über die Lippen gekommen, zogen sich Seans Augenbrauen schlagartig zu einer finsteren Gewitterwolke zusammen.«
Man kann bei solchen Formulierungen nicht anders, als zu denken: Was für ein schrott. Ich habe zwar nur zwei Beispiele genannt, aber das Buch ist übersät mit solchen Sätzen, die vielleicht poetisch oder abstrakt wirken sollen, aber nur umständlich und schlechtformuliert sind. Manchmal grenzen sie an einen Witz.
»Die Frau war schmal aber weiblich gebaut« - wie ist man als Frau nicht weiblich gebaut? Was ist da der Standard? Sind dicke Frauen weniger weiblich? Oder schrecklich dünne Frauen gelten dann auch nicht mehr als weiblich? Sind Omas auch nicht mehr weiblich? Was für eine Logik kann man hinter so einem dummen Satz erwarten?
Die Figuren selber kommen auch nicht glaubwürdig rüber. Senna wirkt wie eine taffe Frau, die alles unternimmt, um ihren Sohn irgendwie ausfindig zu machen. Doch kaum gelangt sind in eine brenzliche Situation, vergisst sie ihren Sohn gänzlich und denkt nur noch an ihr eigenes Wohl. Und anschließend geht sie noch mit dem Ermittler einen trinken und erklärt ihm den Geschmack von Whisky und was sie aus seinem Geruch alles herausriechen kann. Klar, dein Sohn wurde entführt, wird vermutlich gefoltert oder schlimmeres und du setzt dich an eine Bar und schwafle über einen guten Drink. Sie wirkt keinen Moment lang wie eine Mutter, sondern wie eine gelangweilte Kommissarin, die nicht über ihren Gehaltsscheck hinaus arbeiten möchte.
Der Sonderermittler Eric Butler wird in dem Buch wie eine Legende behandelt, der einen angesehenen Ruf bei der Polizei hat und dementsprechend erwartet man als Leser, dass er abgebrüht ist, hunderte Fälle hinter sich hat, etliche Leichen aus der Nähe betrachtet hat, vermutlich sogar bei der Sezierung dabei war.
Doch bei der ersten Leiche im Buch entfährt ihm ein lautes "Jesus Christus!", als würde er zum ersten Mal eine Leiche sehen. Dabei ist die Frau im Buch nicht so brutal hingerichtet worden, um so einen Ermittler aus der Fassung zu bringen und das sorgt dafür, dass der Protagonist gleich am Anfang all seine Glaubwürdigkeit einbüßt.
Außerdem zwingt ihn der Autor ihn dazu, sich wie ein klischeehafter alter Mann zu benehmen, der mit Sätzen um sich wirft, wie der Großvater aus den 90er in jedem erdenklichen amerikanischen Film.
Die Figuren funktionieren nicht. Sie wirken wie gestellt und werden von der Handlung verbogen. Es gibt keinen Spannungsbogen, keine Atmosphäre, nicht einmal die Konflikte können sich richtig entfalten. Der Stil ist schrecklich, die Formulierungen grausam öde. Der Autor ist zwar in der Lage, eine Szene zu beschreiben und die Umgebungen zu zeichnen, aber das allein genügt nicht, damit das Buch irgendetwas taugt.