Cover des Buches Passagier 23 (ISBN: 9783785750476)
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Rezension zu Passagier 23 von Sebastian Fitzek

Der Anfang ist genial, aber dann ...

von MissStrawberry vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Leider stellt sich Herr Fitzek hier selbst immer wieder ein Bein, indem er eine gute Story kaputterzählt. Weniger wäre mehr gewesen!

Rezension

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MissStrawberryvor 7 Jahren
Seit seine Frau und sein Sohn auf einem Kreuzfahrtschiff spurlos verschwunden sind, ist Martin Schwartz durchgeknallter verdeckter Ermittler. Seine psychologische Ausbildung in Kombination mit seinem Trauma lässt ihn die Dinge anders angehen. Als die Thrillerautorin Gerlinde Dobkowitz, die sich dauerhaft auf dem Schiff eingemietet hat, ihn an Bord der Sultan of the Seas ruft, weil sie angeblich Beweise dafür hat, was mit seiner Familie geschehen ist, glaubt er nicht so recht daran, aber etwas treibt ihn hin. Und tatsächlich: ein Mädchen ist nach Wochen tatsächlich wieder aufgetaucht – ein zurückgekehrter Passagier 23. Doch sie spricht kein einziges Wort, allerdings hat sie den Teddy von Martins Sohn fest umklammert. Martin bleibt auf dem Schiff und gräbt immer tiefer in den Abgründen der menschlichen Psyche …

Es ist schon seltsam – ich habe einige Bücher dieses Autors gelesen und bin noch immer nicht sicher, ob er nun schreiben kann oder nicht. Mal finde ich ein Buch total gelungen, überzeugend und packen, dann enttäuscht er mich wieder komplett. Dieses Buch hier gehört zu denen, die eigentlich einen tollen Plot haben. Aber leider hat Fitzek hier die besten Möglichkeiten einfach ausgelassen. Statt mit einer echt guten Idee zufrieden zu sein und diese gut auszubauen, schießt er immer wieder übers Ziel hinaus, indem er noch eins draufsetzt und noch eins – und damit dann absolut unglaubwürdig wird. Beim Hörbuch fehlt (leider?) unter anderem der Epilog. Der ist noch mal ein Schlag obendrauf, der nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Allerdings ist er wohl der Grund dafür, warum so viele Leser behaupten, man möge nach diesem Buch keine Kreuzfahrt mehr machen. Nun, ich habe noch immer keine Angst davor – zumal ich diese Behauptung nicht verstehen kann. Gerade wenn man das Buch gelesen hat, sollte man keine Angst mehr haben. Nun denn.

Martin Schwartz ist ein Protagonist, für den man noch Verständnis aufbringen kann. Dennoch ist er ein wenig zu sehr James Bond und McGyver in Personalunion. Anouk ist eine Figur, die sehr schnell an Glaubwürdigkeit verloren hat. Auch die anderen Protagonisten sind viel zu überzeichnet. Ganz schlimm war für mich beim Hörbuch, dass der Sprecher Simon Jäger, den ich an sich sehr gerne höre, den österreichischen Slang nur grauenhaft hinbekam.

Die Wendungen im Laufe der Story kamen teils recht gut, dann aber eben zu aufgesetzt an. Weniger wäre sehr viel mehr gewesen. Schade! Man hätte aus dem überflüssigen Material locker einen zweiten Plot basteln können. Ein wenig ausgebaut, ohne Übertreibungen und schon wäre ein weiterer Fitzek gebastelt gewesen. Gut wäre auch gewesen, wenn nicht wirklich alle Personen in dieser Story komplett negativ motiviert gewesen wären. Nicht eine Figur ist positiv, freundlich, nett, liebevoll. Das ist mir zu einseitig.

Fitzek nutzt eine ganze Palette von Stilelementen – auch hier leider überreichlich. Die Erzählstränge mit Naomi reißen nicht gerade komplett aus dem Lesefluss, sind aber auch nicht überzeugend. Sie versorgen die Story mit Cliffhangern. Zwar machen sie rückblickend einen Sinn, doch empfinde ich sie als too much.

Wieso Sebastian Fitzek so unterschiedliche Qualität liefert, die Verlage nicht eingreifen und Masse wichtiger als Klasse zu sein scheint, erschließt sich mir nicht so ganz. Dennoch werde ich einen weiteren Fitzek-Versuch wagen – allerdings hat meine Geduld und Experimentierfreudigkeit dann irgendwann auch mal ein Ende. Für dieses (Hör-)Buch kann ich aufgrund der wirklich guten Ansätze (die sogar meinen Mann gefesselt hatten) drei Sterne geben. Im letzten Drittel ist einfach zu viel Abgehobenes und Unwahrscheinliches eingefügt worden, das dem Ganzen den Sinn und echten Thrill raubte.
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